Jenny Wolf ist die große Favoritin, doch die schnellste Frau der Welt nimmt die Sprint-WM im japanischen Obihiro am Wochenende nur als olympischen Härtetest und "willkommene Ablenkung" mit.
Um vor den Winterspielen noch mal zwei offizielle 500-m-Läufe bestreiten zu können und einem Lagerkoller in ihrer Heimatstadt zu entgehen, reiste die Eissprinterin 8000 Kilometer um die halbe Welt.
"Ohne scharfe Starts die ganze Zeit in Berlin zu trainieren - das konnte es nicht sein. Die Japan-Reise ist eine willkommene Ablenkung", sagte Wolf: "Zwei solide 500-m-Läufe in Obihiro sind mir außerdem sehr wichtig. Ich brauche sie für eine optimale Olympia-Vorbereitung."
Viele Topstars fehlen
Deshalb nahm Wolf die Strapazen einer über 20-stündigen Anreise ("Das ist kein Problem für mich") auf sich, die sich viele ihrer Rivalinnen ersparten.
So auch Titelverteidigerin Wang Beixing aus China. Wolfs größte Konkurrentin um 500-m-Gold in Vancouver bereitet sich in ihrer Wahlheimat Calgary auf die Winterspiele vor.
Die Vorjahreszweite Wolf erhält durch das Fehlen der halben Weltelite allerdings keinen Freifahrtschein auf dem Weg zu ihrem zweiten Titel nach 2008.
Denn bei einer Sprint-WM zählen neben zwei 500-m-Läufen auch zwei über die doppelte Distanz. Und Wolfs Turbo zündet nur auf der ersten Runde.
"Kann nicht sagen, dass ich Weltmeisterin werde"
"Ich weiß nichts über mein momentanes Leistungsvermögen auf den 1000 Metern, deshalb kann ich auch nicht sagen, dass ich automatisch Weltmeisterin werde", sagte Wolf vor den Titelkämpfen auf dem erst im vergangenen September eröffneten "Meiji Hokkaido Tokachi Oval".
Kein WM-Gold zu gewinnen, wäre für Wolf nicht problematisch, bei den Olympischen Spielen sieht die Rechnung dagegen ganz anders aus.
"Schön blöd" wäre sie, wenn sie an sich zweifeln würde, sagt Wolf: "Ich laufe seit Jahren auf dem höchsten Niveau und habe alles dafür getan, um bei Olympia erfolgreich zu sein, deshalb wäre Silber in Vancouver für mich eine Enttäuschung."
Wenig Hoffnung bei deutschen Männern
Neben Wolf vertreten Heike Hartmann (Inzell), Judith Hesse (Erfurt) und Monique Angermüller (Berlin) die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) in Obihiro.
Vor allem Angermüller, die in dieser Saison über die 1000m schon aufs Weltcup-Podest gelaufen ist, könnte für eine Überraschung sorgen.
Die Männer, die durch Samuel Schwarz (Berlin), Nico Ihle (Chemnitz) und Jörg Dallmann (Erfurt) vertreten sind, müssen dagegen mit weiteren Enttäuschungen in einer ohnehin frustrierend verlaufenen Saison rechnen.
Eicher sieht Japan-Abenteuer mit gemischten Gefühlen
Derweil sieht Frauen-Bundestrainer Markus Eicher das Japan-Abenteuer so kurz vor Olympia mit gemischten Gefühlen.
"Die Mädchen wollten es selbst. Sprinter brauchen eine gewisse Spannung, und die kriegen sie nur in offiziellen Wettkämpfen.
Testrennen sind da nicht genug", sagte der Ex-Trainer von Anni Friesinger: "In Vancouver bei den Spielen wird es sich am Erfolg oder Misserfolg zeigen, ob unsere Entscheidung, die Reise anzutreten, richtig oder falsch war."