DTB-Team scheitert an Frankreich

SID
Der leidenschaftlicher Kampf von Peter Gojowczyk blieb ungebohnt
© getty

Das deutsche Davis-Cup-Team ist im Viertelfinale trotz eines 2:0-Vorsprungs an Frankreich gescheitert - das war zuletzt mit den Heroen Becker und Stich passiert. Am Schlusstag landeten Kamke und Gojowczyk auf dem Boden der Tennis-Realität.

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Der harte Boden der Tennis-Realität - in Nancy trug er die Farbe Grün. Dort unten auf dem Hartplatz im Palais des Sports Jean Weille, inmitten von 5000 begeisterten Franzosen zerplatzte der deutsche Traum vom ersten Davis-Cup-Halbfinale seit fünf Jahren.

Nach einer 2:0-Führung verlor das Team von Bundestrainer Carsten Arriens noch mit 2:3. Am Schlusstag verpassten Tobias Kamke und Peter Gojowczyk die Sensation deutlich.

"Es ist ziemlich schade. Nach dem 2:0 hatten wir die Chance ins Halbfinale zu kommen. Das haben wir leider nicht geschafft", sagte Gojowczyk nach seiner entscheidenden Niederlage in drei Sätzen gegen Gael Monfils. Arriens fügte an: "Wir haben noch einmal alles probiert. Wir wussten aber schon nach dem 2:0, dass es noch ein weiter Weg ist. Im Doppel war es eng, in den letzten beiden Einzeln waren die Franzosen einfach zu gut."

Wie 1995 in Moskau

Noch am Freitag hatte das unerfahrene deutsche Duo mit zwei Überraschungserfolgen dafür gesorgt, dass die Arriens-Auswahl am kleinen Tennis-Wunder von Nancy schnuppern durfte. Zwei Tage später unterlag Kamke dem ehemaligen Australian-Open-Finalisten Jo-Wilfried Tsonga 3:6, 2:6, 4:6.

Debütant Gojowczyk, dessen Fünfsatzsieg über Tsonga einer der emotionalen Höhepunkte der jüngeren deutschen Tennis-Geschichte war, fehlte im entscheidenden Einzel gegen Monfils die Kraft, der 24-Jährige verlor 1:6, 6:7 (0:7), 2:6.

Am Samstag hatten sich André Begemann und Kamke im Doppel in vier Sätzen geschlagen geben müssen. Frankreich trifft nun im Halbfinale auf Titelverteidiger Tschechien (12. bis 14. September).

Als Verlierer muss sich das deutsche B-Team, das ohne Tommy Haas, Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer auskommen musste, allerdings nicht fühlen. Dabei ist es nicht mehr als eine nette Anekdote, dass zuletzt eine DTB-Auswahl mit den Tennis-Heroen Boris Becker und Michael Stich einen 2:0-Vorsprung verspielt hatte. 1995 in Moskau vergab Stich im entscheidenden Match gegen Andrej Tschesnokow neun Matchbälle.

Deutsches Team demonstriert Teamgeist

Viel mehr als über den fragwürdigen Vergleich mit den Helden vergangener Tage dürfen sich Kamke und Gojowczyk über die Erfahrungen auf der großen Bühne des Davispokals freuen. Mit welcher Inbrunst das französische Publikum seine Spieler während der entscheidenden Spiele nach vorne peitschte, zeigte die Anerkennung, die den zuvor nahezu unbekannten Deutschen nach deren Vorstellungen entgegenschlug.

Der Sprechchor "Allez les bleus" drang so fordernd durch die Halle, als wollte das Publikum Tsonga und Monfils daran erinnern, diese Deutschen bloß nicht ein weiteres Mal zu unterschätzen.

Teamchef Arriens war stolz auf seine Mannschaft, die trotz der Niederlage das angekratzte Image der deutschen Tennis-Herren aufpolierte. Der Teamgeist, beim Eklat der Erstrundenpartie gegen Spanien in Frankfurt etwas seltsam interpretiert, ließ die Neulinge in Nancy über sich hinauswachsen.

Qual der Wahl für Arriens

Eine leistungsstärkere Auswahl als am Freitag - und zum Teil auch im Doppel am Samstag - hat es in Deutschland lange nicht mehr gegeben. Dabei dümpeln alle vier Nationalspieler derzeit weit hinter der Weltspitze hinterher.

Stellt sich nun noch die Frage, wie es mit dem Team weitergeht, wenn Haas, Mayer und Kohlschreiber im kommenden Jahr wieder gesund sind. Kamke formulierte seine Ansichten diplomatisch, was ihm im Gegensatz zu Kohlschreiber mühelos gelang: "Der Teamchef soll das beste Team ins Rennen schicken. Wenn er mich dabei haben will, dann bin ich der Erste, der auf der Matte steht." Nun liegt es an Carsten Arriens, wie er mit dem gelungenen Neuanfang in Nancy umgehen will.

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