Laufen, Springen Werfen - die Leichtathletik gehört zum Ursprung der Olympischen Spiele und hat einen besonderen Stellenwert in ihrer Historie. Klar, dass die Athleten im Olympiastadion von Rio im Fokus stehen. Aber welche deutschen Athleten können eigentlich in den Kampf um Gold eingreifen? Und wer sind die Stars der Wettbewerbe? Der SPOX-Medaillencheck.
Deutsche mit Medaillenchancen:
Diskuswurf Männer (Samstag, 13.8.): Robert Harting
DLV-Athleten tun seit Jahren alles dafür, damit ihr Ruf als Werfernation gefestigt wird - allen voran Robert Harting. Das Gesicht der deutschen Leichtathletik und amtierender Olympiasieger hatte mit einem Kreuzbandriss zu kämpfen, die fällige Norm schaffte er nach Genesung mit sehr guten 68,04 Metern bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel - vor seinem jüngeren Bruder Christoph. In der Weltjahres-Bestenliste steht der kleine Harting zwei Zentimetern vor dem großen Harting. Die Brüder belegen Platz zwei und drei hinter dem bockstarken Polen Piotr Malachowski (68,15 m), der im Juni souverän Europameister wurde. Christoph Harting wurde unglücklich Vierter, Bruder Robert verzichtete auf eine Teilnahme wegen einer Reizung im angeschlagenen Knie. In Rio will das Brüderpaar um den Sieg mitwerfen. Hält Roberts Knie, ist Gold möglich. Und sein Trikot steht erneut vor einer Zerreißprobe.
Diskuswurf Frauen (Dienstag 16.8.): Julia Fischer
Die 26-Jährige Lebensgefährtin von Robert Harting hat sich in den vergangenen Jahren auch dank intensiver Zusammenarbeit mit Mentaltrainer Markus Flemming im Kopf stetig verbessert. In London schied sie noch in der Qualifikation aus. 2016 holte sie EM-Silber. Mit 68,49 Metern steht sie auf Position drei der Weltjahresbestenliste. Die Serbin Sandra Perkovic (70,88 m) und Yaime Perez (68,86 m) sind einen Ticken stärker einzuschätzen. Aber bei Olympia kommt es zum großen Teil auch auf den Kopf an. "Play big, when it's big" also - Fischer kann das jetzt. Eine Medaille ist realistisch.
Speerwerfen Männer (Donnerstag, 18.8.) : Thomas Röhler
Der Weltjahresbeste (bärenstarke 91.28 m) zog sich bei der EM eine Rückenmuskelzerrung zu - und wurde dennoch Fünfter. Nun ist der 24-Jährige wieder fit. Bleibt das so, ist er Goldkandidat. An einem perfekten Abend könnte mit Johannes Vetter (88,23 m) sogar ein Doppelerfolg gelingen. Dazwischenfunken will jedoch der Finne Antti Ruuskanen.
Kugelstoßen Männer (Donnerstag, 18.8.) : David Storl
Seit der Sachse 2011 als erster Deutscher überhaupt WM-Gold erstoß, ist der 26-Jährige bei jedem Wettkampf Mitfavorit. Diesen Ruf bestätigte er bei den diesjährigen Europameisterschaften mit seinem dritten Titel in Serie. Weltweit haben dieses Jahr aber gleich fünf Athleten weiter gestoßen. Vor allem die Amerikaner Joe Kovacs (22.13 m) und Ryan Crouser (22,11 m) warfen 2016 stärker als der Deutsche (21,39 m). Dennoch hat der zweifache Weltmeister in der Vergangenheit die 22-Meter-Marke mehrfach geknackt . In London holte er Silber, eine Medaille ist auch in Rio das Ziel - für mehr muss alles passen.
Kugelstoßen Frauen (Freitag, 12.8.): Christina Schwanitz
In Deutschland komplett, in Europa weitesgehend konkurrenzlos steht die 30-Jährige mit gestoßenen 20,17 Metern auf Rang drei der weltweiten Bestenliste. Die Neuseeländerin Valerie Adams (20,19 m), aber vor allem die ziemlich gefährlich dreinschauende Chinesin Lijiao Gong (20,43 m) sind die ärgsten Konkurrentinnen der amtierende Europameisterin. Schwanitz ist es mit ihrer stets positiven Art zuzutrauen, ihre Grenzen am Zahltag nach oben zu verschieben. Dann kann sie um Gold stoßen. Eine Medaille ist mindestens eingeplant.
Siebenkampf Frauen, (Freiag, 12.8.): Carolin Schäfer
2015 war ein Horrorjahr für die Polizeikommissar-Anwärterin. Ihr damaliger Freund, der Volleyball-Profi Dennis Hefter kam im Frühjahr bei einem Gleisunfall ums Leben. Im Herbst startete sie trotzdem bei der WM und schied mit drei ungültigen Versuchen im Weitsprung aus. "Ich bin nach wie vor froh, dass ich in Peking gestartet bin, dass ich die Erfahrung dort gemacht habe und nicht in diesem Jahr. Das konnte ich gut abhaken. Was gibt es eine größere Motivation als Olympische Spiele und mich darauf zu konzentrieren? Ich habe mich in mein Training vertieft", sagt die 24-Jährige. Zu ihrer Trainingsgruppe gehört seit 2015 auch der extrovertierte Pascal Behrenbruch. Trainer Jürgen Sammert hat sie in die Weltspitze geführt. Bewahrt sie einen kühlen Kopf, ist eine Medaille möglich.
3000 Meter Hindernis Frauen (Samstag, 13.8.): Gesa-Felicitas Krause
Shootingstar, Europameisterin - Krause steht mit 9:18 Minuten auf Platz sieben der Weltjahres-Bestenliste. Mittelstreckendistanzen bei großen Events sind in der Regel bei Olympischen Spielen von Taktik geprägt. Gepaart mit ihrem momentanen Selbstvertrauen ist eine Bronzemedaille drin.
Speerwerfen Frauen (Mittwoch, 17.8.): Christin Hussong
Von der U23-Europameisterin zur Olympiasiegerin? Man sollte einer 22-Jährigen nicht zu viel Druck mit auf den Weg nach Brasilien geben. Aber: Zuzutrauen ist der Saarländern in Rio alles. Lediglich die Tschechien Barbora Spotakova (66.87 m) hat in diesem Jahr eine größere Weite erzielt als Hussong (66.41 m). Mit ihrem ersten Deutschen Meistertitel hat sie zudem ein deutliches Signal an die beiden erfahreneren Olympia-Starterinnen Christin Obergföll und Linda Stahl gesendet und dafür gesorgt, dass mit Kathrina Molitor eine weitere Athletin mit Spitzenformat nur vor dem TV mitfiebern darf. Bei der EM musste Hussong aber bereits in der Quali die Segel streichen. "Der Wind war echt beschissen", lautete ihr knapper Kommentar. Genug Erfahrung für eine Olympia-Medaille? Eine der drei Starterinnen wird es am Ende richten.
Hochsprung Frauen (Donnerstag, 18.8.): Marie-Lauwrence Jungfleisch
Weltjahres-Bestenliste: Zweiter Platz. Die so prestigeträchtige 2-Meter-Marke knackte sie unlängst in Eberstadt. Nachdem sie lange an ihrem Anlauf gefeilt hatte. Denn der stimmte 2016 lange Zeit nicht, so blieben auch die Höhen aus. Bei der EM reichte es zu Platz fünf. Danach verabschiedete sie sich ins Trainingslager und explodierte in Eberstadt. Favoritin auf Edelmetall will sie dennoch nicht sein. "Ich mag eher diese Überraschungen, wenn ich von hinten nach vorne springen kann", erklärt die WM-Sechste von Peking. Stimmt der Anlauf, sind zwei Meter drin - das würde sehr wahrscheinlich eine Medaille bedeuten.
Weitsprung Frauen (Mittwoch 17.8.): Sosthene Moguenara
Mit ihrer Sprungkraft hat sich Moguenara, die tschadische Wurzeln hat, in die Weltklasse vorgearbeitet. 2015 holte sie bei den Hallen-Europameisterschaften mit Silber ihre erste Medaille auf internationalem Terrain. 2016 steigerte sie sich auf 7,16 Meter und galt nach den Deutschen Meisterschaften als Hoffnung auf Edelmetall bei Olympia und der EM. Letzeres Event verpasste sie aber, weil sie sich bei einem Werbedreh Ende Mai einen Bänderriss zuzog. Vergangene Woche bestätigte die 26-Jährige auf ihrer FB-Seite, dass sie in Rio an den Start geht. Aufgrund der erlittenen Verletzung eine Wundertüte. Ist sie fit, ganz klar eine Kandidatin für das Podest.
Stars der Wettbewebe:
Usain Bolt (Jamaica), Sprint
Es ist fast schon langweilig, mit Sprint-Super-Star Usain Bolt anzufangen. Aber es wäre mindestens genauso verantwortungslos, es nicht zu tun. Der Jamaikaner überstrahlt alles. Sein Markenzeichen war in den vergangenen acht Jahren nicht weniger als die Unschlagbarkeit. Ausgerechnet vor dem Versuch nach 2008 und 2012 zum dritten Mal das Triple aus 100 Meter, 200 Meter und dem Staffelsieg zu ergattern, hatte der 29-Jährige mit Verletzungssorgen zu kämpfen. Im Frühjahr des Jahres musste er aufgrund von Knöchelproblemen vier Wochen aussetzen. Die Besuche beim bekanntesten deutschen Arzt, Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, gehören inzwischen zum festen Ablauf. Bolt verpasste sogar die jamaikanischen Trials.
Usain Bolts finaler Sprint: Der letzte Donnerschlag?
Sein Markenzeichen hat somit Risse bekommen. Die US-Boys Justin Gatlin (9.80 sec), mit 34 übrigens ältester Sprinter seines Landes bei Olympia seit 1912, und Hallen-Weltmeister Travon Bromell (9.84 sec) waren dieses Jahr schneller als Bolt mit 9.88 Sekunden. Julian Reus ist mit neuem Deutschen Rekord (10.01 sec) auf Rang 28. Bei der Dopingvergangenheit von Gatlin und Co. eine traurige Erkenntnis. Immerhin winken Reus und seinen Teamkollegen Außenseiter-Chancen in der Staffel im Kampf um Bronze - Voraussetzung dafür sind perfekte Wechsel.
Ashton Eaton (USA), Zehnkampf
9000 Punkte. Der Traum eines jeden Zehnkämpfers ist für den US-Amerikaner längst in Erfüllung gegangen. Der 28-Jährige hat den Weltrekord mittlerweile auf sagenhafte 9045 Punkte geschraubt - durchschnittliche Wurfergebnisse macht er mit überragenden Lauf- und Sprungleistungen wett. Eaton ist nicht nur der unumstrittene Star seiner Sportart. Er verkörpert auch den Zusammenhalt, den die Zehnkampffamilie ausmacht. Keine Starallüren, keine Arroganz - Eaton hat immer ein offenes Ohr für seine Konkurrenten und immer ein Lächeln im Gesicht. Der studierte Psychologe ist amtierender Olympiasieger und Weltmeister. Alles andere als eine Titelverteidigung käme einer Sensation gleich.
Mohamed Farrah (Großbritanien), 5000 und 10000 Meter
Der mittlerweile 33-Jährige war der Star seiner Heim-Spiele 2012 in London. Die Briten feierten ihren Doppel-Olympia-Sieger über 5000 und 10000 Meter. Vier Jahre später ist er über die kürzere Strecke noch immer Schnellster. Yigrem Demelash (26:51 Minuten) ist über die zehn Kilometer zwei Sekunden schneller gelaufen in 2016. Ob Farah seinen Doppelsieg wiederholen kann, ist eine der spannendsten Fragen der diesjährigen olympischen Spiele. Der ganze afrikanische Lauf-Kontinent jagt ihn.
Allyson Felix (USA), Sprint
Vier (!) Goldmedaillen sowie zweimal Silber hat die 30-Jährige bereits bei olympischen Spielen erlaufen - sie ist damit die erfolgreichste Leichtathletin aller Zeiten. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, das die für ihren eleganten Laufstil bekannte 400-Meter-Läuferin weiteres Edelmetall folgen lässt. In der Weltjahres-Bestenliste ist sie auf Platz zwei hinter Shaunae Miller, die sie gemeinsam mit Landsfrau Courtney Okolo im Kampf um Gold jagen wird. Auch in der Staffel ist Gold zudem eingeplant.
Renaud Lavillenie (Frankreich), Stabhochsprung
Wenn sich der Franzose am 14. August durch seinen Stab in die Höhe katapultiert, wird es im Olympiastadion sehr laut werden. Nur vielleicht nicht ganz so laut, wie in Donezk 2014. Damals knackte er den Uraltrekord von Sergey Bubka und übersprang 6,16 Meter und fasste sich ungläubig an den Kopf.
Laillene ist mit 1,76 Metern Körpergröße der kleinste Mann, der je über sechs Meter gesprungen ist. Die 6-Meter-Marke hat der 29-Jährige in 2016 zwar noch nicht geknackt. Doch mit übersprungenen 5,96 Metern ist er dennoch der erste Anwärter auf Gold. In London sicherte er sich seinen ersten Olympiasieg mit 5,96 Metern. Gold geht auch in Rio nur über den Franzosen.