Tor: Zwischen den Pfosten der Tschechen kann nur ein Mann stehen. Tomas Vokoun von den Florida Panthers ist die klare Nummer eins. Der 33-Jährige hat die nötige Erfahrung für ein Olympia-Turnier und spielt zudem noch eine überragende NHL-Saison. Mit sieben Shutouts führt er die Liga sogar an. Übrigens gemeinsam mit seinem kanadischen Kollegen Martin Brodeur.
Problem der Tschechen: Hinter Vokoun kommt im Tor nicht mehr viel. Nummer zwei ist Ondrej Pavelec, der in dieser Saison eher durch sein höchst peinliches Gegentor gegen die Washington Capitals aufgefallen ist als durch seine hervorragenden Stats bei den Atlanta Thrashers. An dritter Stelle steht der junge Jakub Stepanek aus Ostrau, immerhin Rookie des Jahres 2009 in der tschechischen Extraliga.
Abwehr: Tschechiens Coach Vladimir Ruzicka hat sich dafür entschieden, acht Verteidiger und zwölf Angreifer mit nach Vancouver zu nehmen. Für eine europäische Mannschaft nicht ungewöhnlich, aber für Ruzicka dennoch ein deutliches Signal an sein Team, "geistig nicht zu angriffslustig zu sein", wie er sagt.
Die Tschechen sollen auf keinen Fall Hurra-Eishockey spielen und dabei die Defense vernachlässigen. Chef der Abwehr ist Exil-Kanadier Tomas Kaberle von den Toronto Maple Leafs. Der 31-Jährige soll mit seiner Erfahrung in erster Linie die Abwehr zusammenhalten. In der NHL ist er aber auch eine Assist-Maschine. Er hat bereits 38 Torvorlagen auf dem Konto. In dieser Art soll er natürlich auch bei Olympia die Offensive füttern.
Sturm: Das Prunkstück der Tschechen, auch wenn mit Milan Hejduk (Knieverletzung) und Ales Hemsky (Schulterverletzung) zwei wichtige Spieler fehlen. Hemsky hätte eigentlich in einer Sturmreihe mit Tschechiens großem Superstar und Hoffnungsträger spielen sollen, Jaromir Jagr. Er tritt zu seinen vierten Olympischen Spielen an und ist der einzige Aktive, der beim letzten Olympiasieg 1998 dabei war. Beim großen alten Mann - er wird 38 Jahre alt - ist die Frage, ob er noch einmal ein bärenstarkes Turnier in sich hat.
Jaromir Jagr im Porträt von mySPOX-User Epidemka
Nur wenn das so ist, haben die Tschechen eine gute Medaillenchance. Neben Jagr ruhen ebenfalls große Hoffnungen auf einem weiteren Routinier, Patrik Elias. Allerdings muss sich der 33-Jährige erst einmal von einer Gehirnerschütterung erholen.
Am Rande der Ü-30-Veranstaltung der Tschechen seien aber auch noch vier etwas jüngere Hoffnungsträger erwähnt. Martin Havlat, Tomas Plekanec und Tomas Fleischmann könnten ebenso wichtige Faktoren werden wie das Jungtalent Roman Cervenka. Der spielt zwar noch bei Slavia Prag, dominiert die Scorerlisten dort aber nach Belieben.
Trainer: Vladimir Ruzicka. Kurioser Weise stand er beim Olympiasieg der Tschechen 1998 noch gemeinsam mit Jagr auf dem Eis. Nach seinem Karriereende in der NHL 2000 heuerte er zunächst bei Slavia Prag als Coach an. Später wurde er zunächst Co-Trainer der Nationalmannschaft und 2005 als Interims-Coach für den verstorbenen Ivan Hlinka Weltmeister. Erst 2008 kehrte Ruzicka an die Bande der Tschechen zurück. Er ersetzte Alois Hadamczik nach der enttäuschenden WM.
So gewinnt Tschechien Gold: Im letzten Gruppenspiel setzt es eine bittere 2:6-Klatsche gegen die Russen. Insgesamt nur Platz sechs nach der Gruppenphase! Jagr bekommt nicht viel auf die Reihe und wirkt lustlos. Doch dann die Wende im Viertelfinale gegen Schweden. Vokoun hält die Tschechen mit sagenhaften 46 Saves im Spiel, Jagr legt seinem neuen Kollegen Milan Michalek kurz vor Schluss das 2:2 auf. Im Penaltyschießen behält ausgerechnet der bislang schwache Jagr die Nerven und schießt die Tschechen ins Halbfinale.
Von da an ist der alte Mann nicht mehr zu stoppen. In den beiden verbleibenden Spielen gegen Kanada und im Finale gegen Russland macht Jagr sagenhafte 8 Scorerpunkte und stürzt erst die Gastgeber und dann den Erzrivalen aus Russland in endlose Trauer. Nach dem Turnier verkündet Jagr seine Rückkehr in die NHL zu den Pittsburgh Penguins. "Ich habe noch zwei, drei gute Jahre in mir", sagt er.