Während die anderen feierten, haderte die aus dem deutschen Olympiakader gestrichene Meredith Michaels-Beerbaum mit sich, dem Bundestrainer und der gesamten Welt.
Philipp Weishaupt feierte davon unbeeindruckt seinen Sieg im Großen Preis, bei dem er die gesamte prominente Konkurrenz durch überlegtes und geduldiges Taktieren überrumpelt hatte. Weishaupt, Bereiter im Stall des viermaligen Olympiasiegers Ludger Beerbaum, blieb mit Convall als einziger Reiter in beiden Umläufen fehlerfrei und hatte am Ende lediglich zwei Zeitfehler auf dem Konto.
Dabei war er als Erster in den Parcours gegangen und "niemals erwartet, dass keiner besser da durchkommt als ich". Weishaupt hatte seinen grauen Hengst Convall im Frühjahr in Spruce Meadows an einen Gras-Parcours gewöhnt: "Er kannte das vorher ja überhaupt nicht, aber er hat es gleich gemocht."
Meredith Michaels-Beerbaum belegte im Großen Preis Platz zehn, damit war sie immerhin viertbeste Deutsche vor den beiden Olympiareitern Christian Ahlmann (11.) und Ludger Beerbaum, der nach einem Fehler am Wassergraben bereits im ersten Umlauf ausgestiegen war. Michaels-Beerbaum verstand an diesem Wochenende die Welt nicht mehr, "völlig unverständlich" findet sie die Entscheidung des Bundestrainers.
Bröring-Sprehe mit Weltklassekür
Sie fühle sich "ungerecht behandelt und ausgebootet", sagte die 46-Jährige, die sich "große Hoffnungen" auf einen Platz in der Equipe gemacht hatte. Die bilden nun ihr Schwager Ludger Beerbaum mit Casello, Christian Ahlmann mit Taloubet, Marcus Ehning mit Cornado NRW und Daniel Deußer mit First Class.
Und dabei hatten Michaels-Beerbaum und Fibonacci mit zwei Nullrunden im Preis der Nationen maßgeblich zum deutschen Sieg beigetragen. "Kleinigkeiten" seien es gewesen, die am Ende des Ausschlag zu ihren Ungunsten gaben, erklärte Bundestrainer Otto Becker: "Es wäre unfair Meredith gegenüber, wenn wir die jetzt aufzählen würden. Es ist immer hart, wenn ein Weltklassepaar auf die Ersatzbank muss."
Michaels-Beerbaum war jedenfalls schwer getroffen und mutmaßte, die Entscheidung habe bereits vor dem Nationenpreis festgestanden. In jedem Fall will sie ihre Rolle aber annehmen und die Reise nach Rio antreten. "Sie muss das jetzt natürlich noch mit den Besitzern von Fibonacci abklären", sagte Becker, der im Falle eines Absage aber "auch einen Plan B in der Schublade" hat.
Währenddessen kam Dressurkönigin Kristina Bröring-Sprehe nach einer Weltklassekür mit ihrem wunderbaren Desperados aus dem Händeschütteln nicht mehr heraus. Den deutschen Dressurreitern, die in Aachen auch den Nationenpreis gewannnen, dürfte das Mannschaftsgold in Rio kaum zu nehmen sein: Angeführt von Bröring-Sprehe feierten die Gastgeber in der Grand Prix Kür um den Großen Preis von Aachen einen Dreifacherfolg.
Michael Jung gewinnt Einzelwertung
88,825 Prozentpunkte gab es für eine fast makellose Siegerkür, auf den Plätzen zwei und drei verkörperten Isabell Werth (Rheinberg/86,950) mit der hochveranlagten Stute Weihegold und Dorothee Schneider (Frankfurt/86,925) mit ihrem schüchternen "Baby" Showtime ebenfalls absolute Weltklasse.
Das ist auch Vielseitigkeitsreiter Michael Jung, der am Samstag mit seinem Olympiapferd Takinou die Einzelwertung gewann. Im Nationenpreis mussten sich die deutschen "Buschreiter" auf Platz zwei hinter Australien erstmals seit 2011 in Aachen geschlagen geben. Dennoch versuchte es Bundestrainer Hans Melzer gar nicht erst mit Tiefstapelei: "Wir wollen in Rio zweimal Gold. Wenn das nicht unser Ziel wäre, bräuchten wir doch gar nicht hinzufahren."