"Wir müssen die Wettkämpfe spannender machen": Regel-Revolution im Biathlon sorgt für Ärger

SID
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In Kontiolahti gehen die Biathleten in die neue Saison. Eine Regeländerung sorgt aber für viel Ärger.

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Es brodelt, es wird diskutiert, vor dem Auftakt im finnischen Kontiolahti herrscht Unruhe im Biathlon-Zirkus. Während sich der Weltverband IBU von einer Regeländerung bei der Startreihenfolge mehr spannende Rennen bis zum Schluss erhofft, sehen die Stars für sich große Nachteile. Auch die deutschen Skijäger üben Kritik - sorgt die Umstellung doch für einen weiteren Unsicherheitsfaktor im ersten Winter ohne "Capitano" Benedikt Doll.

"Ich finde den Vorschlag nicht gut", monierte Johannes Kühn: "Aus sportlicher Sicht glaube ich, dass es nicht ideal ist." Laut Sportdirektor Felix Bitterling sei es "komplett realitätsfremd" zu erwarten, dass die besten Läuferinnen und Läufer diese Änderung befürworten - bevor er im SID-Interview ergänzte: "Was zu der fairen Betrachtung dieser Thematik aber gehört, ist, dass auch die wirtschaftliche Komponente, die den Sport bezahlt, gesehen werden muss." Und diese spreche eben "für die Einführung der neuen Regel".

Testweise sollen in den Individualrennen die Top 15 der Gesamtwertung mit einer Startnummer zwischen 46 und 75 loslaufen. Bislang hatten diese ihre Startgruppe frei wählen dürfen, entschieden sich meist aus Angst vor nachlassenden Bedingungen für eine niedrige Nummer. Als Konsequenz sorgte dies oftmals für frühe Entscheidungen und Langeweile vor den TV-Geräten.

Es raube ihm keinen Schlaf, was man da beschlossen habe, sagte IBU-Kommunikationsdirektor Christian Winkler der Sportschau, "weil wir davon überzeugt sind, dass wir im Interesse des Sports handeln und gute Regeln für die Zukunft aufstellen". Dass die Athletinnen und Athleten erstmal nur den Nachteil sehen würden, könne er nachvollziehen, aber: "Wir müssen die Wettkämpfe spannender machen."

Regel-Revolution: "Für uns Norweger ist diese Änderung gut"

Es gibt auch durchaus Betroffene, die in der Umstellung Positives sehen. "Für uns Norweger ist diese Änderung gut, weil wir alle in der selben Gruppe starten werden", sagte Johannes Thingnes Bö selbstbewusst im Podcast "Extrarunde". Der Dominator erhofft sich dadurch einen "faireren" Wettstreit mit seinen Landsleuten. Auf eine geballte Mannschaftsstärke wie die der Skandinavier in der Weltspitze können die deutschen Männer nicht setzen, dazu fehlt das Aushängeschild vergangener Jahre. Doll genießt seine Biathlon-Rente - und hinterlässt eine riesige Lücke.

"Ohne Benni ist es nicht das Gleiche. Er war ein Vorbild", sagte Philipp Horn, der wie Kühn, Justus Strelow, Philipp Nawrath, David Zobel und Danilo Riethmüller vor dem Startschuss am Samstag mit der Single-Mixed-Staffel (13.15 Uhr) zum Männer-Aufgebot zählt: "Er war ein fantastischer Sportler und ein super Mensch, war immer für alle da."

Doch nun müssen es die Deutschen ohne ihren bislang letzten Weltmeister richten. Dass das Potenzial vorhanden ist, zeigte der fulminante Auftakt im vergangenen Jahr. In Östersund hatte Doll nur eine Nebenrolle gespielt, stattdessen glänzten Teamkollegen wie Nawrath mit Siegen und dem Gelben Trikot.

"Wenn es nicht so grandios wie im Vorjahr in Östersund läuft, dann ist das kein Beinbruch", bremste Bitterling aber die Erwartungen: "Wir haben uns angeschaut, was wir tun können, um bei den Saisonhöhepunkten in Topform zu sein. Und nicht nur im November und Dezember abzuräumen, woran sich im März keiner mehr erinnert."

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