Lindsey, schenk dem DSV ein Kind!

Von Adrian Franke
19. Januar 201518:17
Lindsey Vonn hat sich einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichertgetty
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Lindsey Vonn sichert sich endgültig ihren Platz in den Geschichtsbüchern des Wintersports, Felix Neureuther gewinnt auch mit Sehstörungen und der Schempp-Spagat beendet einen irren Schlussspurt. Außerdem: Miriam Gössner und ein Loch im Biathlon, Funkstille in Wengen und Hirschers Durststrecke.

Tops

Vonns historisches Wochenende: Rekord eingestellt, Rekord gebrochen: Lindsey Vonn machte in Cortina d'Ampezzo Nägel mit Köpfen. Die 30-Jährige stellte mit ihrem 62. Weltcup-Sieg beim Super-G zunächst am Samstag die seit 35 Jahren bestehende Fabelbestmarke der Österreicherin Annemarie Moser-Pröll ein, nur um sich am Montag Nummer 63 und damit den alleinigen Rekord zu sichern.

"Es war bisher ein langer Weg, eine unglaubliche Karriere. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich so weit komme", gab sich Vonn bereits am Samstag ganz bescheiden, gab dann aber doch zu: "Ich bin so froh. Meine ganze Familie ist da, und ich wollte ihr etwas Schönes schenken." Ist doch eine feine Sache, wenn alles so zusammenpasst. SPOX wünscht sich auch was: Viele kleine Lindsey-Klone für den DSV.

Neureuthers weißes Gold: Dem starken Neuschnee hatte es Felix Neureuther zu verdanken, dass der Slalom und die Lauberhorn-Abfahrt am Wochenende getauscht wurden. Trotz noch immer dichten Schneetreibens ließ sich Neureuther nicht zwei Mal bitten: Der 30-Jährige raste der Konkurrenz im zweiten Durchgang davon, nachdem er im ersten Durchgang die fünftschnellste Zeit hinlegte - und das mit Handicap!

Wie Neureuther verriet, leidet er seit seinem Autounfall Anfang 2014 immer wieder unter Sehstörungen im linken Auge und genau das sei auch vor dem ersten Lauf eingetreten. Vor dem zweiten Durchgang wurde er dann vom Physiotherapeuten behandelt und bedankte sich artig: "Dieser Lauf ist mir echt genial aufgegangen. Vielen Dank an das gesamte Team." Womit mal wieder bewiesen wäre: Nicht mit dem zweiten sieht man besser, sondern mit zweien! Und Neureuthers Auftritt danach? Standesgemäß! Neureuther wurde, wie in Lauberhorn üblich, mit dem Helikopter zur PK gebracht.

Der Schempp-Spagat: Was für ein irres Finish beim Massenstart in Ruhpolding! Ein Dreier-Foto-Finish ist beim Massenstart ja schon selten genug, doch was Simon Schempp im Schlussspurt gelang, war schlicht sensationell! Obwohl er einen knappen halben Meter hinter den Konkurrenten Quentin Maillet und Michal Slesingr schien, machte der Deutsche mit letzter Kraft einen Spagat nach vorne und brachte so den Fuß als erstes über die Linie. Erster deutscher Sieg seit gefühlt einem Jahrzehnt!

"Ausgerechnet Schempp", dürfte so mancher gedacht haben: Bei Olympia und schon zuletzt in Ruhpolding hatte der 26-Jährige jeweils den Kürzeren gezogen, sichtlich erleichtert erklärte er nach dem minutenlangen Auswerten des Foto-Finishs: "Endlich hat es mal im Schlussspurt geklappt und das auch noch vor heimischem Publikum."

Skispringen? Läuft bei uns: Zugegeben: Die Österreicher lieferten den DSV-Adlern in Klingenthal einen großen Kampf und wurden der Forderung des Weltcup-Gesamtführenden Stefan Kraft gerecht, der im Vorfeld klargestellt hatte: "Wir haben von Klingenthal noch einiges gutzumachen." Am Ende reichte es für einen guten zweiten Rang, doch der Platz ganz oben auf dem Treppchen war nach dem starken Schlusssprung von Severin Freund (133,5 Meter) einmal mehr dem deutschen Team vorbehalten.

Aber nicht nur sportlich spielten die DSV-Adler groß auf: Das Quartett spendete sein gesamtes Preisgeld von umgerechnet rund 29.600 Euro geschlossen an Nick Fairall. Der Amerikaner musste sich nach seinem schweren Sturz einer Wirbelsäulen-OP unterziehen und hat eine lange Reha vor sich. "Wir haben uns gestern zusammengesetzt und sind im Team auf die Idee gekommen, unser Preisgeld zu stiften. Wir denken, das ist angebracht", berichtete Michael Neumayer im "Ersten".

Super-Miri und das Biathlon-Loch: Miriam Gössner siegt. Und siegt. Und siegt. Die 24-Jährige feierte in Ridnaun im zweitklassigen IBU-Cup ihren dritten Sieg in Folge und könnte schon bald wieder in das deutsche Weltcup-Team zurückkehren, auch wenn Rekordweltmeisterin und Gössners Ex-Zimmerkollegin Magdalena Neuner zur Geduld mahnt.

Für unsere persönliche Schlagzeile des Frauen-Biathlon-Wochenendes sorgte aber der Heimtrainer von Franziska Preuß, der plötzlich lauthals schrie: "Du hast ein Loch! Du hast ein Loch!" Und ja, wir haben einen infantilen Humor.

Die Langeweile in Oberhof: Apropos Loch... na gut, wir hören ja schon auf. Der obligatorische Stammplatz für die Rodler in der Top-Liste darf zum Abschluss aber nicht fehlen. Felix Loch und Andy Langenhahn, Natalie Geisenberger mit zwei deutschen Adjudantinnen sowie die Doppelsitzer Tobias Wendl/Tobias Artl und Toni Eggert/Sascha Benecken machten den dreifachen Doppelerfolg perfekt. Die schlechte Nachricht für die Konkurrenz: Nachlassen gilt nicht, wie Loch trocken erklärte: "So langsam fahren wir uns ein für die WM." Huge on the Luge!

Tops: Vonns Rekord, Neureuthers weißes Gold und die Langeweile in Oberhof

Flops: Funkstille, misslungene Dienstreise nach England und Desinteresse in Oberhof

Flops

Funkstille in Wengen: Akku laden vergessen? Batterien nicht aus dem Walkman zurückgepackt? Man weiß nicht genau, woran es lagt, aber irgendetwas hatten die Verantwortlichen bei der Lauberhorn-Abfahrt mit den Funkgeräten verbockt. Da war das grobe Schneegestöber endlich vorbei und doch musste die Abfahrt immer wieder für insgesamt rund 40 Minuten (!) unterbrochen werden. Schwacher Auftritt.

Einmal Estland und zurück: Josef Wenzl hatte sich die Dienstreise nach Estland sicher anders vorgestellt. Deutschlands Top-Langlauf-Sprinter schaffte zunächst die Quali nicht, nur um 24 Stunden später das Finale im Freistil-Teamsprint zu verpassen. Diagnose: WM-Platz akut in Gefahr und Leistungssteigerung am 14. Februar in Östersund dringend erwünscht. "Vielleicht kann er dort seine Chance nutzen", erklärte Bundestrainer Frank Ullrich. Ja. Optimismus klingt irgendwie auch anders.

Hirscher wartet weiter: Weniger gut, obgleich im Gegensatz zu Felix Neureuther in vollem Besitz ihrer Sehfähigkeiten, kamen die Ösis mit dem Schneegestöber in Wengen zurecht. Für die Slalom-Herren setzte es das schlechteste Wengen-Ergebnis der eigenen Weltcup-Geschichte, bester ÖSV-Läufer war Reinfried Herbst, der auf dem 13. Rang einlief.

Daran konnte auch Marcel Hirscher nichts ändern, der Salzburger fädelte nach starkem Beginn im ersten Lauf ein und wartet weiter auf seinen ersten Wengen-Sieg. Sein Fazit: "Lieber schnell und ausscheiden als Siebenter und ein riesengroßes Fragezeichen über dem Kopf." Ein...schwacher Trost. Man könnte es natürlich auch sehen wie DOSB-Präsident Alfred Hörmann: "Felix hat dafür gesorgt, dass die Schweißperlen von Marcel Hirscher größer werden."

Desinteresse in Oberhof: Stell dir vor, es ist Biathlon und keiner geht hin! So oder so ähnlich dürften sich die Akteure zuletzt in Oberhof gefühlt haben. 2015 fanden so wenige Fans wie nie den Weg zum Biathlon-Weltcup, 13.500 Zuschauer kamen an den fünf Wettkampftagen - und damit über 7000 weniger als 2014.

"Wir sind sogar mit den Preisen zurückgegangen, haben nur die Preise für die knapp 300 Sitzplätze erhöht", zeigte sich auch Organisationschef Christopher Gellert ratlos. Tagesrennen und fehlende Feiertage brachte Gellert als mögliche Erklärungen an. Unser Ansatz: Übernachtungen in den Herbergen der Stadt sollen angeblich nur ab 100 Euro aufwärts buchbar gewesen sein. Sollte man vielleicht doch einmal überdenken...

Tops: Vonns Rekord, Neureuthers weißes Gold und die Langeweile in Oberhof

Flops: Funkstille, misslungene Dienstreise nach England und Desinteresse in Oberhof