Der ZDF-Videotext bietet ja viel mehr, als wir allen denken. Es gibt nicht nur alle Sportergebnisse zum schnellen Aufsaugen, es gibt auch die Seite 801. Klatsch-News. Letztens stand dort zu lesen, dass Hollywood-Schauspieler John Travolta gerne mitten in der Nacht auf dem Tennisplatz steht.
"Der Haus-Manager und die Person, die sich um die Instandhaltung seines Anwesens kümmert, stehen ihm dabei als Tennis-Partner zur Verfügung", wurde erklärt. Um Mitternacht mal eben auf den eigenen Tennisplatz um die Ecke gehen und auf die Kugel dreschen? Eine göttliche Vorstellung. Wer wäre - in dieser Beziehung - nicht mal gerne John Travolta?
Kommen wir zum Sportlichen: Es geht um die ATP World Tour Finals. Früher hieß das Masters-Cup, ganz früher einfach ATP-WM. Zu Frankfurter Zeiten war das noch eine große Nummer mit großem Flair und großen Matches, aber spätestens in den letzten vier Shanghai-Jahren interessierte das Turnier nicht mehr so wirklich. Bei allem Respekt für Asien, das lag auch am Standort.
Tag 1 im LIVE-TICKER: Sonntag, 15 Uhr
Es ist davon auszugehen, dass ab diesem Jahr mit dem Wechsel nach London in die O2 Arena wieder neuer Zug in die Veranstaltung kommt.
So, und hier ist jetzt mein Top-8-Ranking. Jede andere Meinung ist erlaubt und willkommen. Gerne in den Kommentaren.
1A: Andy Murray (Match-Bilanz 2009: 64:10)
Ob Murray oder Federer die Nummer 1 dieses Rankings sein soll? Ganz schwierige Kiste. Aber wer Murrayaner ist, muss dazu stehen. Ich kann mich mit der Attitüde, die Murray auf dem Platz verkörpert, mit all dem, was Murray auf dem Platz macht, sehr gut identifizieren. Mit seinen Selbstgesprächen, seiner impulsiven und teils mürrischen Art, auch seiner Lethargie.
Vor allem verdient aber Murrays Art und Weise Tennis zu spielen Anerkennung. Selbst Roger Federer lobt immer wieder, dass es kaum einen größeren Taktiker auf der Tour gibt. Murray haut nicht drauf, Murray spielt seine Gegner aus. Dabei kann er aus einem großen Schlagrepertoire schöpfen, er hat unglaublich viel Gefühl im Händchen, sein Slice ist extrem gefährlich und seine beidhändige Rückhand ein Traum.
Es gibt keinen jungen Spieler, der das Tempo so gut variiert und so kreativ Tennis spielt wie der Schotte. Wenn er in den Big Points noch aggressiver und entschlossener wird, sind ihm keine Grenzen gesetzt. Er wird Grand Slams gewinnen.
1B: Roger Federer (Match-Bilanz 2009: 64:10)
Der beste Tennisspieler aller Zeiten. Nuff said. Das war er auch schon, bevor er den Rekord von Pete Sampras gebrochen hat. Pistol Pete strahlte eine angsteinflößende Unbreakbarkeit aus, aber bei Federer liegt die Sache noch mal anders. Jeder Schlag von ihm ist ein Kunstwerk. Seine Eleganz, seine Leichtigkeit des Seins, sein Improvisationstalent, sein Shotmaking - das wird es nie mehr geben.
Nehmen wir als Beispiel den Schlag bei den US Open. Das war kein Tennisschlag, das war aus Gegner-Sicht eine Frechheit. Oder nehmen wir die Jahre 2005 und 2006. 173 Siege - 9 Niederlagen. Es gibt im Männer-Tennis kein einziges leichtes Match. Jeder, der da auf der Tour herumläuft, kann richtig gut Tennis spielen. Diese Bilanz ist gar nicht hoch genug einzuschätzen.
Die vielleicht faszinierendste Stärke beweist der Schweizer jedes Mal beim Abwehren von Breakbällen. Es kommt durchaus mal vor, dass er 0:40 oder 15:40 hinten liegt, sich aber dann mit seinem besten Tennis befreit. Und es dabei noch spielerisch aussehen läst. Last but not least ist Federer auch modisch ganz weit vorne - auch ein wichtiges Kriterium.
3. Robin Söderling (Match-Bilanz 2009: 47:19)
Rückte für den am Knie verletzten Andy Roddick ins Feld und sofort in die Top 3. Warum? Weil Söderlings gerades Speed-Tennis Spaß macht. Da ist mal so was von überhaupt kein Spin in den Schlägen drin. Kommt zugegeben relativ eindimensional daher, hat aber im Erfolgsfall geniale Züge.
Er trifft den Ball unglaublich clean - wenn er noch öfter ans Netz nachgehen würde, wäre er noch besser. Söderling hat ein tolles Jahr hinter sich und könnte auch in London überraschen.
Er ist mit Sicherheit nicht annähernd so ein Mr. Nice Guy wie es Stefan Edberg war, aber dass er der Ober-Unsympath ist, ist auch Quatsch. Ist er nicht. Er hat einmal gekonnt Rafael Nadal während eines Matches nachgemacht, aber der Spanier braucht nun auch mal viel zu viel Zeit vor einem Aufschlag. Alles halb so wild. Übrigens unglaublich, dass Söderling aktuell der einzige Schwede in den Top 240 der Welt ist. Wir denken an Wilander, Edberg, Enqvist, Björkman und Co....
4: Juan Martin Del Potro (Match-Bilanz 2009: 51:14)
Die Salzstange. Der US-Open-Champion. Die Vorhand. Die kommende Nummer eins. Wer das US-Open-Finale gegen Federer nicht gesehen hat, hat etwas verpasst. Viele hatten es Del Potro nicht zugetraut, dass er in einem solch großen Moment schon mental soweit ist, um Federer zu schlagen, aber er hat alle vom Gegenteil überzeugt. Wenn er im Rollen ist, hält ihn niemand mehr auf.
Dass Del Potro für seine Vorhand einen Waffenschein braucht, darüber müssen wir nicht diskutieren. Wenn die Vorhand einschlägt, dann schlägt sie ein. Es hat selten einen fast 2-Meter-Mann gegeben, der sich trotz seiner Größe so geschmeidig bewegt und so eine gute Balance bei seinen Schlägen hat. Auch taktisch ist er in der Lage, Punkte klug aufzubauen und ein Spiel zu dominieren.
Del Potro hat das komplette Paket - und er ist bei all seinem Erfolg bislang wohltuend bescheiden geblieben. Er hat eine gewisse Demut im Erfolg. Und er mag Däninnen. Auch das macht ihn nicht unsympathisch.