SPOX: Julius, Jonas, klärt mich auf: Sitze ich zwei Partnern oder zwei Freunden gegenüber?
Julius Brink: Partnern. Freundschaft hat in einem Bereich wie dem professionellen Beachvolleyball relativ wenig zu suchen. Wir sind schließlich hier, um größtmöglichen Erfolg zu haben. Da kann Freundschaft kein Kriterium sein, um zusammen zu spielen. Hätte ich meinen besten Kumpel gefragt, ob er mit mir spielen will, wäre ich jetzt sich nicht da, wo ich bin. Nennen wir es am besten erfolgsorientierte Partnerschaft. Damit will ich aber nicht gesagt haben, dass Jonas und ich kein freundschaftliches Verhältnis zueinander hätten.
SPOX: Wer ist denn dann der Boss auf dem Spielfeld?
Jonas Reckermann: Wir sind gleichberechtigte Partner. Je nach Tagesform ist mal der eine, mal der andere der Antreiber. Ich glaube, es zeichnet uns als Team aus, dass wir uns beide nicht verstecken und gerne Verantwortung übernehmen.
SPOX: Jonas, du beweist mit deinen Blogs und deiner Kolumne bei SPOX, dass du jemand bist, der über den Tellerrand des Beachvolleyballs hinausblickt. Bei dir, Julius, scheint es nach allem, was man von dir liest und hört, genauso zu sein. Inwieweit hilft so eine Grundintelligenz auch im Sport?
Brink: (lehnt sich im Sofa zurück) Danke erstmal. "Intelligent" - das lasse ich mal für 20 Sekunden so stehen und genieße es.
Reckermann: (lacht) Ob das jetzt etwas mit Intelligenz zu tun hat, weiß ich nicht. Man muss aber auf jeden Fall sehr gut strukturiert und organisiert sein.
Brink: Klar hat das was mit Intelligenz zu tun! (lacht)
Reckermann: In einem Sport wie unserem, in dem es in der Regel nicht diese riesigen Stäbe an Betreuern um einen herum gibt, die man zum Beispiel vom Fußball kennt, ist man für sich selbst verantwortlich. Das heißt, wir haben uns unser ganzes Umfeld selbst aufgebaut. Wir organisieren unsere Reisen, unsere Trainingslager, machen unser eigenes Management und unsere medizinische Versorgung. Könnten wir also nicht ein bisschen planen und hätten wir keine Vision, wären wir verloren.
SPOX: Brink/Reckermann als kleines Privatunternehmen?
Reckermann: Definitiv. Jeder, der aus einer besser behüteten Sportart zum Beachvolleyball kommt, müsste sich auf jeden Fall umstellen.
Brink: Im Fußball zum Beispiel herrschen ganz andere Strukturen und ich kann mir schon vorstellen, dass man da viele Dinge völlig anders angehen muss. Ich persönlich würde mich aber dabei nicht wohlfühlen, wenn mir jemand meinen kompletten Tagesablauf vorschreiben würde. Wir haben auch unsere Trainer und Hilfe beim Management, sodass wir einige Dinge delegieren können, aber wir tragen beide gerne die Verantwortung für das große Ganze. Ich bin der Meinung, es tut jedem gut, den Kopf einzuschalten und sich mit dem auseinanderzusetzen, was er tut. Dazu gehört auch, über den Tellerrand des Sports hinauszublicken.
SPOX: Welchen Bereichen außerhalb des Beachvolleyballs gilt dieser Blick noch?
Brink: (überlegt) Sport, Frauen...
SPOX: Okay, wir nehmen das mit der Grundintelligenz zurück...
Brink: (lacht) Gut, dann intelligente Frauen.
Reckermann: Wir laufen beide nicht mit Scheuklappen durch die Welt. Das ist ja das Gute an unserem Sport. Wir kommen so viel in der Welt herum, dass wir automatisch eine Menge mitkriegen, wenn wir nicht gerade die Augen davor verschließen. Es ist ein Privileg, an Orte wie Neuseeland oder Kalifornien zu kommen, wo man eine Menge Eindrücke in sich aufnehmen kann.
SPOX: Klingt nicht, als hättet Ihr Angst, nach der Beachvolleyball-Karriere in ein Loch zu fallen.
Brink: Nein. Ideen, was man in einem Leben machen kann, habe ich schon jetzt zu viele. Ich freue mich auf die Zeit nach der sportlichen Karriere, aber solange der Körper mitmacht, übe ich noch meinen Traumberuf aus. Es ist doch ein riesiges Glück, sportlich aktiv sein zu können, in dem, was man tut, zu den Besten der Welt zu gehören und damit auch noch seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wir hängen nicht täglich in irgendwelchen Hallen herum oder sitzen im Büro, sondern wir machen Jahr für Jahr eine Weltreise an die besten Locations.
SPOX: Wo könnte denn die berufliche Reise nach der Karriere hingehen?
Brink: Ich studiere Sportökonomie, da wäre es ja blöd, wenn es mich nicht in irgendeiner Form in den Sportmanagement-Bereich ziehen würde. Alle Kontakte, die ich über die Jahre geknüpft und alle Einblicke, die ich gewonnen habe, will ich später natürlich auch nutzen.
SPOX: Also bleibst du dem Beachvolleyball treu?
Brink: Gerade das würde mich nicht sonderlich reizen. Da müsste es schon eine extrem interessante Aufgabe sein. Der Sport bietet so viele spannende Facetten, dass es gerne auch mal eine andere Sportart oder ein besonderes Projekt sein kann.
SPOX: Und was wird nach der Karriere aus dir, Jonas?
Reckermann: Ich beende nach Olympia erst einmal mein Lehramtsstudium. Allerdings ist das beruflich ehrlich gesagt nicht gerade meine erste Option. Dann auch lieber wie Julius Sportmanagement. Das kann ich mir gut vorstellen.
SPOX: Wie bewerten denn die angehenden Manager die Lage im Beachvolleyball? Wo steht der Sport bei seiner fünften Olympia-Teilnahme?
Reckermann: Das Problem, dass wir als Sportart nicht ernst genommen werden, haben wir nicht mehr, seit wir olympisch sind. Es war höchstens bei der Premiere damals in Atlanta noch so, dass die Leute gesagt haben: Gehen wir zum Sport oder gehen wir zur Party? Heute sind wir anerkannte Profis und die Leute wissen zu schätzen, was wir auf dem Platz leisten.
SPOX: Und wie fällt das Urteil über das olympische Turnier hier in London aus?
Reckermann: Das Turnier ist perfekt. Die Zuschauer kommen immer in Scharen und sorgen dafür, dass die 15.000 Plätze von morgens bis abends nahezu voll sind. Und dann diese Aussicht auf einige der größten Sehenswürdigkeiten Londons. Die Organisation passt und einen super DJ haben wir auch noch. Der spielt nicht nur laute, sondern auch gute Musik. Das ist wirklich das beste Turnier, das ich je gespielt habe.
SPOX: Fehlt als Krönung nur noch die erhoffte Medaille.
Brink: Auch ohne Medaille wird es ein schönes Turnier bleiben. Aber wenn wir sie nicht gewinnen, werde ich mich sicher mit niemand anderem freuen.