Nach ihrer erfolgreichen Aufholjagd zu Bronze stützte Daniela Anschütz-Thoms erschöpft die Hände auf die Knie und lächelte danach zufrieden ins Publikum.
Eigentlich war für die Erfurterin die Eisschnelllauf-EM in Hamar einen Monat vor den Olympischen Spielen in Vancouver "ohne Bedeutung" gewesen, auf dem Siegerpodest im Wikingerschiff strahlte sie dann aber doch mit der tschechischen Europameisterin Martina Sablikova und Silber-Gewinnerin Ireen Wüst aus den Niederlanden um die Wette.
"Freue mich über Platz drei"
"Jetzt freue ich mich sehr über den dritten Platz. Dass Bronze machbar war, wusste ich. Aber mit Blick auf unsere Vorbereitung hätte das auch ganz schnell schiefgehen können", sagte die 35-Jährige, die nur Olympia im Blick hat und in Norwegen noch knallharte Trainingseinheiten in den Beinen hatte.
Am Ende kam dennoch die dritte EM-Medaille nach Silber 2005 und 2009 heraus. Dass die deutsche Serie auf der Olympiabahn von 1994 riss, war "Schützi" egal. Bei der vierten EM im Wikingerschiff kam die Siegerin erstmals nicht aus Deutschland.
Erfurterinnen für Olympia-Medaillen gut
Grund zur Freude hatte auch Anschütz-Thoms' Teamkollegin Stephanie Beckert. Die 21 Jahre alte Langstrecken-Spezialistin war aufgrund ihrer Sprintschwäche zwar im Kampf um eine Medaille chancenlos (Platz 10), überzeugte aber mit Rang drei über 3000m sowie als Zweite über 5000m hinter Sablikova.
Beide Erfurterinnen haben damit in Hamar bestätigt, dass sie auch in Vancouver für Edelmetall gut sind.
2000 Kilometer weiter südlich war Anni Friesinger-Postma mindestens ebenso glücklich wie das Erfurter Duo.
Die von Verletzungen gebeutelte fünfmalige Europameisterin, die seit 2006 keine großen Mehrkämpfe mehr läuft, feierte vor ihrem 33. Geburtag am Montag ein gelungenes Testrennen über 1500m (1:58,83) auf der Freiluftbahn in Klobenstein/Südtirol schon fast wie den angestrebten Olympiasieg.
"Endlich geht es wieder, mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen. So ein Rennen habe ich vor Olympia noch gebraucht."
Schwacher Start für Anschütz-Thoms
Anschütz-Thoms hatte in Hamar mit einem schwachen zehnten Platz über 500m begonnen, startete dann aber durch.
Mit dem vierten Rang über 1500m setzte sie sich der drittplatzierten Jekaterina Lobyschewa auf die Fersen, überholte die Russen mit einem guten zweiten Platz über 1500m und verteidigte den Bronzerang mit einem dritten Platz im Abschlussrennen über 5000m souverän.
In den Kampf um Gold konnte sie allerdings nicht eingreifen, Sablikova und Wüst liefen einfach zu stark.
Am Ende holte die Tschechin wegen ihrer deutlichen Überlegenheit auf den Langstrecken die Goldmedaille und trat deswegen - zumindest sportlich - die Nachfolge der wegen Dopings gesperrten Titelverteidigerin Claudia Pechstein an.
Debakel bei den Männern
Die deutschen Männer erlebten derweil nach der verpassten Olympia-Qualifikation für das Team ein weiteres Debakel.
Nachdem am Samstag bereits Marco Weber und Patrick Beckert alle Chancen auf einen Platz im 10.000-Meter-Rennen verspielt hatten, verfehlte auch der Vorjahres-Sechste Robert Lehmann aus Erfurt als Zwölfter über 1500 Meter den angestrebten Platz im Finale der besten Zwölf.
Als Führender in den Endkampf ging erwartungsgemäß der niederländische Superstar Sven Kramer, der vor seinem vierten EM-Titel in Folge stand.
Eine solche Serie hat es in der 117-jährigen Geschichte der Titelkämpfe noch nie gegeben.