2. Gold für Riesch - aber Kanada zieht vorbei

Von Alexander Mey / Thomas Gaber
Maria Riesch fährt wie Magdalena Neuner mit zwei Goldmedaillen nach Hause
© Getty

Maria Riesch war nach der Goldmedaille in der Super-Kombi auch im Slalom nicht zu schlagen. Trotzdem zieht Kanada im Medaillenspiegel an Deutschland vorbei. Die Eishockey-Götter des Gastgebers machten sich das Leben gegen die Slowakei verdammt schwer. Snowboarderin Amelie Kober blieb ohne Medaille, ist aber dennoch glücklichste Teilnehmerin der gesamten Spiele. Alles rund um den 15. Tag in Vancouver.

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Maria Riesch konnte sich gar nicht mehr retten vor lauter Liebkosungen. Trainer, Freunde, Verwandte warfen sich der Gold-Marie um den Hals, drückten und knutschten die Doppel-Olympiasiegerin. Während Maria vor lauter Glück in Tränen ausbrach, war ihre Schwester Susanne nur noch ein Häufchen Elend. Sie lag nach dem ersten Lauf auf Platz vier und schied aus. Diesmal drückte Maria kräftig und tröstete ihre eigentlich untröstliche Schwester.

Gefeiert werden wird im Hause Riesch aber auf jeden Fall. "Heute dürfen wir schon ein bisschen die Sau raus lassen. Wir haben drei Goldmedaillen gewonnen und am Samstag ist auch noch der Felix dran", frohlockte Maria Riesch. Der Felix heißt mit Nachnamen Neureuther und soll das erste deutsche Männer-Ski-alpin-Gold seit Wasis Doppelschlag anno 1994 holen.

Einen Doppelschlag ganz anderer Art vollbrachte Andreas Birnbacher. Der zweite Läufer der deutschen Biathlon-Staffel verbockte das Stehend-Schießen und musste doppelt in die Strafrunde. Der arme Kerl bekam die Nähmaschine (Schlotter-Knie oder Wackel-Füße) und die Schüsse flogen völlig unkontrolliert weit am Ziel vorbei. Die Medaillenchance war futsch, ein bärenstarker Michael Greis holte immerhin noch den fünften Platz heraus.

Eine Biathlon-Medaille wäre wichtig gewesen im Kampf um Platz eins im Medaillenspiegel. Kanada hat durch Shorttrack-Siege eine Goldmedaille mehr auf dem Konto als Deutschland und an den letzten beiden Tagen der Spiele mehr realistische Chancen (Eishockey, Curling, Eisschnelllauf) auf weitere Olympiasiege als die deutschen Athleten.

Die Entscheidungen des Tages:

WettbwerbMeldung
Ski alpin, Slalom der DamenMarie Riesch zum Zweiten
Biathlon, Staffel der HerrenEndlich Gold für Ole-Einar
Snowboard, Parallelslalom der DamenDeutsches Debakel
Curling, Finale der DamenKanada verschenkt Gold
Shorttrack, 500 m der HerrenApolo Ohno disqualifiziert
Shorttrack, 1000 m der DamenKein Kraut gegen China
Shorttrack, 5000 m-Staffel der HerrenKanada nicht zu schlagen

 

Was sonst noch wichtig war:

Eishockey: Das Traumfinale ist perfekt. In der letzten Entscheidung stehen sich am Sonntag um 21.15 Uhr (MEZ) Kanada und die USA gegenüber. Die Gastgeber hielten Favoritenkiller Slowakei 50 Minuten lang im Schwitzkasten. Sid Crosby & Co. waren klar überlegen, ohne groß Rabatz zu machen. 3:0-Führung gegen biedere Slowaken, die im Angriff an Harmlosigkeit nicht zu überbieten waren. Erst beim Stand von 0:3 hielten sie sich vermehrt in der Nähe von Kanada-Goalie Luongo auf - und legten ein sensationelles Finish hin. Neun Mal schossen Marian Hossa und Kollegen in den ersten beiden Dritteln aufs Tor, in den letzten zehn Minuten zehn Mal. 1:3 (51:13), 2:3 (55:07). Und was wäre wohl passiert, hätte Pavol Demitra die Scheibe Sekunden vor der Schlusssirene nicht am leeren Tor vorbeigeschlenzt. Die USA machten mit den Finnen kurzen Prozess. 6:0 nach 12:46 Minuten. Unser Mann des Tages war auch dabei.

Eisschnelllauf: Was wurde nicht alles geschwätzt im Vorfeld. Friesinger-Postma außer Form. Das deutsche Team-Trio nicht aufeinander abgestimmt. Schwache Trainingsleistungen. Die Realität sieht glücklicherweise ganz anders aus. Der Deutschland-Express mit Anni Friesinger-Postma, Stephanie Beckert und Daniela Anschütz-Thoms steht im Halbfinale des Team-Wettbewerbs und machte im Viertelfinale mal eben die favorisierten Niederländerinnen weg. Am Samstag geht's um Gold, Silber und Bronze. Es ist auch die letzte Chance auf Gold für die deutschen Kuvenflitzer. Zuletzt fuhren die Deutschen 1976 ohne Olympiasieg im Eisschnelllauf nach Hause. Bei den Herren scheiterte Topfavorit Niederlande im Halbfinale an den USA.

Bob: Farce, Schande, Komödienstadl. Auch im letzten Wettbewerb im Eiskanal des Whistler Sliding Centers flogen die Schlitten reihenweise durch die Gegend. In der Vierer-Bob-Konkurrenz kippten allein im ersten Lauf fünf Bobs in der berühmt-berüchtigten Kurve 13 um, darunter Mitfavorit Alexander Subkow. Auch der beste Pilot der Welt, Andre Lange, wäre im letzten Rennen seiner Karriere beinahe gestürzt. Lange hatte Glück und liegt nach zwei von vier Läufen auf Rang drei hinter USA 1 und Kanada 1. Deutschland 2 mit Thomas Florschütz und Deutschland 3 mit Karl Angerer belegen die Plätze fünf und sieben.

Frau des Tages: Amelie Kober

In Turin vor vier Jahren gewann die hübsche Lady Silber im Snowbaord-Riesenslalom. In Vancouver wollte Kober Gold holen. Die 22-Jährige plumpste sich bis ins Viertelfinale, stürzte erneut und schied aus. Nach einem weiteren Faller im ersten Platzierungslauf hatte Kober die Schnauze voll und verzichtete auf den zweiten Lauf. Am Ende Platz 8 - so what? Kober ist glücklicher als Olympiasiegerin Nicolien Sauerbreij: sie wird Mama! Da wird doch nicht jemand im olympischen Dorf... Klar ist, dass Kober plant, ihre Karriere nach einem Mutterschaftsurlaub fortzusetzen, aber um den Vater gibt es ein großes Rätsel. Irgendwas mit Eishockey soll er wohl aber zu tun haben...

Mann des Tages: Miikka Kiprusoff

Er ist einer der besten Goalies der Welt, aber an diesem Tag hätte er sich gewünscht, dass er irgendeinen anderen Beruf ergriffen hätte. Miikka Kiprusoff hatte bis zum Halbfinale nur vier Tore zugelassen, seine Fangquote war die beste aller Torhüter. Doch dann nahm der Albtraum seinen Lauf. Schon nach zwei Minuten schenkte Kiprusoff den US-Boys mit einem haarsträubenden Fehlpass die Führung, nach zehn Minuten und acht Sekunden war sein Arbeitstag beendet. Er hatte mehr Tore gefangen als Saves auf seinem Konto. Kiprusoff hatte vor dem Turnier die Nummer-eins-Rolle gefordert - sonst würde er gar nicht kommen, hatte er gesagt. Nach dem Halbfinale hätte sich ganz Finnland gewünscht, er wäre nie gekommen. Oder er hätte für Russland gespielt, schließlich hat Kiprusoff russische Vorfahren. Als Kipper aus dem Tor war, lief es mit Niklas Bäckström aber auch nicht besser. Nach 13 Minuten lautete der Score: Finnland 0 - USA 6. Erst versagte der "halbe Russe", dann der "halbe Schwede". Vielleicht wäre es besser gelaufen, wenn Finnland mit Antero Niittymäki einen echten Finnen ins Tor gestellt hätte.

Sprüche des Tages:

"Seid's ihr jetzt mit Garmisch verkabelt?" (Mama Riesch zu einem "ARD"-Reporter nach dem Gold-Run ihrer Tochter)

"Es wird zur Farce. Man müsste das Rennen abbrechen. Dann gibt es halt keinen Olympiasieger im Viererbob." (Damen-Bob-Bundestrainer Wolfgang Hoppe nach den vielen Stürzen bei den Herren)

"Das wird sich schon noch früh genug klären." (Die schwangere Snowboarderin Amelie Kober auf die Frage, wer der Vater ihres Kindes sei)

"Ich habe geschrien 'Steffi, mach los!', aber sie hat verstanden 'Steffi, mach langsamer!' - da habe ich sie einfach weiter angeschrien." (Daniela Anschütz-Thoms zu den Kommunikationsproblemen mit der vor ihr laufenden Stephanie Beckert im Team-Viertelfinale gegen die Niederlande)

Zahlen des Tages:

35,71 Sekunden war Marjan Kalhor im Damen-Slalom langsamer als Olympiasiegerin Maria Riesch. Die Lady aus dem Iran wurde 55. und Letzte. Kalhor kam aber wenigstens ins Ziel, im Gegensatz zu Lindsay Vonn, Anja Pärson oder Susanne Riesch. Im Riesenslalom wurde Kalhor, die sonst nur auf Gras Ski fährt, mit 21,75 Sekunden Rückstand auf Vicky Rebensburg ebenfalls Letzte. Aber sie kam ins Ziel, im Gegensatz zu Lindsay Vonn.

44 Medaillen hat Ole-Einer Björndalen bei Großereignissen gewonnen. 33 Mal gab's Edelmetall bei Weltmeisterschaften, Gold in der Biathlon-Staffel war Björndalens elfte Medaille bei Olympia. Mit sechs Mal Gold, vier Mal Silber und ein Mal Bronze ist der 34-Jährige zweitbester Olympionike hinter seinem norwegischen Landsmann Björn Dählie.

11 von 16 Schüsse bolzte Edgars Piksons als Startläufer der Letten ins Nirgendwo. Nach fünf Strafrunden übergab Piksons mit schlanken sechs Minuten Rückstand auf die Spitze an Altstar Ilmars Bricis. Am Ende lagen die Letten sagenhafte 14 Minuten hinter Olympiasieger Norwegen. Da wär's auch mit nur drei Läufern schwierig gewesen, aufs Podium zu laufen.

1439 (Anzahl der Tage zwischen der Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele in Vancouver und der Eröffnung der Spiele 2014 in Sotschi)

Der komplette Medaillenspiegel