Mit feuchten Augen nahm Aryna Sabalenka um 21.17 Uhr Ortszeit die Silber-Trophäe von Melbourne entgegen und ließ sich vom Publikum in der Rod Laver Arena frenetisch feiern: Mit der nächsten Machtdemonstration ist die Belarussin ohne Satzverlust zum Titel bei den Australian Open gestürmt und hat ihre Regentschaft in Melbourne eindrucksvoll verlängert.
Die 25-Jährige gewann am Samstag ihren zweiten Grand-Slam-Titel und verteidigte als erste Spielerin seit ihrer Landsfrau Viktoria Azarenka 2013 den Pokal beim ersten Major-Turnier des Jahres erfolgreich. "Es waren unglaubliche Wochen, ich konnte mir nicht vorstellen, hier nochmal zu gewinnen. Ich bin sprachlos", sagte Sabalenka nach dem überzeugenden 6:3, 6:2 gegen die hoffnungslos überforderte Chinesin Zheng Qinwen.
Sabalenka sicherte sich ein Preisgeld in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro und ist im Melbourne Park seit 14 Spielen ungeschlagen. Nach nur 1:16 Stunden Spielzeit nutzte sie ihren fünften Matchball zum Sieg. "Danke an mein Team und meine Familie. Ich kann es nicht abwarten, wiederzukommen", sagte Sabalenka.
"Sie ist jetzt absolute Spitze - es gilt für sie, das noch häufiger zu bestätigen", sagte Boris Becker als TV-Experte bei Eurosport. Im September hatte Sabalenka das Finale der US Open erreicht, dort aber gegen Coco Gauff verloren. In Melbourne nahm die Weltranglistenzweite dafür nun "Revanche", als sie die US-Amerikanerin Gauff im Halbfinale ausschaltete.
Zheng verpasste es unterdessen, zehn Jahre nach ihrer Landsfrau Li Na den Thron von Melbourne zu besteigen. Die 21-Jährige kann sich aber mit rund einer Million Euro Preisgeld trösten und wird erstmal in die Top-Ten der WTA-Weltrangliste vorrücken. "Es war mein erstes Finale, ich fühle mich traurig. Aber danke an alle Fans, die hergekommen sind, um mich zu unterstützen", sagte Zheng.
Das zuvor einzige Aufeinandertreffen der beiden hatte Sabalenka im Viertelfinale der US Open 2023 locker in zwei Sätzen gewonnen, auch am Samstag in der Rod Laver Arena war sie von Beginn an die klar bestimmende Spielerin. Im ersten Satz breakte sie die Chinesin früh und nahm sofort Kurs auf ihren zweiten Major-Titel. Im zweiten Satz ließ Sabalenka daran keine Zweifel mehr aufkommen - auch wenn die aufopferungsvoll kämpfende Chinesin vier Matchbälle abwehrte.
Mit 43: Inder Bopanna gewinnt Doppel-Titel in Melbourne
Der indische Tennisspieler Rohan Bopanna hat mit seinem australischen Partner Matthew Ebden im Alter von 43 Jahren den Doppel-Titel bei den Australian Open gewonnen. Das Duo besiegte am Samstag die Italiener Simone Bolelli und Andrea Vavassori nervenstark mit 7:6 (7:0), 7:5 und feierten seinen ersten gemeinsamen Grand-Slam-Titel.
Am Montag wird Bopanna als ältester Profi der Geschichte zur Nummer eins der Doppel-Konkurrenz aufsteigen. "Ich bin 43, aber ich sage immer: Ich bin Level 43. Ich haben einen fantastischen Partner gefunden, wir hatten ein fantastisches Turnier", sagte Bopanna, der im März 44 wird und seit über 20 Jahren auf der Profi-Tour unterwegs ist.
2017 hatte Bopanna bei den French Open den Mixed-Titel gewonnen, Ebden gewann 2022 mit seinem ehemaligen Partner Max Purcell die Doppel-Konkurrenz in Wimbledon.
Alexander Zverev blickt nach vorne: "Werde nochmal eine Chance bekommen"
Auf dem langen Heimweg flog bei Alexander Zverev neben purer Enttäuschung auch eine gehörige Portion Stolz mit. "Ich habe alles getan, was ich konnte. Ich habe während der ganzen Australien-Reise gutes Tennis gespielt", sagte Zverev nach seinem bitteren Halbfinal-Aus bei den Australian Open: "Ich habe wegen der körperlichen Verfassung verloren. Deswegen ist es frustrierend."
Der Hamburger hatte vor dem Duell mit Angstgegner Daniil Medvedev eine "fiebrige Erkältung" entwickelt, die ihm im packenden Fünfsatz-Krimi gegen den Russen die Kraft und die Chance auf sein zweites Grand-Slam-Finale nahm. Doch Zverev will das Positive aus den vier Wochen in Australien mitnehmen, in denen er erst den United Cup mit dem deutschen Team in Sydney gewonnen hatte und dann in Melbourne mit phasenweise mitreißendem Tennis bis ins Halbfinale vorgestoßen war.
"Ich habe in der Vorbereitung und hier in Australien alles getan, was ich konnte. Ich war fokussiert, ich war konzentriert - aber die Dinge sind aus meiner Kontrolle geraten. Es war hoffentlich nicht meine letzte Chance", sagte Zverev, der im Viertelfinale gegen Carlos Alcaraz und in den ersten zwei Sätzen gegen Medvedev seine Ambitionen für den ersten Major-Titel eindrucksvoll untermauert hatte - am Ende ohne Erfolg. Jetzt geht der Blick nach vorne.
Denn schon am ersten Februar-Wochenende steht das Davis-Cup-Duell in Ungarn an. Trotz Erkältung will Deutschlands Nummer eins für das Team von Kapitän Michael Kohlmann auflaufen. "Ich gehe davon aus, dass ich in Ungarn sein werde", sagte Zverev in Melbourne: "Für mich ist das jetzt keine Frage."
Eine erfolgreiche Qualifikation für die Gruppenphase des Teamwettbewerbs soll dem 26-Jährigen weiteres Selbstvertrauen für die lange Saison geben, in der er die ganz großen Titel angreifen will. Dass er zur Weltspitze gehört, hat er in Melbourne unter Beweis gestellt.
Denn trotz einiger Wackler in den ersten Runde präsentierte er sich vor allem gegen Alcaraz in absoluter Weltklasse-Form. In Paris, London und New York gibt es für Zverev die nächsten Chancen, sich den Traum vom ersten Major-Titel endlich zu erfüllen. Dazu will er bei den Olympischen Spielen in der französischen Hauptstadt erneut im Einzel triumphieren.
"Ich bin mir sicher: Wenn ich die richtigen Sachen mache, werde ich nochmal so eine Chance bekommen", sagte Zverev, der in insgesamt elf Einzel-Partien zum Saisonstart in Australien nur zwei Niederlagen kassierte - und darauf aufbauen kann.
Australian Open: Sinner will gegen Medvedev Geschichte schreiben
Italien ist schon wieder im Sinner-Fieber. "Sein Lächeln verzaubert das ganze Land", schrieb die Gazzetta dello Sport über den "berühmtesten italienischen Helden der Gegenwart", nachdem Jannik Sinner im Halbfinale der Australian Open Serien-Champion Novak Djokovic entzaubert hatte. Im Endspiel am Sonntag will der Südtiroler sein Heimatland nun wieder in Ekstase versetzen - und mit einem Sieg gegen Daniil Medvedev Geschichte schreiben.
Schon nach seinem Davis-Cup-Triumph im November lag das Land dem 22-Jährigen zu Füßen, mit einem Erfolg im Endspiel von Melbourne gegen den Weltranglistendritten am Sonntag (9.30 Uhr) kann Sinner nun der erste italienische Grand-Slam-Sieger im Herren-Einzel seit 48 Jahren werden.
"Das Jahresende hat mir Selbstvertrauen gegeben. Aber ich bin wirklich entspannt, um ehrlich zu sein. Wenn es dieses Jahr nicht klappt, dann vielleicht nächstes Jahr", sagte Sinner vor dem größten Spiel seiner Karriere gewohnt bescheiden.
In sein erstes Major-Finale geht Sinner als leichter Favorit, in Melbourne präsentierte er sich in all seinen sechs Spielen in bestechender Verfassung. Gegen Medvedev soll die Krönung her. "Ich arbeite hart für meinen Traum. Wenn es klappt, ist es gut - wenn nicht, habe ich 100 Prozent gegeben", sagte der Südtiroler.
Medvedev ist erfahrener als Sinner, der Russe geht nach seinem Comeback-Sieg gegen Alexander Zverev in sein drittes Finale bei den Australian Open - 2021 (gegen Djokovic) und 2022 (gegen Rafael Nadal) hatte er sich jeweils geschlagen geben müssen.
"Er spielt seit dem Ende der vergangenen Saison auf einem ganz anderen Niveau. Wenn ich ihn also schlagen will, muss ich mein Spiel auf ein neues Niveau heben. Ich werde versuchen, das zu tun", sagte Medvedev, der gegen Sinner eine positive Bilanz hat - die letzten drei Spiele aber allesamt verlor.
Wenn er das Finale gewinne, werde er der "glücklichste Mann auf der Welt" sein, betonte Medvedev, der im Turnierverlauf schon dreimal über fünf Sätze gehen musste - und immer nervenstark die Oberhand behielt. "Es ist mein drittes Finale hier, das ist schon großartig. Ich freue mich drauf", sagte der US-Open-Champion von 2021.
Das tut auch Sinner. Es sei "großartig" gewesen, Grand-Slam-Rekordchampion Djokovic im Halbfinale zu schlagen, aber: "Das Turnier ist noch nicht vorbei", sagte Sinner: "Ein Finale ist immer etwas anderes."