Es war ein langer und anstrengender Tag für Evi Sachenbacher-Stehle, doch die Anhörung beim Biathlon-Weltverband IBU gab ihr auch ein wenig Zuversicht. Die Herkunft des gefundenen Dopingmittels ist nun geklärt.
Ihre Stimme zitterte leicht, Evi Sachenbacher-Stehle musste sich sichtbar überwinden. Nach ihrer siebeneinhalbstündigen Anhörung beim Weltverband IBU am Samstag in Salzburg trat die bei Olympia in Sotschi positiv getestete Biathletin erschöpft und angespannt, aber auch erleichtert vor die wartenden Journalisten. Denn die 33-Jährige hatte nun zumindest in einem Punkt Gewissheit.
Der Dopingbefund ist nach gesicherten Erkenntnissen auf ein Nahrungsergänzungsmittel zurückzuführen. "Unabhängig nachbestellte Vergleichsproben haben ein positives Ergebnis erbracht", sagte Sachenbacher-Stehle, dann atmete sie kräftig durch.
Nun muss die IBU das Strafmaß festlegen, Sachenbachers Anwalt Marc Heinkelein rechnet mit einer Entscheidung "in einigen Wochen". Die Tatsache, dass allem Anschein nach die Ursache ihrer positiven Probe so schnell geklärt werden konnte, macht Evi Sachenbacher-Stehle jedenfalls "in erster Linie schon mal ganz froh". Und ihre Gesichtszüge hellten sich für einen Moment auf.
Methylhexanamin in Sotschi
Die Langlauf-Olympiasiegerin von 2002 und 2010 war in Sotschi positiv auf das verbotene Stimulans Methylhexanamin getestet worden. Sie hatte eingeräumt, dass sie ein Nahrungsergänzungsmittel vor der Einnahme nicht von offiziellen Stellen hatte kontrollieren lassen. Stattdessen hatte Sachenbacher-Stehle auf Aussagen eines persönlichen Beraters vertraut.
"Ich habe in den letzten Wochen erst mal selbst ziemlich lange gebraucht, um mit der Situation klarzukommen", sagte sie am Samstag: "Ich selbst war am allermeisten geschockt über diesen positiven Test, weil ich überhaupt keine Erklärung dafür gehabt habe, wo er herkommen konnte. Dementsprechend ist erst mal eine ganze Welt für mich zusammengebrochen."
Evi Sachenbacher-Stehle bedankte sich "bei allen da draußen, die in der ganzen schweren Zeit hinter mir stehen und sich von Anfang an sicher waren, dass ich nie bewusst verbotene Substanzen zu mir genommen habe".
Diese Unterstützung habe ihr sehr geholfen: "Alles passiert aus irgendeinem bestimmten Grund, und für irgendwas ist alles gut, auch wenn ich jetzt im Moment noch nicht weiß, wofür es gut ist. Ich hoffe, dass ich es irgendwann erfahre und dann alles wieder gut ist."
Gutes Gefühl nach der Anhörung
Rechtsanwalt Heinkelein äußerte sich zufrieden über den Verlauf der Anhörung. Seine Mandantin habe vollumfassend ausgesagt, es seien alle Fakten erörtert worden. "Alle Dinge, die uns wichtig erscheinen, sind angesprochen worden", sagte der Jurist. Er hoffe einfach nur, "dass Evi fair behandelt wird. Das ist aber bei der Anhörung genau so geschehen. Wir fahren mit einem sehr guten Gefühl nach Hause."
Ob Sachenbacher-Stehle bewusst oder unbewusst gedopt hat, spielt für die Verantwortlichen der IBU bei der Entscheidungsfindung aber offensichtlich keine Rolle. "Das ist ganz egal", sagte IBU-Generalsekretärin Nicole Resch der Tageszeitung Die Welt:
"Sobald die Substanz im Körper nachgewiesen wird, ist die Beweislast auf den Athleten verschoben. Die Substanz war vorhanden, und sie war leistungssteigernd." Die möglicherweise verhängte Strafe werde laut Resch im Einklang mit den Regeln der WADA stehen.
Ermittlungsverfahren läuft noch
Das parallel zum Sportgerichtsverfahren anhängige Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I gegen Sachenbacher-Stehle ist derweil noch nicht beendet. Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte im Gespräch mit der Welt, die Ermittlungen "wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz" laufen weiterhin:
"Das vormals gegen Unbekannt geführte Verfahren läuft jetzt gegen eine Person, die dem privaten Trainerbereich der Zeugin Eva Stehle zuzuordnen ist, und drei weitere Beschuldigte, die im Verdacht stehen, für den Vertrieb des verfahrensgegenständlichen Präparats verantwortlich zu sein."