Eine der zahlreichen Wochen der Wahrheit ist gerade zu Ende gegangen. München hat die Evaluierungskommission des IOC empfangen, die sich ein genaues Bild über Münchens Bereitschaft zur Ausrichtung der olympischen Winterspiele gemacht hat.
Die Bewerbung wurde auf Herz und Nieren geprüft. Eine Prüfung, die im Duell gegen die beiden anderen Bewerber Pyeongchang und Annecy eine wichtige Rolle spielen wird.
Aber sie allein wird nicht über Olympia oder nicht Olympia entscheiden. Worauf kommt es insgesamt bis zur Entscheidung am 6. Juli an?
SPOX beantwortet die zehn wichtigsten Fragen rund um die Bewerbung.
Wer entscheidet wann über Olympia 2018?
Das internationale olympische Komitee entscheidet am 6. Juli 2011 im südafrikanischen Durban über die Vergabe der Winterspiele 2018. 103 der 110 IOC-Mitglieder sind im ersten Wahlgang stimmberechtigt. Sie kommen aus der ganzen Welt, also auch aus Ländern, die mit Wintersport überhaupt nichts am Hut haben. Entsprechend überraschend war in der Vergangenheit die eine oder andere Vergabe.
"Am Ende könnte es bei der Vergabe 2018 auf eine Grundsatzentscheidung hinauslaufen, ob man mit Olympischen Spielen immer wieder in neue Regionen geht, wie zuletzt mit Sotschi 2014 und Rio de Janeiro 2016", sagt DOSB-Präsident und IOC-Vize Thomas Bach, wirbt aber gleichzeitig für die Variante, die München zu bieten hat. "Oder ist es an der Zeit, Kraft zu tanken, um sich später wieder neuen Regionen zu öffnen. Olympia lebt nicht nur von Technik, sondern von der Seele. Olympia braucht Emotionen, Atmosphäre, die Athleten die Möglichkeit gibt, das Beste aus sich herauszuholen."
Wie hat München beim Check durch die Evaluierungskommission abgeschnitten?
In der ersten Märzwoche war eine elfköpfige Expertengruppe in München zu Gast, um alle Punkte, die in den Bewerbungsunterlagen aufgeführt sind, in der Praxis zu überprüfen. Dabei ging es um die Sportstätten, die Finanzierung, den Rückhalt in Politik und Bevölkerung. Das Komitee besichtigte den Olympiapark, Garmisch-Partenkirchen und die Bobbahn am Königssee.
Der komplette Besuch war bestens organisiert, hatte aber trotzdem Charme. Beobachter berichten, dass das Komitee die ganze Zeit über bester Laune gewesen sei. Auch ein Treffen mit den Olympia-Gegnern am Dienstag tat der positiven Stimmung keinen Abbruch. In der Abschlusspressekonferenz bezeichneten die Kommissions-Mitglieder die Bewerbung als "stark".
Kein schlechtes Zeichen also für München, aber Katarina Witt, die Chefin der Bewerbungsgesellschaft, warnt vor zu viel Euphorie: "Schneiden wir hervorragend ab, dann wäre es ein weiteres Puzzlestück. Die Entscheidung wäre dann aber längst noch nicht gefallen."
Was haben die Gegner Pyeongchang und Annecy zu bieten?
Beide Standorte wurden schon vor München vom IOC inspiziert. In Annecy, dem Außenseiter, hatte es noch im letzten Jahr große Kritik vor allem an den extrem vielen unterschiedlichen Sportstätten gegeben. Am Ende der Evaluierung sprach das IOC aber von enormen Verbesserungen am Konzept. Allerdings benötigt Annecy mehr als die bisher vorgesehenen 21 Millionen Euro an Budget, um seine Pläne bis zum Juli zu verwirklichen.
Geld spielt im koreanischen Pyeongchang keine Rolle. Dort besteht das Problem zum einen in der Nähe zu Nordkorea, zum anderen aber auch in der noch lange nicht fertigen Infrastruktur und dem fehlenden Bezug der Bevölkerung zu vielen Wintersportarten. Dass die Stadien trotzdem voll sein werden, daran besteht bei der Mentalität der Asiaten jedoch kein Zweifel.
Pyeongchang wirbt damit, seine Versprechen zu halten und zudem neue Märkte in Asien für die olympische Marketing-Maschine zu öffnen. Darüber hinaus bewirbt sich die koreanische Stadt schon zum dritten Mal in Folge und setzt darauf, irgendwann einmal dran zu sein. Ein großer Konkurrent also für München.
Wie steht es um die Olympia-Finanzierung?
Pünktlich zur Ankunft der IOC-Abordnung in München konnte die Bewerbungsgesellschaft mit der Metro Group einen weiteren wichtigen Sponsor der Bewerbung vorstellen. Damit sind 29 Millionen Euro des mit 33 Millionen Euro veranschlagten Budgets bereits gedeckt.
Sollte München die Spiele bekommen, läge das Veranstaltungsbudget bei ca. 1,3 Milliarden Euro, 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro kämen für Infrastruktur, Verwaltung und Sicherheit dazu. Eine gewaltige Summe, die aber laut einer Studie des Mainzer Sportökonoms Holger Preuß zu refinanzieren ist. Deutschland könnte aus Olympia Gewinne zwischen 1,7 und 3,4 Milliarden Euro erzielen, erklärte Preuß am Mittwoch der Evaluierungskommission.
Dem Handelsblatt sagte er: "Wir verschleudern kein Geld, wenn wir die Spiele nach München holen."
Welche Prominenten engagieren sich für Olympia 2018?
Die Rückendeckung ist enorm. Allein 120 Sportler sind auf der offiziellen Homepage der Olympiabewerbung www.muenchen2018.org als Sportbotschafter aufgelistet. Darunter zahlreiche Olympiasieger und Weltmeister wie Magdalena Neuner, Maria Riesch aber auch Heiner Brand, Fabian Hambüchen oder Timo Boll.
Dazu kommt die gesamte Bundesregierung sowie der Bundestag. Die Bundeskanzlerin und zahlreiche Minister kamen extra nach München, um einen Staatsempfang für die IOC-Abordnung zu geben und die Unterstützung für die Bewerbung zu unterstreichen.
Über die Politik hinaus unterstützen alle deutschen Sportverbände die Bewerbung, darunter auch die DFL, die DEL, die HBL und die BBL. Prominente Gesichter sind dabei unter anderem Uli Hoeneß, Franz Beckenbauer und Theo Zwanziger.
Wie steht es um Olympia-Befürworter und -Gegner?
Die Wogen scheinen sich etwas geglättet zu haben. Die Olympia-Gegner haben die Chance bekommen, mit den Mitgliedern der IOC-Abordnung vor Ort zu sprechen. Zudem organisierten sie eine Anti-Olympia-Demonstration auf dem Münchner Marienplatz, zu der allerdings nur rund drei Dutzend Leute erschienen. Was bleibt, ist das Streben nach einem Bürgerbegehren gegen Olympia 2018.
Das streben nun aber auch die zahlenmäßig weit überlegenen Olympia-Befürworter an. Sie organisierten ihrerseits eine Pro-München-Demonstration in Garmisch-Partenkirchen und mobilisierten immerhin 200 Leute. Der Verein "OlympiJA" zählt bereits 1000 Mitglieder. Die Zeit der stummen Zustimmung soll vorbei sein, um die wenigen, aber lautstarken Kritiker zu übertönen. Denn immerhin 73 Prozent der Deutschen befürworten laut einer von der "dpa" in Auftrag gegebenen Umfrage die Spiele in München. Nur 15 Prozent sind dagegen.
Wie verläuft der Streit mit den Grundstücksbesitzern in Garmisch?
Passend zu den lauter werdenden Befürwortern zeichnet sich auch im Streit um die Grundstücke in Garmisch eine Lösung ab. Die Gespräche mit dem wichtigsten Eigentümer einer Fläche im Zielbereich der Kandahar-Abfahrt wurden wieder aufgenommen und verlaufen angeblich vielversprechend.
Zwar weigern sich noch andere Bauern, ihre Grundstücke zur Verfügung zu stellen, aber nur dieses eine würde nennenswerte Eingriffe in die Organisation nach sich ziehen.
Wo würden die Wettkämpfe ausgetragen?
Sollte München die Spiele bekommen, würden die Wettkämpfe auf drei große Standorte verteilt: den Olympiapark in München, Garmisch-Partenkirchen und den Königssee. Im Olympiapark fänden Eishockey, Eisschnelllauf, Eiskunstlauf, Shorttrack und Curling statt. In Garmisch direkt die alpinen Wettbewerbe, Skispringen, Snowboard und Freestyle. Im rund 20 Kilometer entfernten Nordischen Zentrum Schwaiganger Biathlon, Langlauf und Nordische Kombination. Am Königssee steht die Eisbahn für Bob, Rodeln und Skeleton.
Wie nachhaltig ist das Olympia-Konzept für die Umwelt?
München wirbt ausdrücklich mit einem Weltrekord in Sachen Nachhaltigkeit. Laut Bewerbungsunterlagen handelt es sich bei 77 Prozent der benötigten Flächen schon jetzt um durch den Sport genutzte Areale. Weitere 22 Prozent werden nur temporär genutzt und sollen danach wieder in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden können. Macht zusammen 99 Prozent nachhaltig genutzte Flächen.
Mit Hilfe von Elektro- und Hybridfahrzeugen im öffentlichen Nahverkehr strebt München sogar das ehrgeizige Ziel an, klimaneutrale Spiele zu organisieren. Das soll ein Pfund im Vergleich zur Konkurrenz werden.
Wie kann man Münchens Olympia-Bewerbung unterstützen?
Das alles reicht aber nicht ohne die Begeisterung der deutschen Fans. Genau die Begeisterung, die Deutschland bei der Fußball-WM 2006 weltweit beliebt gemacht hat.
"Alle Menschen kennen die Bilder von der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Da müssen Sie gedanklich um diese Bilder nur Schnee herumlegen, und dann hätten Sie Olympia 2018 in Deutschland", sagt Kati Witt. "Neben den technischen und fachlichen Vorzügen wollen wir vor allem mit der Atmosphäre punkten. Bei allen sportlichen Großereignissen, die in Deutschland zuletzt stattfanden, war die Stimmung einfach phantastisch. Alle Hallen oder Stadien waren voll. Das ist doch das, was wir der Welt bieten - tolle Bilder, ausverkaufte und nicht halbleere Stadien."
Wer sich selbst zu Olympia 2018 in München bekennen möchte, kann sich auf der offiziellen Internetseite www.die-freundlichen-spiele.de registrieren und so zum Supporter werden.
München 2018: Alle News und Hintergrundberichte zur Olympia-Bewerbung