Der (beste) schlechteste Langläufer aller Zeiten

Solano greift in den Schnee, im Hintergrund feuern ihn die Zuschauer an
© getty

Adrian Solano aus Venezuela wurde mit seinen Leistungen bei der Nordischen Ski-WM in Lahti über Nacht zur Sensation. Der 22-Jährige hatte zuvor noch nie Schnee gesehen - und eigentlich drohte sein Traum von der Weltmeisterschaft in einer französischen Zelle zu enden. Wegen 28 Euro.

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"Auf Asphalt trainiert es sich ganz anders als im Schnee."

Er hat in seinem orangenen Anzug und der Startnummer 1 auf der Brust die Schranke zur Zeitmessung gerade erst ausgelöst, da verliert er auf den unerhört schmalen Latten in der Langlaufspur bereits die Balance, wippt nach hinten und wedelt hilflos mit den gelben Skistöcken - erstaunte Blicke der beiden Starthelfer. In den Schnee greift er dann wenige Meter später, als die Spur endet und die Strecke rechts abbiegt. Wobei er selbige schon längst verlassen hat: keine Chance, diese 90-Grad-Kurve zu bewältigen. Also aufgerichtet, umgedreht und ungelenk zurückgestiefelt.

"Am schwierigsten war es bergauf. Das war sehr anstrengend und hat mich erschöpft."

Das Profil der Strecke hat sich erst ganz zart erhoben - vor ihm wartet eine kleine Brücke mit einer Steigung von vielleicht 50 Metern -, da kommt er fast komplett zum Stillstand, überdenkt seine Optionen und klettert dann aus der Spur, um sich parallel dazu im Grätenschritt hochzuarbeiten. Acht Schritte schafft er, ja, fängt schon fast an zu tänzeln, da verschwört sich das rechte Skiende gegen die linke Hacke. Er fällt vornüber.

"Was mir tatsächlich am meisten Spaß gemacht hat, waren die Stürze."

1,5 Kilometer sind doch tatsächlich geschafft. Abfahrt. Okay. Er versucht es mit der klassischen Abfahrtshocke, kennt man ja auch aus dem alpinen Bereich, Geschwindigkeit aufnehmen, der nächste Anstieg kommt bestimmt. Schon fast unten, da fordern die Fliehkräfte ihren Tribut: Mehr und mehr kippt der Oberkörper nach hinten, do setzt di' nieda, das Hinterteil fungiert als Gleichgewichtshilfe und unfreiwillige Bremse. Als er sich aufrichtet, ist die kleine Talsohle schon passiert. Die Ski rutschen wie in Zeitlupe, er schert aus, stolpert, stürzt. Stockbruch. Auf allen Vieren kriecht er aus dem Weg, während von hinten mal wieder jemand überholt. Eine Viertelstunde ist er unterwegs. Rückstand schon jetzt: über neun Minuten.

"Ich stand zum ersten Mal überhaupt auf Skiern im Schnee. Ich hatte Angst."

Fast 40 Minuten auf den Führenden sind es, als er im Zielbereich über die rote Linie schlittert. Im Ziel ist er jedoch noch lange nicht, gerade die Hälfte der Distanz hat er hinter sich gebracht. Oder anders gesagt: Er hat schon jetzt bedeutend länger mit dem Untergrund gekämpft als alle Athleten, die nach ihm losgelaufen und vor ihm ins Ziel gekommen sind. Es reicht, die Schultern hängen, er ist am Ende.

Aber dann richtet er seinen Blick auf ein Ziel in der Ferne und fängt an zu lächeln. Und plötzlich ist eines klar.

Das war's noch nicht.

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