Erst Felix Neureuther, nun Stefan Luitz: Innerhalb von zwei Tagen sind den deutschen Ski-Rennläufern gleich zwei der größten Medaillenhoffnungen für die Olympischen Spiele abhanden gekommen. Keine 48 Stunden nach dem Jubel über den historischen Weltcupsieg von Josef Ferstl im Super-G von Gröden, machte sich der große Frust bei der deutschen Mannschaft breit: Luitz erlitt beim Riesenslalom in Alta Badia einen Kreuzbandriss im linken Knie und wird damit ebenso wie der am vergangenen Freitag operierte Neureuther in Pyeongchang nicht starten könne.
Alpindirektor Wolfgang Maier war nach der neuerlichen Hiobsbotschaft am Boden zerstört. "Das frustet uns schon extrem. Da fehlen dir mit der Zeit die Worte. Jedes Mal, wenn wir uns anstrengen, kriegen wir wieder einen drauf. Da fragt man sich schon, was tut man da eigentlich", sagte er und ergänzte: "Felix war schon eine harte Nummer und jetzt das." Neureuther hatte vor seiner Verletzung den Slalom in Levi gewonnen, Luitz in Beaver Creek sowie Val d'Isere mit den Rangen drei sowie zwei seine Ambitionen für Olympia unterstrichen.
Luitz bricht Rennen nach nur vier Toren ab
Nach nur vier Toren und neun Fahrsekunden hatte Luitz seinen Lauf auf der Gran Risa abgebrochen - offensichtlich mit Schmerzen im linken Knie. Der Allgäuer fuhr danach noch ins Ziel und saß dort niedergeschlagen in einem Zelt. Nach Zuspruch von seiner Freundin und Maier konnte er zwischendurch sogar wieder scherzen und lachen, ehe eine erste genaue Untersuchung durch den österreichischen Mannschaftsarzt Christian Hoser die Stimmung kippen ließ. Luitz wurde umgehend zu weiteren Untersuchungen ins 130 km entfernte Innsbruck gefahren. Dort oder in München wird er in den kommenden Tagen operiert.
Nach einem bislang so verheißungsvollen Winter werden in Pyeongchang (9. bis 25. Februar) wohl die aufstrebenden Abfahrer für die Höhepunkte sorgen müssen: Ein Sieg durch Ferstl (Hammer), ein dritter Rang durch Thomas Dreßen (Mittenwald), dazu zahlreiche Top-Platzierungen, "man sieht: Wir haben die Berührung zur absoluten Weltspitze gefunden", sagte Maier nach der traditionsreichen Abfahrt am Samstag in Gröden.
Enttäuschungen folgen auf Ferstl-Coup
Am Tag nach Ferstls Coup wurden die Abfahrer auf der Saslong unter Wert geschlagen: Andreas Sander (Ennepetal), Dreßen und Ferstl belegten nach sehr guten Fahrten die Ränge zwölf, 13 und 14 - bessere Platzierungen verhinderten die Besonderheiten von Gröden: wenn es sonnig und kalt ist wie am Samstag, wird die Piste zunehmend schneller. Nur der überragende Aksel Lund Svindal (Norwegen), dessen Landsmann Kjetil Jansrud (+0,59 Sekunden) und der Österreicher Max Franz (+0,83) blieben unantastbar.
"Ein Gröden-Rennen halt", sagte Alpindirektor Maier über den Verlauf des Rennens - allerdings spülten die besonderen Verhältnisse auch einen Deutschen nach vorne: Manuel Schmid aus Fischen im Allgäu fuhr mit der hohen Startnummer 43 auf Rang 16 - im ersten Weltcup-Rennen seiner Karriere. Dabei verpasste er die halbe Norm für Olympia nur um 0,10 Sekunden. Und weil Dominik Schwaiger (Königssee) es mit der Nummer 54 noch auf Rang 29 schaffte, erreichten sogar alle fünf Deutschen die Punkteränge - mehr als beachtlich.
Neben Neureuther, Luitz, Dreßen, Sander und Ferstl hatten sich auch Fritz Dopfer und Manuel Schmids Bruder Alexander bereits für Olympia qualifiziert. Die beiden letzteren aber brauchen noch Zeit: Dopfer, auf dem Weg zurück von einem Beinbruch, fühlte sich in Alta Badia glatt "überfordert" - als 54. verpasste er den zweiten Lauf. Alexander Schmid wurde immerhin 26. Es gewann: Marcel Hirscher (Österreich) mit 1,7 Sekunden Vorsprung auf Henrik Kristoffersen (Norwegen).