Im Süden von Rio de Jeneiro, rund 30 Minuten Busfahrt vom Olympia-Park entfernt, liegt der Barra Blue Beach Point. Das Deutsche Haus ist ein nach allen Seiten offenes Strandhaus mit Wohlfühlgarantie. Kern des Gebäudes ist ein Würfel, der mit einem Strohdach überbaut ist. Große Glasfassaden sowie bodentiefe Fenster und Türanlagen sorgen für eine helle Atmosphäre auf drei Ebenen.
Der Duft von Gegrilltem zieht einem in die Nase. Es gibt frische Salate, Früchte und Getränke jeder Art, alle Geschmacksrichtungen kommen auf ihre Kosten. Überall hängen Fernseher, auf denen die Wettkämpfe der deutschen Athleten verfolgt werden. Hier tummeln sich während der Spiele täglich Sportler, Funktionäre, Wirtschaftsleute, Politiker und ein paar Journalisten. Medaillengewinne sollen ebenso gefeiert wie enttäuschende Ergebnisse verarbeitet werden.
An diesem Sonntag läuft man beispielsweise der Degen-Olympiasiegerin von Peking 2008, Britta Heidemann, über den Weg. Nach ihrem Sieg gegen Schweden schauen die Handball-Macher Dagur Sigurdsson und Bob Hanning vorbei. Der neue Turn-Held Andreas Toba humpelt unter dem Applaus der Anwesenden auf Krücken durch die Gegend. Es sind so viele Volunteers anwesend, dass es nicht für jeden wirklich etwas zu tun zu geben scheint.
"Wir haben einen Ort mit ganz viel brasilianischem Flair", schwärmt DOSB-Präsident Alfons Hörmann von der Location: "Ich bin überzeugt, dass sich unsere Sportler und auch unsere Gäste hier sehr wohlfühlen." Der DOSB wollte ein wenig von der Spießigkeit der Häuser von vergangenen Spielen loswerden. Ein gelungenes Vorhaben, wie es scheint.
Großer Ärger im Vorfeld
Dabei hatte es im Vorfeld großen Ärger um das Deutsche Haus gegeben. Es liegt nämlich mitten im Naturschutzgebiet Marapendi, einer Lagune mit viel Wald drum herum. Hier finden seltene Pflanzen- und Tierarten Schutz. Es gibt Gürteltiere, Eidechsen und Kaimane.
Nun ist es so, dass der DOSB das Haus nicht errichtet, sondern lediglich gemietet und herrichten lassen hat. Medienberichten zufolge gab es aber nie die erforderliche Umweltlizenz für den vor Jahren erfolgten Bau. "Der Vermieter hat versichert, dass alle Auflagen für Naturschutz beim Bau berücksichtigt wurden", hatte der DOSB schon vor Monaten in einer Stellungnahme erklärt.
Für den brasilianischen Biologen Marcello Mello, der die Spiele in Rio generell als "Umweltverbrechen" bezeichnet, sieht die Sache dagegen bis heute anders aus. "Ich finde, dass ist eine Frage der Ethik. Es wäre ethisch richtig von den Deutschen, eine Baukonstruktion in einem Umweltschutzgebiet, die mit Sicherheit illegal war, nicht zu nutzen", wurde er vom Deutschlandfunk zitiert.
"Das ganze Naturschutzschutzgebiet ist ökonomisch sehr wertvoll. Jede Konstruktion hier verursacht astronomische Kosten. Denn Politiker wissen, dass die Bebauung verboten ist und es sehr großer Anstrengungen bedarf, eine Ausnahmegenehmigung zu beschaffen. Also bezahlen die Konstrukteure Bestechungsgelder an Politiker, um einen Weg zu finden, die Konstruktion zu erlauben", vermutet Mello.
Sicherheit im Deutschen Haus
Ein weiteres wichtiges Thema war und ist die Sicherheit im Deutschen Haus. Die Vorkehrungen und Kontrollen sind jedenfalls deutlich strenger als beispielsweise im Hauptpressezentrum, wo es schon einmal vorkommt, dass man einfach ohne genaueren Check reingelassen wird, wenn einer der Körperscanner den Dienst verweigert.
Im Zusammenhang vom DOSB-Lager von einem Hochsicherheitstrakt zu sprechen, wäre allerdings eine deutliche Übertreibung. Schwer bewaffnetes Personal wie in vielen Teilen von Rio gibt es im Barra Blue Beach Point nicht - zumindest nicht sichtbar.
Hatten bei vergangenen Olympischen Spielen noch eigene Beamte das Deutsche Haus beschützt, blieben entsprechende Verhandlungen zwischen deutschen und brasilianischen Behörden für Rio erfolglos. Es wurden lediglich sieben Verbindungsbeamte an den Zuckerhut geschickt. Die Bewachung des Deutschen Hauses wird von einer privaten Sicherheitsfirma durchgeführt.
Der DOSB ist sich der Situation in Rio und den einhergehenden Gefahren bewusst, warnt aber gleichzeitig vor Panikmache. Klar ist: Zu viel Sicherheitsbeamte würden natürlich ein Stück weit das Flair negativ beeinflussen.
"Einladend, bunt, inspirierend"
"Wir haben ein Deutsches Haus, wie man es sich für einen Treffpunkt unserer Mannschaft und deren Gäste dort nur wünschen kann", sagte der deutsche Chef de Mission, Michael Vesper: lebendig, einladend, bunt, inspirierend - brasilianisch eben. " Zum Haus gehört auch eine Außenanlagen mit zwei Terrassen zur Lagunen-Seite, einem Pool und einer Freifläche Richtung Meer.
Das Haus wird am 20. August wieder geschlossen, ehe es für die Paralympics ab dem 8. September wieder zur Verfügung steht.
Bis dahin wird es im Haus am Beach mit dem einzigartigen Flair hoch hergehen. Hoffentlich weniger aus Frust als aus Freude, weil viele deutsche Sportler Medaillen gewonnen haben.