SPOX: Herr Hambüchen, seit einem Auftritt im ZDF-Sportstudio vor ein paar Jahren sind Sie Ehrenmitglied beim 1. FC Köln. Dabei waren Sie nie der große FC-Fan, oder?
Fabian Hambüchen: Ich muss ehrlich sagen, dass ich nie der Hardcore-Fußballfan war. Ich habe zwar immer gerne geschaut - vorrangig die Kölner, da ich in der Gegend aufgewachsen bin -, aber die Ehrenmitgliedschaft kam nur, weil ich mich im Sportstudio als FC-Fan geoutet habe. Ich wollte nur nicht Bayern sagen. Seitdem ist das Interesse aber wirklich auch gestiegen und mit der Zeit habe ich angefangen, den Verein und die Atmosphäre zu lieben.
SPOX: Haben Sie diese Saison denn ein paar Spiele im Stadion miterlebt?
Hambüchen: Ich war tatsächlich echt oft am Start - eigentlich immer, wenn ich bei den Heimspielen des FC selbst auch in Köln war. Da ging gut was ab. Und am Ende muss man sagen: Hauptsache Klassenerhalt!
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SPOX: Als aktiver Sportler war Fußball aber auch nie Ihre erste Wahl.
Hambüchen: Das stimmt. In jungen Jahren habe ich einen Kumpel zwar mal ins Vereinstraining begleitet, bin dort aber nie geblieben - auch wenn der Trainer das eigentlich wollte. Ansonsten wäre ich natürlich ein kleiner Messi geworden (lacht). Aber Spaß beiseite, ich bin nicht der große Ballkünstler. Von daher war Turnen schon die richtige Entscheidung.
SPOX: Dabei hatten Sie es in der Schule gar nicht immer so leicht. In Ihrer Autobiographie schreiben Sie unter anderem, dass Sie wegen des "Schwuchtelsports" Turnen oft nur belächelt wurden. Wenn Sie heute daran zurückdenken: Trifft das Sprichwort "Wer zuletzt lacht..." perfekt zu?
Hambüchen: Ich kann mich zum Glück nicht mehr genau erinnern, wer das alles gesagt hat, sonst müsste man mal schauen, was die Leute heutzutage machen. Solche Sprüche waren aber schon belastend: Man wurde wegen der Größe gehänselt, teilweise auch wegen des Sports. Das erleben andere Leute leider immer noch genauso. Ich habe dann aber relativ schnell die Einstellung entwickelt: "Was ich kann, könnt ihr noch lange nicht". Nur weil jemand schlecht darüber redet, ist es kein Grund, den Sport an den Nagel zu hängen oder sich davon runterziehen zu lassen.
SPOX: War das für Sie damals ein Ansporn, noch mehr zu trainieren und es allen zu beweisen?
Hambüchen: Nein, den brauchte ich nicht, ich war immer motiviert genug. Ich habe den jeweiligen Personen gesagt, was ich von ihnen halte - das war es dann aber auch. Es war nicht so, dass ich wegen diesen Leuten mit Wut in die Halle gegangen bin und es hat mich auch nicht daran gehindert, meine Leistung zu bringen.
SPOX: Das tun Sie seit diesem Jahr auch beim MTV Stuttgart. Was war der ausschlaggebende Punkt für den Wechsel? Ist Ihnen die Stadt nach dem WM-Triumph 2007 einfach heilig geworden?
Hambüchen: Stuttgart war schon immer eine Turnhochburg. Der Verein hat regelmäßig guten Nachwuchs hervorgebracht und die Stimmung bei den Wettkämpfen war immer super. Der MTV ist sicher eine der besten Anlaufstellen für den Turnsport und als amtierender Deutscher Meister ein Top-Team in der Bundesliga. So kam das Eine zum Anderen.
SPOX: Allzu oft konnten Sie sich in diesem Jahr aber noch nicht auszeichnen: Bei der Europameisterschaft in Montpellier haben Sie im April nicht teilgenommen. Dafür gelang Ihnen in Stuttgart kurz darauf ein starker Einstand am Reck. Ärgern Sie sich, dass sie mit dieser Form nicht doch bei der EM dabei waren.
Hambüchen: Nein, ich trauere der EM überhaupt nicht nach. Es war von Anfang an abgesprochen, dass ich die Europameisterschaft nicht bestreite, sondern erst mit der Bundesliga in die Saison starte. Der Grund dafür ist, dass ich mich perfekt auf Baku vorbereiten wollte. Das soll entsprechend gut laufen.
SPOX: Dort finden erstmals die European Games statt. In einigen Sportarten besteht die Möglichkeit, sich direkt für Olympia zu qualifizieren. Im Turnen ist das aber nicht so. Welchen sportlichen Stellenwert hat das Event für Sie dann überhaupt?
Hambüchen: Diese Frage zu beantworten, ist die große Schwierigkeit. Keiner weiß, was da auf uns zukommt oder kann sich in irgendeiner Art vorstellen, wie diese Spiele ablaufen. Es ist nicht so, dass wir komplett planlos sind, aber man weiß nicht, welche Ziele man sich dort setzen oder welchen Stellenwert dieser Wettbewerb haben soll. Wir wollen natürlich gut abschneiden, aber in erster Linie sind wir alle etwas ahnungslos.
SPOX: Baku 2015 stand durchaus in der Kritik, weil viele darin schlichtweg einen aufgeblasenen Wettkampfkalender sahen. Als wie sinnvoll erachten Sie es, mit diesem Kontinentalwettkampf ein zusätzliches Jahres-Highlight einzuführen?
Hambüchen: Die Idee, kontinentale Wettkämpfe auszutragen, finde ich wirklich geil. Ich habe vor zwei Jahren die Universiade miterlebt, die ähnlich wie Olympia aufgezogen ist. Die Spiele in Baku werden auch ein Riesen-Event sein. Trotzdem müssten sie mit dem internationalen Wettkampfkalender deutlich besser abgestimmt werden. Es kann nicht sein, dass es bei uns auf einmal vier Highlights im Jahr gibt. Das wurde sicher nicht ganz clever entschieden. Auf Dauer macht das in dieser Art wenig Sinn, denn im Prinzip ist es nur eine zweite Europameisterschaft.
SPOX: Vielen Randsportarten, die häufig fehlende Unterstützung und Förderung bemängeln, bringt es jedoch zusätzliche Aufmerksamkeit. Die bekam in Kienbaum zuletzt auch die neue, 8,4 Millionen Euro teure Turnhalle, die vom Bundesinnenministerium finanziert wurde. Ein klares Zeichen, dass sich in Deutschland nicht nur alles um Fußball, Handball und Basketball dreht?
Hambüchen: Ja, sicherlich. Wenn das BMI hier so eine Summe lockermacht, zeigt das, in welche Richtung es gehen soll. Für unsere Sportart ist das natürlich grandios, weil wir so auch die modernsten und besten Bedingungen haben. In Sachen Olympia-Vorbereitung ist das eine tolle Sache. Entsprechend wurde die Einweihung der Halle gebührend gefeiert. Man hat uns einen riesigen Palast hingestellt.
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