SPOX: Wie verbrachten Sie die Tage mit Carlisle?
Geschwindner: Er kam zunächst mit dem Flieger in Frankfurt an. Dirk fuhr ihn selber nach Würzburg, was eine gute Gelegenheit war, um sich lange über Carlisles Ideen für die kommende Saison zu unterhalten. In den vier Tagen war er bei allen Trainingseinheiten dabei, zudem haben wir Würzburg und Bamberg besichtigt und ihn auch mal zum Fußball-EM-Gucken in einen Biergarten mitgenommen, damit er mal sieht, bei welchen Dingen hierzulande die Leute am Rad drehen.
SPOX: Hat ihm Fußball gefallen?
Geschwindner: Er war da etwas reservierter, als man es annehmen konnte. Aber wahrscheinlich ist es ihm so ergangen wie einem Deutschen mit Baseball. Man kann keinen zum Fußball-Fan machen.
SPOX: Die Musikleidenschaft haben Sie und Carlisle aber gemeinsam, oder? Er soll ein talentierter Klavierspieler sein.
Geschwindner: Er ist wie wir alle kein Berufsmusiker, aber er spielt sehr ordentlich. Am letzten Abend seines Aufenthaltes haben wir deswegen auch eine kleine Jam-Session arrangiert. Mit einem befreundeten Saxophonisten, zwei Sängerinnen, einem Freestyle-Rapper. Es war richtig witzig.
SPOX: Und Nowitzki hat die Gitarre rausgepackt?
Geschwindner: An dem Tag ging es nicht, weil wir direkt davor noch Training hatten.
SPOX: Dann hieß es also MC Geschwindner feat. DJ Carlisle. Welches Instrument spielen Sie eigentlich?
Geschwindner: Es wird mein Geheimnis bleiben, die Medien müssen nicht auch das noch wissen.
SPOX: Sie können uns aber verraten, dass Sie sich und Nowitzki besser mit Carlisle verstehen als mit dessen Vorgänger Avery Johnson.
Geschwindner: Persönlich kommen wir sehr gut zurecht. Vom Emotionalen her ist es daher sicher eine ganz andere Variante. Zum Beispiel hat sich Dirk sehr darüber gefreut, dass Carlisle als Gastgeschenk ein unterschriebenes Larry-Bird-Trikot mitgebracht hat.
SPOX: Die Zusammenarbeit scheint sehr viel relaxter abzulaufen als mit Johnson.
Geschwindner: Er heißt ja nicht umsonst Little General. Johnsons extrem militärischer Ansatz hat sicherlich den kreativen Fluss etwas eingeschränkt.
SPOX: Eine Art, mit der Nowitzki am Ende nicht klar kam?
Geschwindner: Es kann immer passieren, dass ein Trainer kommt, der den Spielern gewisse Dinge abverlangt, die vielleicht nicht dessen Qualitäten entsprechen. Von daher gab es hie und da Kontroversen. Zum Schluss wurde es dann kompliziert.
SPOX: Inwiefern?Geschwindner: Dirk sollte das Mädchen für alles sein - und gleichzeitig als Star über allem thronen. Die Sache ist die, dass die Amerikaner generell ein anderes Verständnis von Mannschaftsführung haben als wir. Sie hätten gerne jemanden, der eine große Klappe hat.
SPOX: Aber das ist nicht Nowitzkis Welt.
Geschwindner: Er kann und will die Mannschaft nur anführen, indem er vorbildliche Leistungen zeigt und insgesamt tadellos auftritt. Das kommt in gewissen Kreisen aber nicht so gut an. Das hat natürlich nicht nur mit Johnson zu tun, sondern spiegelt einfach die kulturellen Unterschiede wider.
SPOX: In Dallas ist Johnson Geschichte, im Kader hat sich hingegen nur wenig getan. Sind die Mavs gut genug besetzt?
Geschwindner: In der NBA hat sich herausgestellt, dass man mindestens drei All-Stars haben muss, um im Titelkampf durchzukommen. Ob Dallas da mitmischen kann, wird sich zeigen. Es riecht zumindest nach Neuaufbau und Neuorientierung unter einem neuen Trainer mit neuen Ideen.
SPOX: Einen Weggang von Nowitzki schließen Sie definitiv aus?
Geschwindner: Ja, ein Wechsel kam und kommt überhaupt nicht in Frage.
SPOX: Warum? Kevin Garnett wurde erst Meister, nachdem er Minnesota verlassen hat.
Geschwindner: Schauen Sie sich doch alleine den Vertrag von Dirk an. Er hat einen Maximum-Vertrag, daher wäre es per se sehr schwierig, wegzugehen - was Dirk ohnehin nicht vorhat. Garnett steckte wegen seines dicken Kontrakts ja auch mehrere Jahre bei den Timberwolves fest.
SPOX: Und was war mit den Gerüchten aus dem letzten Sommer, wonach Nowitzki für Kobe Bryant zu den Lakers getradet werden sollte?
Geschwindner: Eine reine Erfindung, da war überhaupt nichts dran. Die Zeitungen brauchten etwas, das sie drucken konnten.
SPOX: Zumal Mavs-Besitzer Mark Cuban Nowitzki wohl nie weggeben würde, oder?
Geschwindner: Das müssen Sie ihn fragen. Aber alleine die Verleihung des MVP-Awards an Dirk vor einem Jahr...
SPOX: ... als Mark Cuban unter Tränen die Laudatio hielt...
Geschwindner: ... zeigt, wie eng die Beziehung zwischen den beiden ist.
SPOX: Toleriert Cuban deswegen Nowitzkis Engagement in der Nationalmannschaft?
Geschwindner: Wir müssen uns bei ihm bedanken, dass er das Olympia-Projekt unterstützt, obwohl Dirk der Franchise-Player der Mavs ist. Es ist ja auch absolut verständlich, dass es ein NBA-Team nicht so gerne sieht, wenn der wichtigste Spieler seit fast 13 Jahren ununterbrochen Basketball spielt.
SPOX: Klingt nach einem Rücktritt aus dem DBB-Team oder zumindest einer Auszeit.
Geschwindner: Wir müssen die NBA-Leute und ihre Interessen verstehen. Aber mit dem Thema Rücktritt haben wir uns noch überhaupt nicht beschäftigt. Eins nach dem anderen.
SPOX: Dementsprechend gibt es auch keine Pläne, ob Nowitzki vielleicht in vier, fünf Jahren noch einmal in Deutschland spielt?
Geschwindner: Ich glaube nicht, dass das in Frage kommt. Finanziell wäre das sicher kein Problem, Dirk hat ja schon einiges verdient. Und wenn er es so handhaben will wie etwa Arvydas Sabonis, der nach seiner NBA-Karriere noch einmal in der Heimat gespielt hat, um seinem Land etwas zurückzugeben, ist das okay. Man muss es aber auch von der anderen Seite betrachten. In Deutschland gibt es bei 82 Millionen Einwohnen genügend talentierte Kids - und einem dieser Talente würde der alte Hase den Platz wegnehmen. Aber eigentlich ist das auch alles wurst. Bis dahin ist noch lange Zeit.