We have a beschissene Saison gespielt

Von Marc Hauser
Heiko Westermann wechselte in diesem Sommer zu Betis Sevilla
© getty

Das Warten hat endlich ein Ende: Die Bundesliga kehrt aus der Sommerpause zurück und damit auch der etwas andere Wochenrückblick. Wie jedes Jahr blicken die Fans aller Teams gespannt auf die neue Saison. Welche Neuzugänge werden Volltreffer und welche Flops? Wie werden sich die Aufsteiger schlagen? Wann wird Michael Frontzeck entlassen?

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1. Time to say goodbye: Doch so ein Saisonstart ist auch immer etwas sehr trauriges, weil einige Spieler ab diesem Moment nicht mehr zur großen Familie Bundesliga gehören. Mit Bastian Schweinsteiger verlässt einer der größten deutschen Mittelfeldspieler aller Zeiten Deutschland in Richtung Louis van Gaal. Sebastian Polter setzt in Zukunft in der englischen zweiten Liga neue Frisur-Trends. Marcell Jansen liebt den Fußballsport viel zu sehr, um zu Bayer Leverkusen zu wechseln und beendet deshalb seine Karriere. Und, vor allem für den Wochenrückblick, ganz bestimmt der größte Verlust: Heiko Westermann alias Bestermann alias #HW4Fußballgott kehrt nach über zehn Jahren Treue der Bundesliga den Rücken und verbreitet in Zukunft in Spanien Angst und Schrecken bei den gegnerischen und eigenen Torhütern. Aus Respekt vor dessen großartiger Verdienste im Hamburger Trikot spielten die HSV-Verteidiger beim Saisoneröffnungsspiel gegen die Bayern als hätten sie einen schweren Rucksack auf und ließen sich gleich mal wieder fünf Buden von den Bayern einschenken, um an die glorreiche Vergangenheit zu erinnern, als sich #HW4 noch in ihren Reihen befand. Aber dazu später mehr.

2. We have a beschissene Saison gespielt: Kaum in Sevilla angekommen, hat sich Westermann auch in Spanien direkt zu einer unsterblichen Legende gemacht. Für den klubinternen TV-Sender von Betis hat HW4 ein Willkommensinterview auf Englisch gegeben, neben dem selbst Lothar Matthäus wie ein preisgekrönter Oxford-Student wirkt. In diesem Interview sprach Westermann von "many experience", die er bereits gesammelt hat, zum Beispiel durch seine "money games with the national team". Es hat eigentlich nur noch gefehlt, dass Westermann seine Vergangenheit beim HSV mit "We have a beschissene Saison gespielt" zusammengefasst hätte. Auch bei den Kollegen von "FailArmy" dürfte Westermann bereits jetzt der neue Liebling sein, da seine Auftritte gegen Lionel Messi, Patrick Ebert und Cristiano Ronaldo in Zukunft frei empfangbar auf laola1tv zu sehen sein werden. Richtig ins Herz getroffen hat mich dann allerdings noch eine nachträgliche Aussage von Westermann zu seinem Wechsel. Für ihn sei es nämlich Priorität Nummer Eins gewesen, die Bundesliga zu verlassen. Völlig unverständlich bei all der Liebe und der sachlichen Berichterstattung, die ihm Woche für Woche hier entgegengebracht wurden. Für diese Aussage gibt es wahrscheinlich nur eine Erklärung: Es gibt Menschen, die die Welt brennen sehen wollen. Lieber HW4, trotz alledem kannst du dir sicher sein: Der Platz in der Wochenrückblick-Ruhmeshalle direkt neben Tim Wiese (sofern dort aus geographischen Gründen noch Platz vorhanden ist, Anm.d.Red.) ist für dich reserviert. Nur für dich.

3. Die obligatorische Allianz-Arena-Watschn: Auch Westermanns frühere Kollegen vom HSV haben mal wieder einen Saisonstart hingelegt, wie er nicht besser in den Büchern stehen könnte. Während man es im Pokal noch geschafft hatte, die Niederlage gegen Carl Zeiss Jena auf ein erträgliches 2:3 zu reduzieren, nach dem ein Großteil der HSV-Anhänger schon wieder vom Europapokal träumten, gab es in München am ersten Spieltag dann gleich mal wieder die obligatorische Allianz-Arena-Watschn. In der Defensive zeigte sich vor allem Matthias Ostrzolek gegen Douglas Costa so hilflos wie Kevin Großkreutz beim Versuch, eine Differenzialgleichung zweiten Grades zu lösen. Und das nachdem sich sein Außenverteidiger-Konkurrent Gotoku Sakai mit seiner Leistung in Jena gerade erst selbst aus der Startelf verdrängt hatte. In der Offensive war auch mal wieder weniger Verkehr als auf dem Berliner Flughafen. Hoffnungsträger Sven Schipplock war mehr damit beschäftigt, Arturo Vidal und Jerome Boateng zu erzählen, was er verdient , als Torgefährlichkeit auszustrahlen. Und wenn der Hoffnungsträger in der Offensive schon Sven Schipplock heißt, sagt das eigentlich auch schon mehr als genug über die restliche Offensivabteilung aus.

4. Doch der HSV wäre nicht der HSV, wenn sich nicht nur die Mannschaft auf dem Rasen in einem katastrophaleren Zustand befände als eben dieser in der Allianz Arena vergangenen Freitag, sondern auch die Vereinsführung in mehr Fettnäpfchen tappt als Mister Bean zu seinen Glanzzeiten. So wurde zum Beispiel in der Woche nach dem Pokalspiel der Rucksack von Peter Knäbel in einem Hamburger Park gefunden. Inhalt: Die Verträge der Spieler, die die ehrliche Finderin natürlich direkt erst mal an die Bild-Zeitung verkauft hat. Und auch die Marketing-Abteilung des Bundesligadinos hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Auf einem T-Shirt aus dem Fanshop war nämlich eine sehr schöne Choreografie zu sehen. Das Problem bei der ganzen Sache: Es war eine Choreografie von Hertha BSC. Rechtfertigung des dafür zuständigen Mitarbeiters: Er habe keine Choreografie mit jubelnden HSV-Fans gefunden. Muss man ihm wohl durchgehen lassen.

5. Geis ist geil: Für viel Aufregung sorgte der Wechsel von Franco di Santo zum FC Schalke 04. di Santo wurde nämlich in den Wochen vor seinem Abgang nicht müde zu betonen, seinen Verein Werder Bremen zu lieben und gerne bleiben zu wollen- nur um dann einige Zeit später beim FC Schalke zu unterschreiben. Sein Liebesbekenntnis war also wohl nur so aussagekräftig wie das von 12-jährigen Kiddies, die sich gegenseitig auf Facebook die Pinnwand mit Herzchen zukleistern. Und da ja der Bundesliga-Spielplan bekanntermaßen ein Arschloch ist, kam es natürlich direkt am 1.Spieltag zum Aufeinandertreffen von di Santo und seiner Ex. Um ihn vor Beleidigungen und fliegenden Feuerzeugen zu schützen, wurde seine Verabschiedung kurzerhand in das Stadioninnere verlegt. Die Stimmung zwischen Werder-Manager Eichin und di Santo war dabei so eisig, dass man Stickstoff zum Schmelzen bringen konnte. Immerhin konnte Eichin letzte Woche mit Aron Johansson einen adäquaten Nachfolger für di Santo verpflichten. Zuvor seinen ihm "60-70 Stürmer" angeboten worden, so Eichin. Darunter wahrscheinlich auch Spieler aus der Kreisliga, dem Südsudan oder Sandro Wagner. Irgendwann am Samstag wurde dann auch in Bremen endlich Fußball gespielt. Werder zeigte dabei die altbekannten Defensivschwächen, während sich Schalke schon in beeindruckender Frühform präsentierte, getreu dem Motto: Geis ist geil (Danke an fussballmachtspass.de). Das Zitat des Tages kam nach dem Spiel von Angreifer Klaas-Jan Huntelaar mit seinem Lob für Joel Matip: "Joel kommt gut nach vorne und spielt Choupo-Moting sehr gut an. Das hat ja auch beim ersten Tor schon funktioniert, als er den Gebre Selassie frei gesehen hat." Beim Torabschluss des Tschechen vor dem 1:0 stellt sich tatsächlich die Frage, ob Bremen die Stürmersuche nicht auch intern hätte lösen können...

6. Ein Abendessen mit Mo: Borussia Dortmund hat einen absoluten Traumstart in die neue Spielzeit hingelegt. Im Borussen-Duell ließ das Team von Neu-Kloppo Thomas Tuchel der Fohlen-Elf von Lucien Favre so wenig Chancen, dass sich der Kühlschrank von Mats Hummels kurzerhand selbst verschrottet hat. Für die größte Aufregung im Dortmunder Lager sorgte vor einiger Zeit ein Interview von Ciro Immobile, der in der Disziplin Nachtreten wohl einen Crashkurs bei Neu-Uerdingen-Star Mohamadou Idrissou belegt hat. Immobile beschwerte sich nämlich erneut darüber, nie von einem Mitspieler zum Essen eingeladen worden zu sein, sich nie richtig heimisch gefühlt zu haben und dass Deutsch sowieso eine unmögliche und nicht zu erlernende Sprache sei. Bei so einer Mimosen-Einstellungen ist es eigentlich fast schade, dass Moritz Leitner erst diesen Sommer nach Dortmund zurückkehrt. Die beiden hätten sich bestimmt gut verstanden und beim gemütlichen Beisammensein im Biergarten eines italienischen Edel-Restaurants bei Pizza Margherita und Ginger Ale über die viel zu harten Plätze und viel zu kalten Temperaturen in Deutschland parliert. Die Krone setzte Immobile seinem Interview allerdings mit der Aussage auf, er habe die Bundesliga anspruchsvoller erwartet. Das erklärt natürlich, warum er die Liga letzte Saison regelrecht zu Kleinholz geschossen hat und sich jetzt in ein Land verabschiedet, bei dem selbst Christian Lell einmal Leistungsträger bei seinem Club war.

7. Was sonst geschah: Kevin Kuranyi ist zurück in der Bundesliga. Momentan sein größtes Problem: Sein Wunschautokennzeichen "S-KK-22" ist bereits vergeben. Weshalb sich der Kevin jetzt etwas ganz Schlaues einfallen lassen hat: Wer ihm das Kennzeichen besorgt, erhält eine Freikarte für ein Hoffenheim-Spiel. Kann dem mal jemand sagen, dass man bei so einer Suche eigentlich eine Belohnung aufsetzt? +++ Darmstadt 98 ist wohl der größte Außenseiter in der Geschichte der Bundesliga. Und als wär ihnen die Rolle als Underdog nicht schon groß genug, haben sie jetzt auch noch Sandro Wagner verpflichtet. Bei ihm galt wie bei den meisten Neuzugängen und vor allem dem neuen Rechtsverteidiger das Motto: Costa fast Garics! Den ersten Punkt haben sie unter dem Motto "Heller ist schneller" auf jeden Fall schon mal geholt. Aber wenn nicht gegen Hannover- gegen wen dann? +++ Eine überraschende Vertragsverlängerung gelang dem VfB Stuttgart: Mittelfeld-Star Alexandru Maxim signierte nämlich ein neues Arbeitspapier bis 2019. Gerüchten zufolge soll er vor seiner Verlängerung kurz vor einem Wechsel zum HSV gestanden haben. Peter Knäbel hatte den unterschriftsreifen Kontrakt bereits aufgesetzt und an einem sicheren Ort verstaut, doch dann sagte der HSV Maxim unter mysteriösen Umständen plötzlich ab. +++ Der Preis für die größte Transfer-Rendite geht dieses Jahr ohne Zweifel an den FC Augsburg, die ihren Linksverteidiger Abdul Baba Rahman vor einem Jahr für 2,5 Mio.€ aus Fürth holten und jetzt für das Zehnfache nach England verkauften. Wie sehr der Abgang den Augsburgern schmerzt, machte Trainer Weinzierl am Samstag im Interview mit der ARD klar. "Wie groß ist der Verlust durch den Baba-Wechsel?". Antwort: "Groß". Wenn der junge Afrikaner mit seiner Entwicklung so weitermacht, gilt wohl auch bald in England: Chabos wissen, wer der Baba ist.

8. Dass Rafael Benitez und Jose Mourinho in ihrem Leben wohl nicht mehr die allergrößten Freunde werden, dürfte wohl allen klar sein. Doch nun wurde die kleine Privat-Fehde der beiden auf ein neues Level gehoben. Benitez' Frau sagte nämlich in einem Interview, dass ihr Mann als neuer Real-Coach nun bereits zum dritten Mal Mourinhos Chaos beseitigen müssen. Die Antwort des Portugiesen: "Wenn sie besser auf die Ernährung ihres Mannes achten würde, hätte sie weniger Zeit, über mich zu reden." In your face, Bitch!

9. Das Zitat der Woche: "Unser Verein steht für Fairness, Fair Play, Familienfreundlichkeit, soziales Engagement, sportlicher Wettkampf und gegenseitigen Respekt"

RBL-Trainer Ralf Rangnick. Rapid Wien und Marcel Sabitzer gefällt das.

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