"Stehe vollkommen im Dunkeln"

Alexander Maack
30. April 201414:40
Antonio Felix da Costa ist Teil des Red-Bull-Junior-Teamsgetty
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DTM mit BMW statt Formel 1: Antonio Felix da Costa galt lange als aussichtsreichster Kandidat für das Cockpit bei Toro Rosso, das ihm letztlich Daniil Kvyat wegschnappte. Im SPOX-Interview verrät der Testfahrer von Red Bull, wie er die Beförderung von Daniil Kvyat erlebt hat, wo die aktuellen Probleme von Weltmeister Sebastian Vettel liegen und erklärt, warum Timo Glock der beste Teamkollege ist, den es für ihn gibt.

SPOX: Herr Felix Da Costa, Sie starten am Wochenende in Hockenheim in Ihr erstes Jahr in der DTM. Welche Ziele haben Sie beim Umstieg in den geschlossenen BMW?

Antonio Felix da Costa: Es ist wirklich schwer, die Frage zu beantworten. Wir tun uns etwas schwer, unsere Ziele in dieser Saison festzulegen. Das realistische Ziel ist, der beste Rookie zu werden. Es gibt drei andere Jungs wie mich, die jetzt in der Serie anfangen. Das Ziel kann ich erreichen, darauf aufbauen. Selbst wenn ich sagen würde, dass ich am Ende Fünfter werden will, muss ich bei sieben ehemaligen Champions im Fahrerfeld schon drei Leute schlagen, die den Titel gewonnen haben.

SPOX: Wie unterscheidet sich ihr neuer BMW M4 von den Formel-Autos, die sie bisher gefahren sind?

Felix da Costa: Das sind eigentlich nur kleine Details. Meinen Fahrstil musste ich fast gar nicht anpassen. Ich fühle mich im Auto und mit beiden Reifenmischungen wohl. Aber es sind wirklich Details, um die es geht. Das ändert sich von Tag zu Tag. Es geht darum, Dinge sehr schnell zu verstehen und sich daran anzupassen. Welches Setup brauche ich, wenn sich die Temperaturen ändern? Wie verändert sich die Strecke? In der DTM sind die Rundenzeiten der Piloten alle eng beieinander, deshalb sind die Jungs mit zehn oder fünfzehn Jahren Erfahrung vorn. Wir müssen sehr schnell aus unseren Fehlern lernen. Die kleinsten Dinge werden entscheidend sein.

SPOX: Sind zu Beginn aufgrund ihres Erfahrungsrückstands dann überhaupt gute Ergebnisse drin?

Felix da Costa: Gerade der Saisonstart wird durch die begrenzten Testmöglichkeiten hart, aber wenn ich das Auto und das Racing in der Serie besser verstanden habe, werde ich schnell gute Leistungen zeigen. Dann sind die ersten Podestplätze drin. Ich bin hier, um zu gewinnen. Aber um ganz ehrlich zu sein: Ich stehe noch vollkommen im Dunkeln, was meine Performance angeht. So abgedroschen es klingt: Wir müssen die Saison von Rennen zu Rennen angehen. In jedem einzelnen Rennen muss ich die Leute überraschen.

SPOX: Immerhin haben Sie bei BMW einige Kollegen, die über jahrelange Erfahrung verfügen. Martin Tomczyk und Bruno Spengler waren bereits Meister, Augusto Farfus und Marco Wittmann sind mehr als nur Geheimfavoriten. Und mit Timo Glock haben Sie einen ehemaligen Formel-1-Fahrer als Teamkollegen bei MTEK. Gibt er Ihnen bereits Tipps?

Felix da Costa: Timo ist allgemein im Motorsport sehr erfahren und hat in der DTM direkt im ersten Jahr gewonnen. Mit ihm zusammenzuarbeiten pusht mich. Ich kann einiges von ihm lernen, weil unser Fahrstil fast identisch ist, können wir das Setup zudem ähnlich auslegen. Allein deshalb wird nicht nur Timo mit helfen. Ich helfe auch Timo. Für mich ist es aber wirklich ein extremer Vorteil, dass er letztes Jahr selbst Rookie war. Bei allen Fehlern, die er als Anfänger gemacht hat, kommt das Team jetzt zu mir und sagt: "Pass auf das auf und stell das ab." Die einfachen Fehler muss ich noch ausmerzen.

SPOX: In Deutschland ist bisher nur wenig über Ihre Karriere bekannt. Sie haben den den Nordeuropacup der Formel Renault 2.0 im Jahr 2009 gewonnen. Weitere Meisterschaften weist Ihre Vita jedoch nicht auf. Was würden Sie persönlich als Ihren größten Erfolg und Ihre größte Niederlage bezeichnen?

Felix da Costa: 2009 war ich fast am Boden, als ich den gesamteuropäischen Formula Renault Cup verloren habe. Ich wurde am Nürburgring disqualifiziert, weil das Auto nicht den Regeln entsprach. Ich wurde in der Gesamtwertung nur Dritter hinter Jean-Eric Vergne und hatte zehn Punkte Rückstand auf den Meister Albert Costa. Das war wirklich nicht der Beste Start für meine Formel-Karriere.

SPOX: Und der größte Erfolg?

Felix da Costa: Da hatte ich glücklicherweise mehr als einen. Vielleicht war der größte Erfolg meine Siegesserie 2012. Ich habe vier Rennen in Folge in der Formel Renault, der Formel 3 und schließlich den legendären Macau-Grand-Prix gewonnen. Das war ein großartiges Jahresende. Gerade der Macau-GP ist wohl mein Steckenpferd gewesen. Das ist eine einmalige Angelegenheit, man muss jedes Mal ein ganzes Jahr warten. Da hin zu fliegen und zu gewinnen war großartig. Aber 2013 zurückzukommen und am Ende Zweiter zu werden, war fast genauso gut. Das beweist, dass es kein Glück war. Das schaffen nur wenige.

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SPOX: Bis dahin war es allerdings ein langer Weg. Sie begannen im Alter von neun Jahren mit dem Kartsport und holten vier Titel. Wie sind sie eigentlich zum Motorsport gekommen?

Felix da Costa: Wegen meinem Bruder Duarte habe ich angefangen, auch mein anderer älterer Bruder ist Rennen gefahren. Duarte ist nur ein bisschen älter, mir aber aus dem Weg gegangen (lacht). Im Ernst: Wir sind nie gegeneinander gefahren, auch nicht im Kart. Unsere ganze Familie ist aber mit dem Rennsport verbunden. Duarte hatte zwar das Talent, den Weg bis zur Formel 1 zu gehen, aber er hat vor drei Jahren aufgehört zu fahren. Er dachte, er wäre nicht gut genug. Dafür arbeitet er jetzt für mich. Er kümmert sich um sämtliche Management-Angelegenheiten in Portugal: Presseanfragen, Sponsoring - alles. Das ist fantastisch, wenn die Familie einen so unterstützt.

SPOX: Ihre andere "Familie" ist das Red-Bull-Junior-Team. Seit Mitte der Saison 2012 fördert die der Brausehersteller, damals hatten Sie die kleineren Nachwuchsserien eigentlich schon hinter sich gelassen. Trotzdem waren Sie bis zur überraschenden Nominierung von Daniil Kvyat der heißeste Kandidat auf das freie Cockpit bei Toro Rosso in der F1-Saison 2014. Wie lief das damals ab?

Felix da Costa: Die Dinge sahen echt gut aus. Ich habe positives Feedback von meinen Teams und von Red Bull bekommen. Es sah wirklich so aus, als würde ich es in die Formel 1 schaffen und dann habe ich auch noch zwei Rennen gewonnen. Ich dachte mir: 'Was kann jetzt noch schiefgehen?' Am Ende hat es doch nicht geklappt. Ich war richtig enttäuscht, traurig. Aber ich musste mich selbst wieder aufrichten. Deshalb war das Podium in Macau wichtig.

SPOX: Letztlich sind Sie dann "nur" in der DTM untergekommen. War auch das eine Enttäuschung?

Felix da Costa: Es ist nicht so, dass ich gesagt habe: "Wenn ich nicht in die Formel 1 komme, gehe ich halt in die DTM." Die Unterschrift bei BMW war ein Boost für mich. Es ist unglaublich schwer, hier ein Cockpit zu bekommen. Ich hatte das Glück, dass es geklappt hat, ich jetzt hier Rennen fahren kann und zusätzlich auch noch meinen Platz bei Red Bull als Test und Reservefahrer behalten habe. Was auch immer passiert, wo auch immer ich im nächsten Jahr hingehe, ich werde definitiv glücklich und zufrieden sein.

SPOXSPOX: Für Red Bull arbeiten Sie aktuell im Simulator an der Verbesserung des RB10 mit. Red Bull konnte in den ersten vier Saisonrennen nicht mit Mercedes mithalten. Wo liegen die Probleme von Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo genau?

Felix da Costa: Das Auto selbst ist wirklich gut. Die Balance stimmt. Sebastian kämpft aktuell aber mit kleinen Problemen, die ihn zusammengenommen langsamer machen. Zum Beispiel beim Runterschalten: Das kann sich negativ auf den Reifenverschleiß auswirken. Aber er ist ein cleverer Typ. Er wird die Probleme schnell in den Griff bekommen. Die eigentliche Schattenseite sind die fehlenden Pferdestärken der Renault-Powerunit. Aber das viermalige Weltmeisterteam wird auch das lösen. Red Bull kommt wieder nach vorn.

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