Befreit vom Erwartungsdruck einer ganzen Nation ließ Ashleigh Barty mit kindlicher Freude die Korken knallen. Im schicken roten Sommerkleid posierte die australische Tennisheldin in einer Melbourner Parkanlage erst mit dem Daphne Akhurst Memorial Cup, dann spritzte sie glückselig lachend Champagner durch die Gegend. Auch am Tag nach dem historischen Triumph kannte die Barty-Party Down Under kein Ende.
"Das ist einfach ein Traum, der wahr geworden ist", sagte die Nummer eins der Welt, nachdem sie bei den Australian Open eine 44-jährige Wartezeit auf einen Heimsieg beendet hatte: "Ich bin so stolz, ein Aussie zu sein." Und alle Australier freuten sich mit ihrer "Ash", diese Sternstunde ließ niemanden kalt.
Ob Tennis-Legende Rod Laver, Leichtathletik-Ikone Cathy Freeman oder auch Pop-Sternchen Kylie Minogue - Barty konnte sich nach dem 6:3, 7:6 (7:2) gegen die US-Überraschung Danielle Collins vor prominenten Gratulanten gar nicht mehr retten. Ihr großes Idol Evonne Goolagong Cawley, selbst viermalige Australian-Open-Siegerin und wie Barty mit indigenen Wurzeln, ließ es sich nicht nehmen, die Trophäe zu überreichen.
"Niemand verdient es mehr", schrieb Angelique Kerber bei Twitter. Alle gönnten der 25-jährigen Barty, die stets so bescheiden und bodenständig auftritt, diesen dritten Grand-Slam-Titel nach den French Open 2019 und Wimbledon im Vorjahr. "Es ist geschafft. Halleluja, es ist geschafft", jubelte die Zeitung The Age, Premierminister Scott Morrison adelte die Nationalheldin als "unsere Königin unseres Courts".
Barty in Australien sehr beliebt
Eine gefühlte Ewigkeit musste die stolze Sportnation auf diesen Moment warten. 1978 hatte Christine O'Neil als bislang letzte Australierin beim Heimspiel triumphiert, der letzte Männer-Sieg durch Mark Edmondson war sogar noch zwei Jahre früher. "Als Australierin ein kleiner Teil einer unglaublichen Geschichte im Tennis zu sein, ist wirklich toll", sagte Barty demütig.
Wie viel ihr dieser Titel bedeutet, wie groß der Druck war, zeigte sich nach dem Matchball. Barty legte den Kopf in den Nacken, spannte sämtliche Muskeln an und ließ einen Urschrei los - so emotional hatte man sie noch nie auf dem Court gesehen. "Da kam alles auf einmal raus", erzählte sie: "Das ist ungewöhnlich für mich."
Bartys Popularität in Down Under war schon vor dem Finale, in dem sie im zweiten Satz einen 1:5-Rückstand drehte, kaum zu toppen. Die Australier lieben ihre "Ash", die sich auch ganz bodenständig mit Bier in der Hand beim Australian Football blicken lässt, während einer Tennis-Pause 2015 in der Cricket-Profiliga überzeugte und auch schon mal ein Amateur-Golfturnier gewann.
Barty fehlt noch Sieg bei den US Open
Sich selbst sieht Barty nur als Teil eines Teams, sie spricht immer lieber von "wir" als von "ich". Deshalb galt ihre erste Umarmung nach dem Triumph auch ihrer guten Freundin Casey Dellacqua. Ihre ehemalige Doppelpartnerin hatte sie zum Tennis zurückgebracht, als die ausgebrannte Barty Ende 2014 eine Auszeit eingelegte.
Nun ist Barty neben US-Superstar Serena Williams die einzige aktive Tennisspielerin, die auf drei verschiedenen Belägen Grand-Slam-Titel gesammelt hat. Für den "Ash"-Slam fehlt nur noch der Sieg bei den US Open. Ihr Trainer Craig Tyzzer hält die Chancen wegen der leichten Bälle in New York zwar für gering - doch Multi-Talent Barty ist freilich alles zuzutrauen.