Kristin Pudenz wischte sich die Tränen des Glücks aus den Augen, immer wieder schlug sie ungläubig die Hände vors Gesicht. Olympia-Silber mit dem Diskus, konnte das wirklich wahr sein? Ja! Mit dem Wurf ihres Lebens im Regenchaos von Tokio schaffte die Potsdamerin die kleine Leichtathletik-Sensation. Nach ihren ganz starken 66,86 m legte sich Pudenz die Deutschland-Fahne um die Schultern und ließ sich überglücklich feiern.
25 Jahre nach Ilke Wyludda gewann Pudenz endlich wieder eine Olympia-Medaille für Deutschland im Diskuswerfen. Nur Olympiasiegerin Valarie Allman (68,98) aus den USA war stärker. Doch Pudenz ließ überraschend den Rest der Weltelite hinter sich, Weltmeisterin Yaime Perez (65,72/Kuba) musste sich mit Bronze begnügen. Für die Kroatin Sandra Perkovic, Olympiasiegerin von London und Rio, reichte es diesmal sogar nur zu Platz vier.
"Wir Deutschen waren immer schon eine Werfernation", hatte Pudenz zuletzt gesagt - und jetzt ist auch die 28-Jährige ein Teil dieser Geschichte. Und ganz nebenbei erlöste die Polizisten das deutsche Leichtathletik-Team von einer Last: Die 1,91 m große Athletin holte in Tokio die erste Medaille für den DLV. Marike Steinacker (Leverkusen) wurde mit 62,02 m Achte, Claudine Vita (61,80/Neubrandenburg) landete auf Rang neun.
Im Regenchaos von Tokio zeigte Pudenz, die nicht zu den Favoritinnen zählte, unglaubliche Nervenstärke. Im zweiten Versuch hatte die WM-Elfte schon 65,34 m hingelegt, schon das roch nach einer Medaille. Danach setzte sintflutartiger Regen ein, reihenweise ungültige Versuche waren die Folge, ehe der Wettkampf für rund 50 Minuten unterbrochen wurde.
Als es weiterging, konnte die Konkurrenz nicht mehr zulegen. Dagegen hielt Pudenz, die in diesem Jahr mit Achillessehnenproblemen zu kämpfen hatte, die Anspannung: Im fünften Versuch traf sie den Diskus perfekt, er flog und flog, 66,86 m. Der Wurf ihres Lebens, persönliche Bestleistung, genau im richtigen Moment.