"Enttäuschungen" und Goldarmut: Team D trotz Hiltrop-Sieg mit mäßiger Halbzeitbilanz

SID
Natascha Hiltrop
© getty

Das deutsche Team hadert bei den Paralympics mit der mageren Goldausbeute. Die Halbzeitbilanz fällt trotz Gold für Natascha Hiltrop entsprechend durchwachsen aus.

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Karl Quade schwärmte von der "Sozialkompetenz" in der deutschen Mannschaft, lobte die Spiele von Paris ausführlich - doch bei den sportlichen Leistungen des Team D schlug er doch andere Töne an. "Wir haben positive Überraschungen erlebt, aber auch Enttäuschungen. Das muss man offen zugeben", sagte der Chef de Mission in seiner Halbzeitbilanz: "Wir sind in der Anzahl der Goldmedaillen hinter dem, was wir uns gewünscht haben."

Bei der Gesamtzahl der Medaillen wähne er das Team aber "auf einem guten Weg". An den ersten sechs Wettkampftagen gab es lediglich dreimal Gold. Sportschützin Natascha Hiltrop hübschte die deutsche Bilanz mit ihrem Triumph am Dienstagnachmittag im Dreistellungskampf mit dem Kleinkaliber zumindest etwas auf, außerdem gab es Bronze für Irmgard Bensusan im Sprint über 200 m. Dazu kommen fünf silberne und zehn bronzene Medaillen.

Im Medaillenspiegel liegt das Team D unter den besten 20, doch deutlich kleinere Nationen wie die Schweiz oder Usbekistan liegen noch davor. Die schon in Tokio historisch schlechte Bilanz mit 13 Gold-, zwölf Silber- und 18 Bronzemedaillen und Platz zwölf im Medaillenspiegel könnte gar nochmals unterboten werden.

Erstmals überhaupt könnte das Team D seit der Wiedervereinigung bei der Zahl der Goldmedaillen einstellig bleiben, auch in der Gesamtzahl dürften die 43 Medaillen von 2021 kaum noch erreicht werden. Eine Prognose, ob es noch zum anvisierten Platz unter den Top 10 im Medaillenspiegel und damit verbunden einer Verbesserung der Tokio-Bilanz reiche, wollte Quade noch nicht abgeben. "Es kommt alles darauf an, wie wir die nächsten Tage bestreiten."

Aus seiner Sicht halten sich sportlich positive Überraschungen und bittere Enttäuschungen "fast die Waage". Abseits der Wettkämpfe hätten sich die Sportler bei den Besuchen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier oder Außenministerin Annalena Baerbock allerdings "exzellent präsentiert", so der 69-Jährige. Er sei "stolz" auf die "Sozialkompetenz" im Team D.

Exzellent präsentierte sich auch Hiltrop. Die 32-Jährige sicherte sich ihren zweiten Paralympicstriumph nach dem Sieg in Tokio mit dem Luftgewehr liegend. Hiltrop lag im Finale der Startklasse R8 lange vorne, gab kurz vor Schluss die Führung aber aus der Hand. Erst mit dem letzten Schuss drehte sie den Spieß wieder um. Letztlich lag Hiltrop mit 456,5 Ringen lediglich 0,4 Ringe vor der Slowakin Veronika Vadovicova.

Bei ihren letzten Paralympics brachte Sprinterin Bensusan zum Höhepunkt ihre Saisonbestleistung. 26,77 Sekunden reichten in der Startklasse T64 zu Bronze und ihrer sechsten Paralympicsmedaille. Zuvor war sie in Rio und Tokio fünfmal Zweite geworden.

In der von Quade ohnehin gelobten Tischtennis-Mannschaft setzten Thomas Schmidberger und Juliane Wolf die nächsten Glanzpunkte. Schmidberger, wie Wolf Silbermedaillengewinner im Doppel, benötigte für sein 3:0 im Viertelfinale der Einzel-Startklasse MS3 über den Franzosen Florian Merrien lediglich 14 Minuten. Wenig später stieß auch Wolf nach dem 3:1 über die Ungarin Zsofia Arloy in der Klasse WS8 in die Vorschlussrunde vor.

Auch die deutschen Rollstuhlbasketballer gehören nach ihrem Einzug ins Halbfinale zu den positiven Erscheinungen in Paris. Die Mannschaft von Bundestrainer Michael Engel bezwang Angstgegner Spanien dank einer starken Defensivleistung mit 57:49 (26:19).

Es soll nur eine von vielen Medaillen in der "zweiten Halbzeit" der Paralympics werden. Auf dem Rad, im Kanu, im Schwimmen und in der Leichtathletik erhoffe man sich "wirklich noch was", so Quade. Damit ein weiteres historisch-schlechtes Abschneiden doch noch verhindert werden kann.