Im Januar stand für Manchester United neben zahlreichen Ligaspielen auch der FA-Cup auf dem Plan, in dem gegen unterklassige Teams auch viele Ergänzungsspieler eingesetzt werden. Herrera erzielte mit Toren gegen Yeovil Town und Preston North End zwei Mal das wichtige erste Tor gegen Teams, die im direkten Duell mit dem Rekordmeister gar nicht so unterklassig wirkten.
Der Spanier feierte schließlich beim 3:1 Erfolg gegen Burnley seinen ersten Einsatz von Beginn an seit Anfang Dezember. Louis Van Gaal änderte abermals das System. Herrera profitierte von dem Wechsel zum 4-2-3-1 und etablierte sich neben Michael Carrick auf der Doppel-Sechs oder in der etwas vorgezogenen Position als "Achter".
Von da an startete Herrera in jeder Partie und United eine Siegesserie, die am Ende der Saison in einem Champions League Platz resultierte. Carrick und Herrera gaben den Red Devils eine lange nicht mehr da gewesene Stabilität im Mittelfeld, wobei der Baske dabei auch noch Torgefahr ausstrahlte und beispielsweise beim Sieg (3:1) gegen Aston Villa eine Doppelpack erzielte. Insgesamt kam Herrera in seinem ersten Jahr in England auf 31 Pflichtspieleinsätze in denen er acht Tore erzielte und sechs Vorlagen gab.
Kein Kind von Traurigkeit
Doch welche Attribute haben Van Gaal von dem Basken überzeugt? Der größte Grund dürfte in der Passgenauigkeit und dem Aktionsradius von Herrera liegen. So brachte Herrera in der vergangenen Saison 89 Prozent seiner Pässe an den Mann. Herrera fungiert oftmals als erste Anspielstation für den ballführenden Spieler aus der Viererkette, wo er meist als Zwischenstation den Ball schnell weiterleitet.
Dies beherrscht Herrera auch exzellent mit einem langen Ball, was seine am häufigsten verwendete Variante ist und vor allem bei schnellen Seitenwechseln eine seiner Stärken ist. Seine ausgezeichnete Technik und seine Beweglichkeit erlauben ihm den Ball auch in sehr engen Situationen zu behaupten.
Weiterhin hat Herrera in den letzten Jahren einen ausgeprägten Sinn für das gegnerische Tor entwickelt. Auch die englische Härte macht Herrera nicht zu schaffen. So flog er in 157 Spielen in La Liga vier Mal mit einer glatten roten Karte vom Platz. Dennoch ist Herrera als versierter Tackler zu sehen, bei dem 63 Prozent seiner Tacklings in der letzten Spielzeit erfolgreich waren. So reizte Herrera in der abgelaufenen Saison mit einem harten, aber fairen Einsteigen den gerade eingewechselten Steve Gerrard im Derby gegen Liverpool so sehr, dass sich dieser zu einem Tritt hinreißen ließ und vom Platz gestellt wurde.
Auch durch diese Aktion genießt Herrera mittlerweile beim Anhang einen ausgezeichneten Status. Viele dieser Attribute vereinigte ebenso der legendäre Paul Scholes auf sich, weshalb bereits viele in Herrera dessen legitimen Nachfolger sehen. Privat beschäftigt sich der ehemalige Journalismus-Student am liebsten mit Büchern und Photographie, wobei er nach eigenen Angaben auch einen großen Fundus an Fußballwissen hat. Deshalb nimmt man dem sympathischen Basken auch ab, dass es für ihn sehr viel bedeutet bei Manchester United spielen zu dürfen.
Der weitere Weg?
...könnte in nächster Zeit wieder etwas steiniger werden. Es ist stark davon auszugehen, dass Manchester United in diesem Transferfenster wieder die Muskeln spielen lässt und gerade in der Mittelfeld-Zentrale soll nachgebessert werden. Jedoch hat Herrera von allen vorhandenen Mittelfeldspielern die überzeugendste Runde gespielt.
Michael Carrick ist immer noch ein hervorragender Spieler, allerdings ist er (auch altersbedingt) sehr verletzungsanfällig geworden und Daley Blind überzeugte eher als Linksverteidiger. Darüber hinaus kann Herrera wegen seinen defensiven und offensiven Qualitäten in mehreren Mittelfeldvarianten verwendet werden.
Der wohl größte Pluspunkt ist jedoch die Tatsache, dass man bei ihm eine enorme Entwicklung in seinem Spiel über das gesamte erste Jahr feststellen konnte. Herrera selbst gab zu, dass Van Gaal ihn wegen seinem zu aggressiven Hinterherjagen von verlorenen Bällen im vergangenen Spätjahr auf der Bank schmoren ließ. Van Gaal begründete die Nichtberücksichtigungen damals wegen taktischer Gründe, verwendete allerdings auffällig oft das Wort "Stabilität" in seinen Erklärungen.
Das Steigerungspotential ist da
In der Rückrunde konnte er sich gerade deshalb neben Carrick etablieren, weil er dem Team im Mittelfeld Stabilität gab und vieles deutet daraufhin, dass Herrera noch weiteres Steigerungspotential besitzt. Dies muss auch nicht notwendig von einem möglichen Schweinsteiger-Transfer ausgebremst werden, das baskische Energiebündel könnte sogar eher von einem solch erfahrenen Spieler profitieren.
Allein wegen der im nächsten Jahr wieder eintretenden Mehrfachbelastung für Manchester United ist davon auszugehen, dass Ander Herrera weiterhin auf seine Einsätze kommen wird. Dann könnte es vielleicht auch endlich etwas mit dem ersten Einsatz für die Seleccion werden, denn auch dort fliegt Herrera bisher noch wie bereits erwähnt: unter dem Radar.
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Ander Herrera im Steckbrief