Gold 2008 in Peking und 2012 in London, Bronze 2016 in Rio de Janeiro - Moritz Fürste ist eine deutsche Olympia-Legende. Im Interview mit SPOX lässt der ehemalige Hockey-Superstar wenige Tage vor Beginn der Sommerspiele in Tokio seine Olympia-Teilnahmen Revue passieren.
Fürste erzählt von einem legendären Treffen mit Ronaldinho und verrät, was es mit dem Rausschmiss aus dem deutschen Haus in Rio auf sich hatte.
Außerdem findet der 36-Jährige klare Worte und erklärt, warum die Olympischen Spiele stattfinden müssen und welches Argument gegen eine Austragung ihn auf die Palme bringt.
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Fürste beschreibt auch, warum Deutschland in Tokio jede Medaille als ein Geschenk betrachten muss und warum die Sommerspiele wieder nach Deutschland kommen sollten.
Herr Fürste, wie kritisch blicken Sie auf die Olympischen Spiele in Tokio, die am 23. Juli eröffnet werden?
Moritz Fürste: Für mich ist vor allem die Sportler-Perspektive entscheidend. Und wenn ich es aus dieser Perspektive betrachte, dann sehe ich in erster Linie ganz viele Athleten, die sich auf eine Once-in-a-Lifetime-Experience freuen. Und dieses einmalige Erlebnis wird es auch trotz der ganzen Umstände sein. Natürlich werden diejenigen, die in Rio schon dabei waren, sagen: Das ist kein Vergleich. Aber das haben wir in London auch schon über Peking gesagt. Olympische Spiele zu haben ist besser als keine Olympischen Spiele zu haben. Ganz einfach. Ich habe aber Verständnis für jede sehr individuelle Betrachtung, sei es von Sportlern, Journalisten oder Funktionären.
Martin Kaymer hat zum Beispiel abgesagt, weil Olympia unter diesen Voraussetzungen nichts für ihn ist.
Fürste: Wenn jemand wie Martin Kaymer seine Teilnahme dieses Mal absagt, dann verstehe ich das aus seiner speziellen Sicht. Er kann aber mindestens noch in Paris und sogar in L.A. dabei sein - und er hat im Golf auch andere Prioritäten. Sie werden aber keinen einzigen Hockey-Spieler finden, der nicht nach Tokio fahren will. Ich muss außerdem auch ehrlich sagen, dass ich es grundsätzlich nicht verstehe, warum bei den Olympischen Spielen jetzt die ganze Zeit das Corona-Thema diskutiert wird, während es bei der Fußball-EM aus meiner Sicht immer nur eine Randnotiz war. Dabei ist das Thema dort mit zwölf Ländern und der ganzen Reiserei viel größer. Das ärgert mich.
Heißt: Sie sehen es als unproblematisch an, die Olympischen Spiele stattfinden zu lassen?
Fürste: Ich verlasse mich in erster Linie darauf, dass die Menschen, die das zu entscheiden und zu verantworten haben, eine richtige und vernünftige Entscheidung treffen. So wie wir das seit Beginn der Pandemie ja immer machen mussten, auch wenn nicht jeder immer alles nachvollziehen konnte. Aber ja, ich bin der Meinung, dass wir uns in einem Stadium der Pandemie befinden, in dem wir Olympia oder generell Großveranstaltungen statistisch sicher und unproblematisch durchführen können. Mit der entsprechenden Impfquote, mit Quarantäneregelungen, mit Tests, mit einer Bubble - dann ist das möglich. Den einzigen Logikfehler sehe ich darin, dass auch Geimpfte getestet werden müssten, weil sie das Virus ja trotzdem in sich tragen und weitergeben können.
Fürste: "Mit diesem Gefühlsargument habe ich echt ein großes Problem"
Aber man könnte argumentieren, dass Sommerspiele auch im Jahr 2021 inmitten einer globalen Pandemie gefühlt einfach nicht das Richtige sind.
Fürste: Es tut mir leid, aber mit diesem Gefühlsargument habe ich echt ein großes Problem. In Hamburg habe ich auch eine Politikerin gehört, die meinte, dass Politik nicht dazu da ist, mutig zu sein. Darum geht es doch gar nicht. Es muss doch vor allem um Zahlen gehen. Und diese können das Gefühl entweder bestätigen oder eindeutig widerlegen. Wenn wir eine Inzidenz von 10 haben, bedeutet das, dass in einer Gruppe von 1000 Fans eventuell 0,1 Prozent das Virus haben. Eigentlich ist es statistisch ausgeschlossen. Dazu kommt, dass wir doch anfangen müssen, uns nicht so sehr über Inzidenzen, sondern über die Anzahl der schweren Verläufe zu unterhalten. Ich kann die Diskussion überhaupt nicht nachvollziehen. Die Olympischen Spiele können und müssen stattfinden. Wir reden über das größte Sportfestival der Welt, das ganz vielen Sportarten eine Bühne und Aufmerksamkeit gibt. Es ist Fakt, dass viele olympische Sportarten nur alle vier Jahre diese Plattform bekommen. Aber wenn es Olympia nicht mehr gibt, bekommen sie diese Plattform gar nicht mehr. Diese Bedeutung ist nicht zu unterschätzen für die Sportkultur in unserem Land.
imago imagesIhre ersten Olympischen Spiele haben Sie 2008 in Peking erlebt. Woran denken Sie zuerst, wenn Sie an Peking denken?
Fürste: Mir kommen sofort die Bilder in den Kopf, wie wir vom Flughafen mit dem Bus ins Olympische Dorf gefahren sind und unsere Akkreditierung abgeholt haben. Wir waren wie Touristen. Wir hatten noch Zeit bis zu unserem ersten Spiel und haben jedes einzelne Gebäude inspiziert. Ich habe vier Tage gebraucht, um die Eindrücke erstmal zu verarbeiten und irgendwie klarzukommen. Ich weiß noch, dass es ein Gaming House gab, in dem wir viel auf einen Basketball-Korb geworfen haben, wie man ihn vom Jahrmarkt kennt. Es gab auch ein Internet-Haus! Das muss man sich heute mal vorstellen.
Die glorreiche Zeit des iPhone3.
Fürste: (lacht) Genau. Auf unseren Zimmern hatten wir kein Internet. Wenn du deine Mails checken wolltest, musstest du extra in dieses Internet-Haus gehen. Sportlich erinnere ich mich natürlich an die Schlachten gegen die Niederlande im Halbfinale und gegen Spanien im Finale, aber insgesamt war Peking extrem viel für mich. Einmal sind wir zu einem Tempel gefahren, aber ich bin im Bus sitzen geblieben und habe gepennt, weil ich so fertig war.
Fürste: "Da saß nur bestelltes Publikum auf den Tribünen"
Und das Publikum war auch speziell, oder?
Fürste: Absolut. Vor allem, weil ich vier Jahre später London erleben sollte. In London war das Hockeystadion voll mit 17.000 Fans und vor allem voll mit Fach-Publikum. Wenn du da im Mittelfeld eine Seitenverlagerung gespielt hast, gab es Szenenapplaus. In Peking haben 6.000 Fans gejubelt und geschrien, wenn der Ball nach vorne durch alle durch ins Tor ging, weil fast keiner die Regeln kannte und alle dachten, das Tor würde zählen. Da saß nur bestelltes Publikum auf den Tribünen, das hast du von der ersten Sekunde an gemerkt.
2012 folgte in London die nächste Goldmedaille, Sie waren damals generell in der sportlichen Phase Ihres Lebens.
Fürste: Es ging 2011 mit dem EM-Titel los, als ich zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde. Dann hat mich ein Kreuzbandriss außer Gefecht gesetzt, ich kam aber rechtzeitig zu Olympia zurück, wir holten wieder Gold und am Ende des Jahres wurde ich zum Welthockeyspieler gekürt. Das waren verrückte 16 Monate. London habe ich generell viel bewusster erlebt. Es war auch vieles einfacher. In Peking hattest du wirklich keine Chance, dem Taxifahrer zu erklären, wo du hinwillst aufgrund der Sprachbarriere. In London sind wir auch mal mit der U-Bahn rumgefahren und abends gemütlich Essen gegangen. Wir konnten zu Fuß zum Leichtathletik-Stadion gehen und uns Wettbewerbe anschauen - London war großartig und hatte mit der Einfahrt in den Hamburger Hafen dann auch noch einen wunderschönen, völlig surrealen Abschluss. Ich habe darüber lange nicht mehr nachgedacht, aber wenn ich jetzt an die Bilder denke, bekomme ich Gänsehaut.
2016 folgte Rio, diesmal wurde es "nur" Bronze, aber es wurden vor allem die emotionalsten, weil auch die letzten Spiele, oder?
Fürste: Ja, da war ich sehr nah am Wasser gebaut. Ich hatte meine Tochter dabei, die gerade ein Jahr alt geworden war. Im Vorfeld der Spiele war es eine anstrengende Zeit und dann nahm das Turnier auch noch diesen irren Verlauf.
Wir denken an den Comeback-Sieg im Viertelfinale gegen Neuseeland mit dem Siegtreffer mit der Schlusssirene, zuvor mit einem Doppelschlag von Ihnen.
Fürste: Das war irre. Und dann kriegen wir im Halbfinale gegen Argentinien so eine Klatsche. 2:5. So hoch hatte ich bei Olympia nie verloren. Und dann retten wir aber Bronze im Shootout-Krimi gegen die Niederlande. Das war eine Achterbahnfahrt der Gefühle ohne Ende. Wissen Sie, was witzig ist?
Nein, erzählen Sie.
Fürste: Sie haben vorhin auch gesagt, nach zweimal Gold reichte es in Rio "nur" zu Bronze. Manchmal bin ich bei Events und werde eigentlich immer als "zweifacher Olympiasieger" vorgestellt. Ich denke mir dabei dann immer: "Und Bronze." (lacht) Nicht, weil ich will, dass man alle meine Erfolge aufzählt, das ist es nicht. Aber diese Bronzemedaille von Rio ist für mich im wahrsten Sinn des Wortes Gold wert. Sie bedeutet mir persönlich aufgrund der besonderen Geschichte genauso viel wie die beiden Goldmedaillen und ich finde es manchmal ein bisschen respektlos gegenüber meinen Teamkollegen von 2016, wenn diese Bronzemedaille so hinten runter fällt.
"Wann sitzt man mal neben Roger Federer bei McDonald's?"
Rio waren auch die Sommerspiele, bei denen Sie sich beschwerten, aus dem Deutschen Haus geschmissen worden zu sein.
Fürste: (lacht) Oh, nein, mein Tweet von damals.
Kurz vor 4 Uhr morgens Ortszeit twitterten Sie: "Das war ja mal GAR NICHTS. Ein Deutsches Haus, das seine Athleten rausschmeißt...Das muss uns einer erklären."
Fürste: Dabei war die Geschichte eigentlich gar nicht so aufregend oder spannend. Wir waren einfach erst um 1.30 Uhr im Deutschen Haus angekommen und wurden dann um 3.30 Uhr oder so rausgeworfen. Ich muss sagen, dass Alfons Hörmann schon mit Recht damals sagte, dass man um halb vier ja auch mal eine Party beenden kann, aber wir waren eben erst gerade zwei Stunden da gewesen. Na ja, diesen Tweet hätte ich rückblickend besser nicht verschickt, vor allem, weil ich danach mein Handy ausgeschaltet habe und erst am nächsten Tag um 17 Uhr gemerkt habe, dass die Medienwelt über mich hereingebrochen war. Ich hatte zwei Pressekonferenzen verpasst, der arme Tobi Hauke musste sich für meinen Tweet rechtfertigen, es tut mir leid. (lacht)
gettyEs war natürlich auch ein Thema, weil den Hockey-Herren ja von 2012 ein Ruf vorauseilte (Stichwort: MS Deutschland), aber dieses Kapitel wollen wir an dieser Stelle mal beerdigen. Was sind denn besondere Treffen mit anderen Sportlern, die Sie immer noch im Kopf haben?
Fürste: Da gibt es unzählige. In Rio mit jemandem wie Martin Kaymer mal eben entspannt Kaffee trinken gehen zu können, ist etwas ganz ganz Besonderes. Wann verabredet man sich einfach mal so mit einem Golf-Superstar zum Kaffee? Wann sitzt man mal neben Roger Federer bei McDonald's und unterhält sich über Gott und die Welt? Einmal saßen wir beim Frühstück mit einer amerikanischen Schwimmerin und ihrem Trainer zusammen. Als sie sich was zu essen holen ging, haben wir mit ihrem Trainer gequatscht und er erzählte, dass sie leider ein wichtiges Rennen verpasst hat. Wir hatten schon Mitleid, dann ergänzte er: Aber es ist halb so wild, sie hat schon zweimal Gold und zweimal Silber gewonnen. Da waren wir erstmal baff, aber du kannst ja auch nicht jede Athletin und jeden Athleten im Dorf kennen. Aber diese Treffen machen die Spiele natürlich aus.
Fürste: "Basketball mit Ronaldinho - als hätte ich Gott leibhaftig gesehen"
Sie haben Kaymer und Federer erwähnt, welcher Superstar ist noch heute im Kopf geblieben?
Fürste: In Peking haben wir neben Ronaldinho Basketball gespielt. Das war für mich, als hätte ich Gott leibhaftig gesehen. Ronaldinho war ja damals die ganz große Nummer und ich daddele neben ihm rum, das war Wahnsinn. Oder wir haben uns vor das französische Haus gesetzt morgens, um auf die Basketballer zu warten. Jeden Morgen haben wir im Spaß gesagt: So, wir gehen jetzt wieder mit Tony Parker frühstücken.
Diese Episoden beschreiben den Geist der Olympischen Spiele hervorragend. Auf der anderen Seite stehen die Machenschaften des IOC, auch jetzt steht ja bei der Durchführung einzig und allein der finanzielle Aspekt im Vordergrund. Sehen Sie die Gefahr, dass Olympia irgendwann kaputt gehen könnte?
Fürste: Gegenfrage: Was ist mit der FIFA? Mit der UEFA?
Natürlich genau das Gleiche, wir könnten noch viele Verbände durchgehen.
Fürste: Aber das ist doch für mich der Punkt. Bitte nicht falsch verstehen: Natürlich sehe ich vieles kritisch, zum Beispiel würde ich mir viel härtere Strafen, nämlich lebenslange, im Anti-Doping-Kampf wünschen. Ich bin aber auch Realist und weiß, dass im Anti-Doping-Kampf bereits vieles richtig gemacht wird, wir aber nie verhindern werden, dass Menschen, also auch Sportler, bereit sind, zu betrügen. Wir können - oder zumindest nur sehr schwer - auch keine Kontrollen haben für unerlaubte Mittel, die Betrüger erst noch erfinden. Da sind wir leider immer in einer reaktiven Haltung. Der Kern der Olympischen Spiele ist aber für mich ein anderer.
Wie sieht der für Sie aus?
Fürste: Der Kern ist, dass Sportler bei Olympischen Spielen etwas erleben, was sie sonst nie erleben würden. Wenn du es nicht selbst mal erlebt und gespürt hast, dann kannst du das auch nicht nachempfinden. Die Olympischen Spiele sind - trotz allem - so großartig, dass man sie erfinden müsste, wenn es sie noch nicht geben würde. Ja, es braucht eine Erneuerung, wenn ich beispielsweise an die Wettbewerbe denke, die ein Teil der Spiele sind. Die Olympischen Spiele brauchen eine Optimierung, aber generell sind sie mit ihrem Völker verbindenden Element zeitgemäßer denn je. Die Aufgabe liegt in der Veränderung, nicht darin, über eine Abschaffung nachzudenken.
Alle Initiativen, Sommerspiele wieder nach Deutschland zu bringen, sind gescheitert. Nach Paris 2024 und Los Angeles 2028 ist nun auch Brisbane 2032 schon klar. Wäre 2036 ein Ziel?
Fürste: Meiner Meinung nach auf jeden Fall. Die große Aufgabe der Zukunft heißt, Olympische Spiele klimaneutral stattfinden zu lassen. Wir erleben doch alle, wie elementar das Thema Ökologie für unser aller Zukunft ist. Wenn wir die Pandemie eines Tages hinter uns gelassen haben, wenn wir sie mindestens kontrollieren, ist es für mich sogar unsere Verantwortung, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Weil wir es als Land können. Deutschland kann der Welt zeigen, wie man klimaneutral Olympische Spiele ausrichtet, die auch infrastrukturell funktionieren. Wir dürfen nicht nur einfach zuschauen, wie die Sommerspiele in Länder wandern, die das nicht auf die Beine bekommen. Ich finde, das wäre eine schöne Aufgabe für unser Land, hier als leuchtendes Vorbild ein Zeichen in die Welt zu senden in den 2030er Jahren.
Die Frage, die sich anschließt, lautet aber auch: Wie wichtig ist uns eigentlich der Sport? In Tokio wird der Anspruch völlig natürlich wieder sein, im Medaillenspiegel abzuräumen.
Fürste: Dieser Anspruch ist aber völlig ungerechtfertigt. Wir sind bei weitem keine Top-3-Nation mehr bei Olympischen Spielen. Überspitzt formuliert: Wir müssen jede Medaille in Tokio als unglaubliches Geschenk und als Überraschung ansehen. Das ist viel näher an der Wahrheit, als jeden Tag vor dem Fernseher zu sitzen und einen Medaillenregen zu erwarten. Weil wir vom finanziellen Background her einfach nicht mithalten können mit den Top-Nationen. In welcher olympischen Sportart gehören wir vom finanziellen Setup zu den Top 3?
Außer Handball fällt mir keine ein.
Fürste: Richtig, im Handball sind wir vorne dabei, aber sonst sehe ich keine. Und wenn uns doch klar sein muss, dass es eine gewisse Parallelität zwischen finanziellem Invest und sportlichem Erfolg gibt, dann ist die sachliche Analyse eindeutig: Wir können in Tokio per se nicht mit wahnsinnig vielen Medaillen rechnen. Trotzdem wird Deutschland immer noch in ganz vielen Wettbewerben um die Medaillen mitkämpfen, aber das ist immer das Resultat einer außergewöhnlichen Leistung.
Fürste: "Wir haben Glück, dass die USA und China Hockey noch nicht entdeckt haben"
Im Hockey werden eigentlich nach wie vor wie selbstverständlich zwei Medaillen erwartet. Wie sieht es da aktuell aus?
Fürste: Wir haben im Hockey fünf Länder, die nur mit Vollprofis antreten: Niederlande, Belgien, Australien, Argentinien und Großbritannien. Kein Spieler dieser Nationen macht irgendwas anderes als Hockey.
Bedeutet, dass wir ja eigentlich um Rang sechs spielen?
Fürste: Genau, im Grunde ja. Diese fünf Nationen sind normalerweise nicht schlagbar für uns. Oder wo schlägt ein Amateur-Team sonst eine Profi-Mannschaft auf diesem Niveau? Dennoch sind wir auch in Tokio wieder in der Lage, all diese Nationen zu schlagen und eine Medaille zu gewinnen. Absolut ist das so. Aber dafür müsste man auch dem Hockey-Verband einen roten Teppich ausrollen. Es ist gar nicht hoch genug einzuschätzen, wie wir es wieder geschafft haben, eine Top-Mannschaft aufzubauen, die in Tokio auch Gold holen kann. Aber es wird gar nicht ins richtige Verhältnis gesetzt. Ich weiß jetzt schon, was geschrieben werden wird, wenn am Ende keine Medaille herausspringt. Dann wird von der großen Hockey-Krise gesprochen werden. Das ist aber absurd. Wir haben sogar noch Glück, dass die USA und China Hockey noch nicht entdeckt haben, sonst wären wir gerade noch so Top 8.
Aber wie ändern wir das?
Fürste: Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir sind bereit, unseren Anspruch herunterschrauben.
Das ist zu bezweifeln.
Fürste: Daran glaube ich auch nicht. Aber dann müssen wir etwas tun. Wir haben nach wie vor kein eigenes Sportministerium. Wir haben berechtigterweise jetzt ein Ministerium für Digitales, weil das in der heutigen Zeit unabdingbar ist und wir dem Thema dadurch die angemessene Bedeutung verleihen. Ist die Politik dazu auch im Sport bereit eines Tages? Oder beschränkt es sich doch darauf, dass man auf den sozialen Kanälen medienwirksam die deutschen Medaillen abfeiert und sich darin sonnt? So wird es auch in Tokio wieder laufen, das wissen wir doch.