Skispringen - Carina Vogt tritt zurück: Eine Mond- und viele Punktlandungen

SID
20. Mai 202214:52
Carina Vogt beendet ihre große Karriere.imago images
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Erste Skisprung-Olympiasiegerin der Geschichte, Rekordweltmeisterin, Schanzen-Pionierin: Carina Vogt beendet ihre große Karriere.

Als "Gold-Carina" schrieb sie olympische Geschichte, war stets eine leidenschaftliche Streiterin für die "Schanzengleichheit" und bei Weltmeisterschaften eine sichere Gold-Bank: Carina Vogt schnallt nach einer Bilderbuch-Karriere ihre Ski ab. Acht Jahre nach ihrer Mondlandung von Sotschi gab die erste Skisprung-Olympiasiegerin der Geschichte ihren Rücktritt bekannt.

"Ich habe einfach gemerkt, dass ich körperlich limitiert bin, dass ich nicht mehr die Leistung bringen kann, die ich über Jahre gebracht habe", sagte die 30-Jährige am Freitag in einer Medienrunde, als sie nach einem Jahrzehnt auf allerhöchstem Niveau gewohnt gefasst und sachlich einen Schlussstrich zog.

Sie habe "den Sport immer zu 100 Prozent gelebt", betonte Vogt, "aber über die letzten zwei Jahre merken müssen, dass ich meinen Ansprüchen nicht mehr gerecht werde" und sich darum "entschlossen, das Kapitel Skispringen zu schließen".

Auch wenn sie zuletzt sportlich nicht mehr zu den allerbesten Fliegerinnen gehörte: Als Führungskraft hinterlässt die so ruhige und fokussierte Ausnahme-Wettkämpferin, die es parallel zur sportlichen Karriere zur Polizeihauptmeisterin gebracht hat und im Sommer mit dem Aufstiegsstudium bei der Bundespolizei beginnt, eine große Lücke. Nach dem Rücktritt von Olympiasieger Severin Freund verliert der Deutsche Skiverband (DSV) ein weiteres Aushängeschild.

"Wir sind einen unheimlich langen Weg gegangen, mit Höhen und Tiefen", sagte der frühere Bundestrainer Andreas Bauer, unter dessen Anleitung Vogt zur erfolgreichsten Skispringerin ihrer Generation wurde. Sie habe es "immer geschafft, alles reinzuhauen, alle Bereiche ans Maximum zu bringen".

Carina Vogt holt Olympia-Gold: "Immer in den Geschichtsbüchern"

Im Zentrum der Karriere steht der 11. Februar 2014, als Vogt bei der Olympia-Premiere der Skispringerinnen im russischen Sotschi sensationell zu Gold flog. "Das wird immer in den Geschichtsbüchern geschrieben stehen: Die erste Olympiasiegerin im Skispringen heißt Carina Vogt", sagte Bauer. "Auf eine Medaille hatte ich gehofft. Aber Gold?", meinte Vogt: "Ich hatte noch keinen Weltcup und nichts gewonnen."

Weltcupsiege feierte Vogt überhaupt nur zwei, beide Anfang 2015 binnen zwei Wochen. Kurz darauf wurde sie in Falun Weltmeisterin im Einzel und mit dem Mixed-Team, 2017 in Lahti gelang Vogt erneut dieser Doppelschlag - "Miss Punktlandung" war immer dann zur Stelle, wenn es wirklich zählte.

Allerdings musste Vogt auch oft dosieren, hartnäckige Knieprobleme zogen sich durch ihre Karriere. Ihr letzter großer Erfolg war Team-Gold bei der WM 2019 in Seefeld. Wenig später erlitt sie einen Kreuzbandriss, nach welchem sie vergeblich um die Rückkehr zu früherer Form kämpfte und zuletzt die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Peking verpasste.

In die Genugtuung über eine große Karriere mischt sie indes die leise Wehmut, dass Vogt bei zwei Meilensteinen der Skisprung-Gleichberechtigung, für die sie so eingesetzt hatte, nicht mehr dabei sein wird: Im März 2023 dürfen die Frauen erstmals zum Skifliegen antreten, neun Monate später feiert die Vierschanzentournee der Springerinnen Premiere.

"Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mich nicht anfuchsen würde, dass ich die Vierschanzentournee nicht springen kann, dass ich das Skifliegen nicht mehr erlebe", sagte Vogt. Doch "Königin Carina" darf von sich behaupten, dass auch ihre Popularität dies erst möglich gemacht hat.