Es ist still geworden um Ole Einar Björndalen. Fast schon zu still für einen Volkshelden, der in seiner norwegischen Heimat an legendärer Stätte das letzte Großereignis einer schillernden Karriere bestreiten will. Keine überdimensionalen Plakate werben in Oslo mit dem König der Biathleten für die anstehende WM, der Holmenkollen wirkt fast ein bisschen verschlafen. Und Björndalen? Der macht sich rar.
"Ich glaube irgendwie nicht, dass er nach dieser Saison aufhören wird", sagt Martin Fourcade. Der Franzose, Dominator der vergangenen Jahre und längst auf der Rekordjagd nach Björndalens Bestmarken, geht daher von weiteren Duellen zumindest im kommenden Winter aus. "Vielleicht liege ich falsch, aber ich glaube, dass er weitermacht."
Dabei hat der 42-Jährige aus Drammen doch schon alles erreicht und muss niemandem mehr auch nur irgendetwas beweisen. Acht Olympiasiege, sechs Erfolge im Gesamtweltcup, 19 WM-Titel, 94 Weltcupsiege - Rekorde en masse. "Ich bin sehr motiviert, habe Lust auf weiteren Spaß", erzählte Björndalen vor der WM: "Und ich werde alles dafür tun, um in absoluter Top-Form zu sein."
Das letzte Mal im Wintersport-Mekka?
Dann könnte Björndalen auch wieder mit König Harald V. fachsimpeln. Der Monarch besitzt am Holmenkollen eine eigene Loge, und es gehört zu den Gepflogenheiten, dass er zumindest am letzten Wettkampftag die Sieger in der Wiege des nordischen Skisports gebührend ehrt und in die Loge lädt. "Einmal, glaube ich", erinnert sich Björndalen, war ihm diese Ehre erst zuteil geworden.
Das königliche Gespräch ist freilich nur eines von unzähligen Merkmalen, die den Holmenkollen zu einem ganz speziellen Ort machen. Von weit oben genießt man einen vorzüglichen Blick auf die Hauptstadt, unzählige Wintersportler pilgern täglich mit der U-Bahn-Linie 1 hinauf. Spätestens ab Donnerstag, wenn die WM mit der Mixed-Staffel eingeläutet wird, bis zum Sonntag (13. März) wird der Berg beben.
"Ich habe viele großartige Erinnerungen an den Holmenkollen. Es ist ein tolles Stadion", sagt Björndalen. Der Lokalmatador ist sich sicher, dass es ihm helfen wird, "wenn die Leute schreien und mich anfeuern." Und aus dem noch verschlafenen Holmenkollen so etwas wie das L'Alpe d'Huez des Wintersports machen.
Als WM-Teilnehmer wird Björndalen die Atmosphäre definitiv zum letzten Mal erleben. Und wenn er es tatsächlich noch einmal auf das Podium schaffen sollte, ist dies das Resultat jahrelanger Arbeit. "Ich trainiere hart und habe eine starke Motivation", sagt Björndalen, der wegen seiner unstillbaren Gier nach Erfolg in der Heimat einst "Kannibale" getauft wurde.
Die Opfer des Erfolgs
Für seine Erfolge betreibt "Mister Biathlon" einen enormen Aufwand. Er verzichtet auf Alkohol und hat sich über die Jahre zum Hygienefanatiker entwickelt. Reiste er früher mit einem Staubsauger umher, werden die Hotelböden jetzt meist mit Plastikfolie abgedeckt. Manchmal nächtigt Björndalen aber auch einfach in seinem Luxus-Truck, den er mit Hilfe seiner Sponsoren endlich in Betrieb nehmen kann.
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Kühlschrank, King-Size-Betten, Gasherd gehören zur Ausstattung - und natürlich ein kleiner Fitnessraum. Auf einem riesigen Laufband kann er so in den eigenen vier Wänden Joggen, Radfahren und mit Skirollern trainieren. "Dieser Raum", sagt Björndalen, "ist mein Lieblingsraum." Seine Augen funkeln.