"Und, wer von Euch will Zweiter werden?"

Ole Frerks
04. August 201613:35
Team USA spielte in der Vorbereitung, als könnte sie nichts und niemand aufhalten getty
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Schon lange war Team USA nicht mehr derart favorisiert wie bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro - Garantien gibt es aber bekanntlich keine. SPOX stellt die Teams vor, die Kevin Durant und Co. vielleicht doch gefährlich werden könnten.

5. Serbien

Seit der Unabhängigkeit Serbiens im Jahr 2006 wurden sowohl die Spiele von Peking und London verpasst - jetzt ist das Land erstmals "allein" dabei und kann auch gleich mit einem sehr talentierten Team aufwarten. Zwar fehlt mit Nemanja Bjelica ein Leistungsträger der letzten Jahre, aber der Kern des Teams ist intakt und kommt so langsam in die besten Jahre.

Der Backcourt aus Milos Teodosic und Bogdan Bogdanovic ist exzellent, gerade der 23-jährige Bogdanovic präsentierte sich beim Qualifikations-Turnier in Belgrad mit 17,8 Punkten, 6 Assists und 5,3 Rebounds in bestechender Form.

Teodosic ist bekanntermaßen immer zwischen Genie und Wahnsinn unterwegs, wie er auch bei der EuroBasket vergangenes Jahr zeigte. Wenn er motiviert ist, ist er aber immer noch der beste Point Guard außerhalb der NBA.

Abgerundet wird der Kader durch bewiesene Veteranen wie Nikola Kalinic, Stefan Markovic, Miroslav Raduljica und Milan Macvan. Der interessanteste Mann bei den Serben ist allerdings auch gleichzeitig der jüngste - und nach aktuellem Stand der einzige NBA-Mann im Roster.

Spieler im Fokus:Nikola Jokic. Vergangenes Jahr war er bei der EuroBasket nicht dabei, weil er sich auf seine Rookie-Saison in Denver vorbereiten wollte - doch jetzt hat der 21-jährige Center grünes Licht bekommen. Und das ist für seine Nationalmannschaft ein riesiger Gewinn.

Jokic begeisterte schon für die Nuggets in relativ geringer Rolle, im Quali-Turnier mit Serbien drehte er dann gleich mal richtig auf. 17,8 Punkte, 7,5 Rebounds und 2,8 Assists bei 76,3-prozentiger Trefferquote bewiesen seine Vielseitigkeit und Klasse - er macht sein Team eine ganze Ecke gefährlicher, auch für die ganz großen Namen. Mit Serbien ist zu rechnen.

4. Litauen

Der Vize-Europameister fliegt mal wieder ein bisschen unter dem Radar - aber das ist für Litauen ohnehin nichts Neues. Da ihnen die ganz großen Namen fehlen, werden sie kaum ernst genommen und finden dann irgendwie doch wieder einen Weg, ganz weit vorne zu landen. Das war bei der letzten EuroBasket so, aber auch in den beiden Jahren zuvor wurde man Vierter bei der WM und (ebenfalls) Zweiter bei der EM 2013.

Der Kern des Teams ist dabei im Wesentlichen gleich geblieben. In der Mitte schubst Raptors-Star Jonas Valanciunas seine Gegner durch die Gegend, mit seiner Versiertheit und Power hat er in den letzten Jahren auch schon den Amerikanern regelmäßig ein paar Sorgen bereitet.

Dazu kommen mit Mantas Kalnietis, Jonas Maciulis, Renaldas Seibutis und Kapitän Robertas Javtokas gestandene Veteranen, die seit Jahren auf hohem europäischen Niveau agiert haben und international schon viel Erfolg hatten. Javtokas, Maciulis, Paulius Jankunas, Kalnietis und Seibutis haben alle schon mindestens drei internationale Medaillen im heimischen Trophäenschrank hängen.

Zwei etwas jüngere Spieler sollen ebenfalls große Rollen einnehmen. Für Mindaugas Kuzminkas ist das nichts Neues, der frisch gebackene Knicks-Forward war schon bei den letzten beiden EuroBaskets dabei und sicherte sich mit seinem Team jeweils einen Platz auf dem Treppchen.

Noch spannender ist allerdings Domantas Sabonis. Der Big Man hat gerade erst seine College-Karriere abgeschlossen und bei den Oklahoma City Thunder unterschrieben und soll nun auch international eine größere Rolle bekommen. Er war auch 2015 im Kader, kam aber insgesamt nur 07:15 Minuten zum Einsatz - das soll nun anders werden.

Spieler im Fokus:Jonas Valanciunas. Auch wenn die Litauer durch die Bank über clevere, erfahrene und hochwertige Spieler verfügen, ist JV am Ende doch der alles entscheidende Mann. In Spanien etwa dominierte der Center mit 16 Punkten, 8,4 Rebounds und 1,4 Blocks im Schnitt.

Mindestens eine solche Produktion wird sein Team auch jetzt wieder von ihm brauchen. Es kann aber gut sein, dass auch das nicht genug wäre - den Litauern fehlt beispielsweise Donatas Motiejunas, der Valanciunas noch hätte entlasten können. Die Hoffnungen seines Teams liegen auf seinen, zugegebenermaßen sehr breiten, Schultern.

3. Frankreich

Die Franzosen haben wieder einmal einen Kader, der vor Qualität und NBA-Erfahrung nur so strotzt - so sehr, dass Coach Vincent Collet sogar Magic-Swingman Evan Fournier zuhause ließ. Das mag eine ziemlich fragwürdige Entscheidung sein, hatte aber wohl eher charakterliche Gründe. Positionell hätte Fournier freilich ein riesiges Upgrade zu Mickael Gelabale oder Charles Kahudi dargestellt.

Dennoch kann sich die Franzosen-Auswahl weiterhin sehen lassen. Rudy Gobert soll unter den Körben wüten und hat in Joffrey Lauvergne einen mehr als kompetenten Backup, Nicolas Batum und Euroleague-MVP Nando De Colo sind ohnehin über jeden Zweifel erhaben und fahren in Topform nach Rio. Bei den beiden Leadern des Teams kann man sich da derweil nicht mehr ganz so sicher sein.

Boris Diaw wirkte vergangene Saison um Jahre gealtert und gilt nicht gerade als Trainingsweltmeister - mal sehen, in welcher Form sich "The Big Croissant" in Brasilien präsentiert. Und Tony Parker bleibt zwar der mit Abstand größte Name im Team, seine miese EuroBasket 2015 wirkt allerdings noch nach. Machen die Franzosen erneut den Fehler, zwanghaft alles über LeTony laufen zu lassen?

Immerhin: Im entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Kanada zeigte Parker mal wieder all seine Klasse und führte sein Team mit 26 Punkten zum Sieg. Mit dem Finals-MVP von 2007 in solcher Form stellen die Franzosen den nominell zweitstärksten Kader im Turnier und könnten sogar den Amerikanern Probleme bereiten, zumal der langarmige Gobert eine echte Herausforderung für das eher kleine US-Team darstellen könnte. Aber kann man sich darauf verlassen?

Spieler im Fokus: Nando De Colo. Der ZSKA-Guard ist freilich nicht der größte Name im Kader Frankreichs, über die letzten beiden Jahre war er aber vermutlich der konstanteste Guard und scheint nach und nach auch etwas mehr Kontrolle von Parker zu übernehmen.

Im Qualifikationsturnier war er mit 17,3 Punkten mit Abstand Topscorer vor Parker (13,8), auch bei der EuroBasket im vergangenen Jahr war De Colo der beste Franzose. Aktuell ist er zwar glücklich in Moskau, trotzdem wird sein Name schon jetzt mit etlichen NBA-Teams in Verbindung gebracht - starke Spiele in Rio könnten eine Rückkehr noch wahrscheinlicher machen.

2. Spanien

Es mag bei den Spaniern nicht so schlimm sein wie bei Argentinien, dessen drei beste Spieler Ginobili, Scola und Nocioni zusammen 111 Jahre alt sind, aber auch die Spanier hadern ein wenig damit, dass der über Jahre überragende Kader Stück für Stück alt geworden ist.

Pau Gasol, Juan Carlos Navarro, Felipe Reyes (alle 36) oder Jose Calderon (34) können natürlich immer noch einiges, aber gerade bei Navarro ist der Name mittlerweile klangvoller als die tatsächliche Qualität. Auch Rudy Fernandez war die letzten Jahre oft verletzt und hat bei weitem nicht mehr die Athletik früherer Turniere.

Es gibt freilich auch eine deutlich jüngere Fraktion um Ricky Rubio, Sergio Llull, Nikola Mirotic, Alex Abrines und Willy Hernangomez, weshalb Spanien immer noch einen Luxus-Kader aufstellen kann, aber gerade auf den großen Positionen kam in den letzten Jahren nicht ganz so viel nach. Umso schwerer wiegt der Ausfall von Marc Gasol.

Höher als die Franzosen ist Spanien aber aus zwei Gründen dennoch einzuschätzen. Zum einen, weil Spanien als amtierender EuroBasket-Gewinner anreist und dabei ja unter anderem Frankreich im eigenen Land geschlagen hatte, wenngleich das vor allem an einem Pau im Beastmode lag. Zum anderen, weil sie nicht mit Team USA in einer Gruppe stehen.

Die Spanier teilen sich ihre Gruppe mit Argentinien, Brasilien, Litauen, Kroatien und Nigeria - schwere Aufgaben allesamt, dennoch bietet sich eine Chance. Gewinnen die Spanier ihre Gruppe, könnten sie aller Voraussicht nach erst im Finale auf Team USA treffen.

Dass es gegen die Amerikaner dann auch noch reicht, ist allerdings schwer vorstellbar. Mit Marc hätte es wie schon bei den letzten beiden Turnieren knapp werden können, aber ohne ihn fehlt den Spaniern wohl ein Stück weit die Defense. Da müssten schon diverse Spieler aus der Distanz komplett den Verstand verlieren.

Spieler im Fokus:Alex Abrines. Der Guard hat kürzlich bei den Thunder unterschrieben und ist mit Hernangomez der einzige richtige "Youngster" im Kader - Abrines wurde vor wenigen Tagen 23 Jahre alt. Er erinnert von der Athletik her stark an Fernandez in dessen jüngeren Tagen, ist aber schon jetzt ein besserer Defender, als Rudy es jemals war. Umso wichtiger könnte er für Sergio Scariolo werden.

Ob der Coach das allerdings wahrnimmt, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlicher scheint es derzeit, dass er wieder auf seine alten Recken setzt und Abrines (sowie Llull und Sergio Rodriguez) hinter den älteren Navarro und Fernandez parkt. Dann könnte Spanien allerdings schon weit vor einem eventuellen Duell mit Team USA Probleme bekommen.

1. USA

Tja, wo soll man anfangen? Angesichts der Absagen-Welle haben sich einige Teams ja schon erste Hoffnungen gemacht, schließlich könnte kein Team Ausfälle von LeBron James, Russell Westbrook, Stephen Curry, Kawhi Leonard, Chris Paul, Blake Griffin, und so weiter und so fort kompensieren, richtig?

Nun... falsch. Der Talent-Pool der Amis ist so abartig, dass auch ohne vier Fünftel des All-NBA First Teams noch genug Klasse vorhanden ist, um (in Normalform) über alles und jeden hinwegzumarschieren. Das haben spätestens die fünf Vorbereitungsspiele gezeigt, die alle ähnlich spannend waren wie ein Sideline-Interview mit jedem Coach außer Gregg Popovich.

Team USA vor Olympia: Ein Splash-Trio in Tarnfarben

Größere Stories als auf dem Feld passierten bisher abseits davon. Abgesehen von Draymond Greens Snapchat-Episode war bisher allerdings fast alles positiv, die Stimmung im Team scheint bestens und auch die "Block-Bildung" der Warriors um Kevin Durant scheint nicht im Geringsten ein Problem zu sein.

Das einzige, was Team USA tatsächlich aufhalten könnte, ist die eigene Hybris. Man kann allerdings davon ausgesehen, dass Mike Krzyzewski und sein Coaching Staff dies nicht zulassen werden. Dafür sind dann auch doch alle Anwesenden zu motiviert, siegeshungrig und professionell.

Team USA hat wettbewerbsübergreifend die letzten 68 Spiele gewonnen. Die letzte Niederlage liegt zehn volle Jahre zurück. Zehn!

Spieler im Fokus: Sie sind alle ziemlich gut.

Das Olympische Turnier im Überblick