"Mehr Action für die Zuschauer und den Kampf wieder auf die Strecke zu bringen", sei das Ziel der DTM für die Saison 2015 gewesen, betonte DTM-Boss Hans-Werner Aufrecht schon vor dem ersten Saisonrennen im Interview bei SPOX.
Der Schritt ist gelungen, die Action am Samstag und Sonntag deutlich mehr. Nur: Davon bekommt niemand etwas mit. Die TV-Quoten stagnieren weiterhin. Auch die Zuschauerzahlen an den Rennstrecken dümpeln dahin.
Norisring als Ausnahmeerscheinung
Die Ausnahme: Der Norisring, der mehr Tribünen als Kurven hat, ist Kult unter DTM-Fans. Nach Nürnberg pilgern Jahr für Jahr mehr Zuschauer als zu den Formel-1-Strecken Hockenheimring und Nürburgring. 123.000 Fans waren es offiziell in der laufenden Saison, zum Saisonauftakt in Baden-Württemberg kamen gerade mal 75.000 - genau so viel wie im Vorjahr, als es noch ein Rennen weniger gab.
Die DTM oder besser der Motorsport insgesamt hat ein Problem: Die permanenten Rennstrecken liegen so weit ab vom Schuss, dass nur Die-Hard-Fans die Anreise auf sich nehmen. Ein Beispiel? Klettwitz liegt eineinhalb Stunden Autofahrt von Berlin entfernt und lockt kaum jemanden aus der Hauptstadt an. Dabei war der Eurospeedway Lausitz als Ersatz für die Berliner AVUS gedacht. Legendäre Szenen wie die Zieldurchfahrt auf dem Dach von Dieter Quester fehlen seit dem Abschied von der Autobahn 115.
Was der Motorsport für ein spannendes Rennen braucht? Action, packende Fights und ein bisschen kontrollierte Gefahr. Oder mit anderen Worten: Mehr Grundigkehren, Schöller-S, Dutzendteichkehren - die vier Kurven, aus denen der Norisring besteht.
Wie attraktiv leicht erreichbare Rennen für die Stadtbevölkerung sind, hat die Formel E in ihrer Debütsaison gezeigt. London, Miami, Moskau, Berlin - überall fuhren die Elektromonoposto im Stadtzentrum herum. 2016 kommt auch noch Paris hinzu.
DTM plant für 2016 mehr Stadtrennen
Ein Grund für DTM-Boss Hans-Werner Aufrecht, sich genauer mit der Thematik zu befassen. Stadtrennen? Zumindest "muss man darüber nachdenken", erklärte er Auto Bild Motorsport und bestätigte: "Wir arbeiten daran für das nächste Jahr." Derzeit beschränkt sich die Serie auf ein urbanes Rennen in Nürnberg.
Frei nach dem Motto: Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, müssen die Hersteller eben zu den Fans.
Audi, BMW und Mercedes betreiben die DTM nicht aus Langeweile. Sie ist ihr Marketing-Instrument. Interessieren sich zu wenig Zuschauer dafür, rentieren sich die Ausgaben nicht.
Wo die Reise künftig hingeht? Kein Kommentar. Zumal das Unterfangen schwierig ist. Die DTM braucht durch ihre Rahmenrennen die Strecke drei Tage lang komplett für sich, eine Austragung der Rennen auf den normalerweise verstopften Autobahnen wie der AVUS ist somit unmöglich.
Ob Hamburg wie Helsinki anno 1995 und 1996 den Hafen sperrt, während die Hansestadt gleichzeitig mit Nachhaltigkeit und Elektromobilität um Olympia 2024 wirbt? Oder gar Jungfernstieg und Alster? Ob München das Autobahnkreuz um die Allianz Arena sperrt, wenn mal kein Stau durch Ferien oder Pendlerverkehr droht? Ob Köln Severin- und Deutzer Brücke für ein Motorsport-Event zur Verfügung steht?
Kehrt die DTM nach Berlin zurück?
Bleibt Variante B, die bereits vor 20 bis 30 Jahren erfolgreich praktiziert wurde: Flughäfen! Zweibrücken und Wunstorf. Erding und Diepholz. Mainz und Siegen. Sie alle empfingen die DTM zu ihren Hochzeiten in den 80ern und 90ern.
Schon 2012 versuchte die DTM, Berlin von einem Comeback zu überzeugen. Das Ziel: Ein Rennen auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof. Die anfangs interessierte Bundeshauptstadt entschied sich, lieber die Formel E einzuladen. Und genau da liegt das Problem für die DTM: Für die Metropolen ist eine rein elektrische Serie um ein Vielfaches interessanter. Sie wollen ihren Einwohnern zeigen, dass es auch ohne Verbrennungsmotoren geht.
"Berlin als internationale Stadt und Leitmetropole der Elektromobilität eignet sich hervorragend als Austragungsort für die Formel E", sagte etwa Cornelia Yzer, Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung: "Wir freuen uns, das Event in dieser weltoffenen Stadt beherbergen zu dürfen und Berlin für neue und innovative Technologien zu präsentieren. Die Formel E wird weitere Menschen für die Elektromobilität begeistern."
Die DTM kann das nicht. Sie stinkt, macht Lärm und bringt viel durcheinander. Unser Vorschlag: Back to the Roots! Der Fliegerhorst Erding liegt vor den Toren von München, der Fliegerhorst Wunstorf direkt bei Hannover, der Fliegerhorst Nörvenich nahe Köln. Die Bundeswehr könnte eine Lösung des Distanzproblem der Hersteller zu ihren Fans sein - und lauter als startende Eurofighter sind die Rennwagen auch nicht.
Der DTM-Rennkalender 2015