Alexander Zverev war nach seinem Halbfinal-Aus untröstlich - und auch Sandplatzkönig Rafael Nadal verließ seinen angestammten Hoheitsbereich schwer geschlagen: Erst verpasste der deutsche Topspieler mit einer Niederlage gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas sein zweites Grand-Slam-Finale, dann zog überraschend Paris-Rekordsieger Nadal im Gigantenduell mit dem Weltranglistenersten Novak Djokovic den Kürzeren.
Zverev war nach der bitteren 3:6, 3:6, 6:4, 6:4, 3:6-Niederlage, gegen die er sich lange gestemmt hatte, schwer frustriert: "Wenn mich die nächsten drei Tage jemand anspricht, gehe ich weg." Der Traum des 24 Jahre alten Hamburgers vom ersten Grand-Slam-Triumph war erneut geplatzt.
Statt Zverev, der bei den US Open 2020 den Titelgewinn nur knapp verpasste, trifft nun Tsitsipas in seinem ersten Major-Finale am Sonntag (15.00 Uhr/Eurosport und ServusTV) auf Djokovic, der sich in einem sensationellen Match auf teils unglaublichem Niveau mit 3:6, 6:3, 7:6 (7:4), 6:2 durchsetzte.
Djokovic sichtlich ergriffen - 3. Paris-Niederlage für Nadal
Damit ist der 13-malige Titelträger raus, und es wird nach vier Nadal-Siegen in Serie wieder einen anderen Champion geben - 2016 hatte Djokovic seinen einzigen Titel bei den French Open eingefahren.
In dem Duell der Topstars ging es über vier Stunden Spielzeit hin und her. Die Zuschauer durften entgegen der eigentlichen Planung trotz einer geltenden Ausgangssperre ab 23 Uhr bis zum Ende des Matches bleiben.
Sieger Djokovic, der im 58. Duell mit Nadal seinen 30. Sieg feierte, sprach anschließend sichtlich gerührt "vom größten Match meiner Karriere hier in Paris. Es war eine dieser Nächte, die man nicht vergisst."
Djokovic würdigte außerdem Nadal: "Es ist schwer, größere Worte als alle Superlative für seine Leistungen hier zu finden. Gegen ihn hier zu gewinnen ist, als wenn man den Mount Everest besteigt."
Für Nadal war es im 108. Einzel in Roland Garros die dritte Niederlage. Zum zweiten Mal unterlag er dabei Djokovic. "Ich habe mein Bestes gegeben. Novak verdient den Sieg", sagte der 35-jährige Spanier.
Zverev hadert: "Am Ende des Tages ist es meine Schuld"
Zverev hatte sich zuvor in schonungsloser Selbstkritik geübt. "Ich kann nicht gegen einen Top-Ten-Spieler die ersten beiden Sätze so spielen. Er ist jetzt im Finale, ich nicht", sagte der Weltranglistensechste: "Am Ende des Tages ist es meine Schuld." Der bis dato letzte deutsche Profi im Finale von Roland Garros bleibt Michael Stich, der 1996 das Endspiel gegen den Russen Jewgeni Kafelnikow verlor.
Für die deutsche Nummer eins setzte sich mit der schwer zu verdauenden Niederlage ein echter Fluch fort. Es bleibt dabei, dass Zverev bei Grand Slams Top-10-Spieler nicht schlagen kann. Auch im zehnten Versuch klappte es nicht.
"Solche Statistiken interessieren mich nicht. Ich weiß, zu was ich fähig bin", hatte Zverev vor dem Match gesagt. Gleichzeitig wusste er um die Schwierigkeit der Aufgabe. Tsitsipas ging mit 38 Siegen als klar erfolgreichster Profi der bisherigen Saison in das Match und mit dem frischen Selbstvertrauen aus dem deutlichen Viertelfinalerfolg gegen den Weltranglistenzweiten Daniil Medwedew (Russland).
Zverev holt 0:2 auf und wehrt vier Matchbälle ab
"Seine positive Arroganz gefällt mir", sagte Becker - und die zeigte der 22-Jährige auch von Beginn an. Im zweiten Satz schenkte Zverev dann einen 3:0-Vorsprung fahrlässig her. "Er muss riskanter spielen", sagte Becker: "Tsitsipas wird das Match nicht herschenken, das musst du dir in einem Halbfinale erarbeiten."
Zverev, dem bei den US Open 2020 nur zwei Punkte zum Sieg fehlten, gab sich noch lange nicht auf. Er animierte das Publikum, legte sich mit dem Schiedsrichter an - und kam noch einmal zurück. Der finale Durchgang war dann Drama pur. Tsitsipas schaffte das Break zum 3:1 und vergab vier Matchbälle - ließ sich den Finaleinzug dann aber nicht mehr nehmen.
French Open: Die Sieger der vergangenen zehn Jahre
Jahr | Sieger Männer |
2020 | Rafael Nadal |
2019 | Rafael Nadal |
2018 | Rafael Nadal |
2017 | Rafael Nadal |
2016 | Novak Djokovic |
2015 | Stanislaw Wawrinka |
2014 | Rafael Nadal |
2013 | Rafael Nadal |
2012 | Rafael Nadal |
2011 | Rafael Nadal |