"Das ist kein Traum! Ich kann es kaum glauben, dass es so mit dem Etappensieg geklappt hat", sagte Froome, dem eine taktische und fahrerische Meisterleistung gelungen war: "Dabei war das nicht einmal richtig geplant. Nachdem es an den Anstiegen nicht mit einer Attacke geklappt hatte, habe ich mir gesagt: Einen Versuch ist es wert."
Nachdem sich der Brite und sein kolumbianischer Herausforderer bei Temperaturen um 35 Grad auf allen vier Pässen weitgehend neutralisiert hatten, trat Froome kurz nach der Kuppe des Col de Peyresourde 15 km vor dem Ziel an - just als sich Quintana einen Schluck aus seiner Trinkflasche gönnte.
Die 8. Etappe in der Übersicht
In abenteuerlicher Haltung - Froome hockte weit vorne auf dem Oberrohr seines Rades, trat aber dennoch mit voller Wucht in die Pedale - schoss der gebürtige Kenianer mit teilweise fast 100 Stundenkilometern waghalsig gen Ziel. Quintana und Co. gelang nur noch Schadensbegrenzung, die psychologische Wirkung von Froomes Überraschungs-Angriff dürfte jedoch im Hinblick auf die noch schwerere Etappe am Sonntag immens sein.
Martin wird durchgereicht
Hinter Froome, der in der Gesamtwertung nun 16 Sekunden Vorsprung auf seinen zweitplatzierten Landsmann Adam Yates und 23 Sekunden auf Quintana (6.) hat, kam der Ire Daniel Martin auf Platz zwei. Die deutsche Rundfahr-Hoffnung Emanuel Buchmann zeigte als 15. mit 1:41 Minuten Rückstand eine starke Leistung und kam mit dem enttäuschten zweimaligen Tour-Sieger Alberto Contador ins Ziel.
"Ich bin zufrieden, es geht von Tag zu Tag aufwärts. Die ganze Etappe war ein echtes Ausscheidungsrennen", sagte der Ravensburger, der im Gesamtklassement 23. (+5:36) ist.
Dopingskandal 2006: Jan Ullrichs Pakt mit dem Teufel
Der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin (Cottbus/Etixx-Quick Step) hatte das Rennen lange mit einer Ausreißergruppe geprägt, wurde letztlich aber durchgereicht. "Die Flucht war nicht geplant. Ich hatte gute Beine und dachte, probiere es einfach. Aber so wie die Favoriten gefahren sind, war da nix zu machen", sagte Martin.
Schwerste Etappe steht an
Der Cottbuser hatte sich auf dem Weg zum Gipfel des Tourmalet aus der Gruppe der Favoriten gelöst und zum Führungsduo mit Thibaut Pinot (Frankreich) sowie Rafal Majka (Polen) aufgeschlossen. Kurz vor der Passhöhe konnte der Cottbuser aber zunächst nicht mehr folgen. Die Bergwertung und damit den nach dem langjährigen Tour-Direktor benannten Bergpreis "Souvenir Jacques Goddet" auf dem 2115 m hohen Tourmalet nach einem Anstieg über 1400 Höhenmeter sicherte sich Pinot vor Majka, der 2015 dort vorne gelegen hatte.
Auf der langen Abfahrt kam Martin an die Spitze zurück und überfuhr mit seinen beiden Begleitern die zweite Bergwertung auf der Horquette d'Ancizan (2. Kategorie), das von Sky und Movistar angeführte Peloton hielt seinen Rückstand aber gering. Auf dem Weg zum Col de Val Louron-Azet, dem zweiten Berg des Tages, wurden kurz nach Martin auch Pinot und Majka eingeholt.
Bei allen Strapazen war der Ritt über den Tourmalet aber nur ein Vorspiel zur wohl schwersten Etappe. Auf 184,5 km durch Spanien und Andorra stehen fünf Bergwertungen an. Das Ziel liegt auf 2240 m Höhe in Andorra-Arcalis, wo Jan Ullrich 1997 mit seinem Sieg den Grundstein zum Tour-Erfolg legte - spätestens dort steht der große Showdown der Favoriten an.