Das Versteckspiel hat ein Ende

Mick Schumacher startet 2016 in der italienischen und deutschen Formel 4
© prema powerteam
Cookie-Einstellungen

Peter Kaiser hatte deshalb großen Einfluss beim Wechsel zu Prema. Die Italiener bieten neben dem reinen Rennbetrieb eine Rundumbetreuung: Neben Technik- und Körpertraining werden die Fahrer auch mit professioneller Medienarbeit vertraut. Schumacher absolviert sie mit links.

Beim offiziellen Medientag seines Teams hampelte er vor der Kamera herum und erlaubte sich Späße mit seinen Teamkollegen. "Mein Name ist Mick Schumacher. Ich komme aus Deutschland. Ich wollte immer nur Rennen fahren", lautet seine Botschaft im offiziellen Video des Teams.

"Wichtig für mich ist, eine gute Basis zu bekommen und sicher zu werden in allen Bereichen, mit denen einen der Rennsport konfrontiert", schreibt Schumacher auf seiner Webseite: "Gerade deshalb möchte ich mich nicht hetzen lassen und nur nach den schnellen Ergebnissen schielen, sondern zielstrebig und konstant an mir arbeiten." Prema erfüllt als drittgrößter Rennstall Italiens nach der Scuderia Ferrari und Toro Rosso genau diese Anforderungen.

Villeneuve, Kubica, Kobayashi - prominente Vorgänger

Jacques Villeneuve, Robert Kubica sowie Kamui Kobayashi fuhren für das Team, dem Honda, Toyota, Renault, Mercedes, Ferrari, Williams, Red Bull und Lotus ihre Nachwuchshoffnungen anvertrauten. Mit Roberto Merhi, Daniel Juncadella, Raffaele Marciello, Esteban Ocon und Felix Rosenqvist gewann in den letzten fünf Jahren immer ein Fahrer der Italiener die europäische Formel 3.

Die im Jahr 1983 gegründete Truppe aus der Po-Ebene fördert junge Fahrer in der Formel 4, der Formel 3 und der GP2. Schumachers Wunschwerdegang ist somit klar vorgezeichnet: Die drei Serien, in denen Prema startet, sind der vom Automobilweltverband FIA vorgezeichnete Weg in die Formel 1.

"Die Formel 1 ist natürlich im Hintergrund ein Thema, für jeden dieser Jungs. Aber es spielt im täglichen Arbeiten und Denken keine Rolle", versucht Kehm die Erwartungen zu bremsen: "Mick ist momentan darauf fokussiert, mit dem Team gut zusammenzuarbeiten und anständige Leistungen zu liefern. Bis jetzt war es super. Aber man darf auch nicht erwarten, dass es automatisch so weitergeht."

Die Ansprüche steigen

Um das Fernziel zu erreichen, muss Schumacher mehr liefern als in seiner Debütsaison. Zehnter wurde er am Ende in der neuen Meisterschaft, Dritter im Rookie-Klassement. Nach dem glücklichen Sieg am Auftaktwochenende folgte ein erstes Formtief mit Unfällen und einer Disqualifikation, bevor die Kurve zum Ende der Saison wieder anstieg.

"So fährt ein Schumacher, ist bin sehr stolz auf ihn", sagte Teamchef Frits van Amersfoort zum Abschluss: "Der Mick ist mit dem Messer zwischen den Zähnen gefahren. Es sah ganz geil aus, da macht es Spaß, zuzugucken."

Bei Prema muss Schumacher sich nun umstellen. Eine andere Mentalität, eine andere Sprache, ein deutlich engerer Zeitplan und ein fixes Ziel. Motorsport-Toptalente verweilen für maximal zwei Jahre in einer Kategorie: ein Jahr zur Eingewöhnung, ein Jahr für den Titelkampf.

Mammutprogramm in zwei Ländern

Die Krone kann Schumacher sogar doppelt holen. Im Gegensatz zu seiner Debütsaison geht der Nachwuchspilot nicht mehr nur in Deutschland an den Start, sondern auch in der italienischen Formel 4.

15 Veranstaltungen mit bis zu 45 Rennen könnten auf den jungen Schumacher im Jahr 2016 zukommen. Der Vorteil: Beide Serien fahren mit exakt identischen Autos: Chassis Talboot, Motor Abarth, Reifen Pirelli. Wöchentliche Umstellungen, von denen jeder Experte einem Talent unbedingt abraten würde, gibt es also nicht.

Schumacher steht dabei neben Kehm und Kaiser ein langjähriger Weggefährte der Familie zur Seite: Luca Baldisserri, der als Ferrari-Ingenieur in der Formel 1 viele Erfolge mit dem Rekordweltmeister Schumacher feierte, betreut ihn. "Die Regeln sind klar: Mick sagt nichts über seinen Vater und ich frage nicht. Ich respektiere die Privatsphäre der Familie", sagte Baldisserri der Gazzetta dello Sport.

Luca Baldisseri sorgt sich um Mick Schumacher

Baldisseri sorgt sich um seinen Schützling: "Mick ist ein Teenager, aber alles, was er macht, wird mit dem Vater verglichen. Das ist nicht leicht für so einen Jungen, er muss sich doch erst noch behaupten." In Italien verfolgt die Öffentlichkeit gespannt, wie sich der Sohn des Ferrari-Helden schlägt - zumal er dort mit der Nummer seines Vaters startet: der 5.

Am vergangenen Wochenende bewies er, dass mit ihm vollends zu rechnen ist. Schumacher fuhr in Misano in beiden Qualifyings die schnellste Rundenzeit, gewann beide Qualifikationsrennen und schloss das Hauptrennen durch eine beeindruckenden Aufholjagd noch als Fünfter ab, nachdem er beim Start bis auf Platz 18 zurückgefallen war. Zuvor hatte er bei den Testfahrten der deutschen Serie in drei von sieben Sessions das Tableau angeführt und insgesamt die schnellste Runde gefahren.

"Ich mag es trocken, ich mag den Regen, ich liebe es einfach zu fahren", sagte der 17-Jährige in Misano. Auf den Champagner bei der Siegerehrung verzichtete er und schaffte stattdessen die beiden Flaschen höchstpersönlich zu seinen Mechanikern: "Sie haben einen unglaublichen Job gemacht."

Das Vermächtnis seine Vaters ist riesig. Mick kämpft dagegen, nur der Sohn des Rekordweltmeisters zu sein. Er präsentiert sich als Lausbub, Spaßvogel und entschlossener Racer - unabhängig von seinem Vater.

Auf seiner eigenen Internetseite findet sich kein einziges Foto, das ihn gemeinsam mit Michael zeigt. Trotzdem gehen die Vergleiche weiter: "Er hat Biss, Ehrgeiz und dieselbe Leidenschaft wie sein Vater", schrieb Tuttosport nach dem Auftakt in Misano: "Sein Weg ist noch lang, aber vieles deutet darauf hin, dass die Schumacher-Dynastie durch ihn eine Fortsetzung findet."