Der "Bonsai" genannte Kugelstoßer hat nach einer ganz starken Leistung das erste Paralympics-Gold für Deutschland in Rio de Janeiro gewonnen.
"Das ist unglaublich", sagte der kleinwüchsige Kappel danach dem SID und gab die Devise für die nächsten Tage aus: "Feiern, feiern, feiern. Und ganz viel ins Stadion gehen und die Kollegen zu Medaillen brüllen."
Mit persönlicher Bestleistung von 13,57 m schlug er den scheinbar übermächtigen polnischen Weltrekordler Bartosz Tyszkowski mit einem Zentimeter Vorsprung und verbesserte seine persönliche Bestleistung um 34 Zentimeter.
Zuvor hatte der "silberner Sister Act" nach einem Start mit Frust und Tränen für Erleichterung im deutschen Team gesorgt. Die Brussig-Schwestern Carmen und Ramona verpassten zwar die Wiederholung ihres Gold-Coups von London, sicherten dem Deutschen Behindertensportverband (DBS) aber die beiden ersten Medaillen der Paralympics in Rio gesichert.
"Schön, dass wir beide eine Medaille haben"
Die 39 Jahre alten Zwillingsschwestern aus Schwerin verloren ihre Finalkämpfe jeweils deutlich. Carmen unterlag am Donnerstagabend in der Klasse bis 48 kg der Chinesin Li Liqing (0:102). Ramona musste sich in der Klasse bis 52 kg eine Stunde später der Französin Sandrine Martinet ebenfalls deutlich geschlagen geben (0:12). Die Brussig-Schwestern hatten in London 2012 innerhalb von 20 Minuten Gold in ihren Gewichtsklassen gewonnen.
"Ich wusste, dass es schwer wird und dass der Druck nach London größer ist. Aber ich bin froh und überglücklich und genieße die Medaille", sagte Carmen Brussig. Ramona erklärte: "Das wir beide Silber holen, ist Zufall. Das war nicht abgemacht. Aber schön, dass wir beide eine Medaille haben."
Begonnen hatte der erste Wettkampftag für den DBS aber mit einer doppelten Enttäuschung. Das Sportschützen-Trio der Frauen um die 2004er-Siegerin Manuela Schmermund scheiterte komplett in der Qualifikation. Radfahrerin Denise Schindler, die mit ihrer Zeit um Bronze in der 3000-m-Einzelverfolgung gefahren wäre, wurde disqualifiziert.
"Ich habe so eine Wut", sagte die 30-Jährige völlig aufgelöst: "Das ist so hart, so bitter. Da arbeitet man vier Jahre darauf hin - und dann so was. Ich wusste, dass ich ins Finale fahren kann."
"Das war einfach scheiße"
Die Münchnerin war zu lange im Windschatten ihrer Konkurrentin Megan Giglia aus England gefahren. Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) verzichtete auf einen Einspruch. Giglia fuhr in der Qualifikation in 4:03,544 Minuten Weltrekord.
Auch bei den Schützinnen war der Frust nach der zerschlagenen Hoffnung auf einen goldenen Auftakt groß. "Das war einfach scheiße", sagte Schmermund: "Jetzt bin ich erst mal zehn Minuten stinksauer, und dann geht es weiter."
Mit drei Eisen im Feuer war der DBS in den ersten Wettkampf überhaupt der Spiele gegangen. Schmermund, die erstmals mit der Aufschrift "Beast" auf ihrer Jacke startete, hatte in jener Disziplin mit dem Luftgewehr stehend 2004 in Athen Gold und 2008 und 2012 jeweils Silber gewonnen. Doch am Ende scheiterten Schmermund (Mengshausen) als 16., Elke Seeliger (Etzhorn) als Elfte und Natascha Hiltrop (Lengers) als Zwölfte allesamt am Einzug ins Finale der besten Acht. Danach verpassten auch Nobert Gau (München) als Zwölfter und Josef Neumaier (Burghausen) als 13. das Finale der Männer.
Die Hoffnung, dass die Schützen wie bei Olympia mit dort drei Goldmedaillen gleich einen Ruck durchs Team gehen lassen, hatte sich erst mal zerschlagen. Doch diesen Druck wollten sie auch nicht auf sich nehmen. "Das haben wir schon die letzten drei Spiele getan", sagte Schmermund. Und Bundestrainer Rudi Krenn ergänzte: "Die Olympia-Schützen haben zwölf Jahre auf eine Medaille gewartet. In der Zeit haben wir bei den Paralympics immer fleißig welche geholt. Außerdem haben wir noch viele Eisen im Feuer."