Jeder dachte, dass der Sieg der New York Giants gegen die New England Patriots aus dem Vorjahr nicht mehr zu toppen wäre, aber der 27:23-Erfolg der Steelers gegen die Cardinals war noch wilder. Die 70.774 Zuschauer - es waren fast nur Steelers-Fans - im Raymond James Stadium zu Tampa Bay sahen eine große Show.
Mit dem sechsten Super-Bowl-Triumph überholt Pittsburgh die Dallas Cowboys und San Francisco 49ers und ist alleiniger Rekordhalter.
Ein 6-Yard-Touchdown-Pass von Ben Roethlisberger auf Santonio Holmes 35 Sekunden vor Schluss sorgte letztlich für die Entscheidung.
"An den letzten Drive wird man sich noch lange erinnern. Ich habe meinen Jungs gesagt, 'jetzt oder nie'. Es war der Super Bowl, wir mussten es schaffen und wir haben es geschafft. Es gibt nichts Schöneres", sagte Roethlisberger.
Dass es überhaupt soweit kam, war die Folge eines Dramas in fünf Akten.
Steelers gehen früh in Führung
Akt 1: Die Steelers bekamen als erstes den Ball und marschierten zu Beginn der Partie gleich problemlos übers Feld. Roethlisberger schien mit einem 1-Yard-Run den ersten Touchdown erzielt zu haben, doch Arizona challengte und bekam Recht. Roethlisbergers Knie war am Boden, bevor der Ball die Endzone überquerte. Die Steelers gingen kein Risiko ein und Jeff Reed brachte Pittsburgh mit einem 18-Yd-FG in Front.
Arizona hatte im gesamten ersten Viertel nur eine Angriffsserie. Pittsburgh dominierte und den nächsten guten Drive schloss Running Back Gary Russell mit einem 1-Yard-TD-Lauf ab. Die Steelers erhöhten auf 10:0.
Dann kippte die Partie das erste Mal und es begann der zweite Akt. Arizonas Offense fand langsam ins Spiel und Kurt Warner fand seine Receiver. Ein 45-Yard-Pass auf Anquan Boldin bereitete einen 1-Yd-TD-Pass auf TE Ben Patrick vor. Arizona hatte plötzlich das Momentum auf seiner Seite. Spätestens als ein Pass von Roethlisberger abgefälscht und von Karlos Dansby interceptet wurde.
Der Lauf des James Harrison
Die Cardinals arbeiteten sich an die 1-Yard-Linie der Steelers vor und waren drauf und dran, kurz vor der Pause in Führung zu gehen. Doch dann begann der dritte Akt. Mit einer Szene, die die Football-Welt so schnell nicht vergessen wird.
James Harrison, seines Zeichens Defensive Player of the Year, spekulierte richtig und fing einen Warner-Pass in der Endzone ab. Statt zu Boden und damit schön locker in die Halbzeit zu gehen, trug Harrison den Ball aus der Endzone heraus und lief los. Alle möglichen Cardinals-Spieler versuchten ihn aufzuhalten, aber Harrison lief weiter. Immer weiter.
Immer an der Seitenlinie entlang in Richtung Cardinals-Endzone. Kurz davor wäre er fast noch erwischt worden, doch mit letzter Kraft wuchtete er seine 110 Kilogramm zum Touchdown, bevor er vor Erschöpfung liegen blieb! 100-Yard-Interception-Return-Touchdown. Super-Bowl-Rekord. Wer es nicht gesehen hat, der glaubt es nicht.
Cardinals urplötzlich zurück im Spiel
Alle Experten waren sich einig. Von diesem Nackenschlag würden sich die Cardinals nicht mehr erholen. Zunächst deutete auch in der zweiten Hälfte nichts darauf hin. Während sich Arizona dumme Strafen leistete, wirkte Pittsburgh souverän. Ein 21-Yd-FG von Reed erhöhte den Vorsprung der Steelers vor dem Schlussviertel auf 20:7.
Wieder schien alles klar, wieder kippte das Spiel. Urplötzlich lief die Angriffsmaschinerie der Cardinals perfekt. Die hoch gelobte Steelers-Defense war dagegen völlig überfordert.
Plötzlich zeigte sich auch Superstar-Receiver Larry Fitzgerald, den die Steelers bis dahin aus dem Spiel genommen hatten. Von der 1-Yard-Linie aus warf Warner einen hohen Pass in die Richtung von Fitzgerald und Steelers-Cornerback Ike Taylor. Fitzgerald schnappte sich den Jumpball und Arizona verkürzte auf 14:20.
Fitzgerald läuft Pittsburgh davon
In der Folge brachte ein starker Punt von Ben Graham die Steelers weiter in Bedrängnis. Eine Holding-Strafe in der eigenen Endzone gegen Center Justin Hartwig führte automatisch zu einem Safety und den nächsten zwei Punkten für Arizona. Die Steelers-Defense war gefordert, um den Vorsprung über die Zeit zu retten, aber sie schaffte es nicht.
2 Minuten und 47 Sekunden vor Schluss geschah das, vor dem Pittsburgh so Angst gehabt hatte. Warner warf einen Pass auf Fitzgerald und der Rest war Staunen. Fitzgerald rannte der gesamten Steelers-Verteidigung zu einem 64-Yard-Touchdown davon.
Die Cardinals hatten das Spiel im vierten Akt gedreht und standen dicht vor dem großen Triumph. Das Problem von Arizona: Es war noch zu viel Zeit auf der Uhr. Zwei Minuten und 37 Sekunden standen auf der Anzeigetafel. Genug Zeit für den letzten und entscheidenden Akt mit den beiden Hauptdarstellern Ben Roethlisberger und Santonio Holmes.
"In solchen Situationen muss man Ben einfach nur den Ball geben. Er ist der Michael Jordan in unserem Team", lobte Running Back Willie Parker.
Holmes' brillanter Catch
Big Ben bewies, warum es in der Crunch Time keinen besseren Quarterback gibt. Er fand Holmes (14 Yards) einmal, er fand Holmes ein zweites Mal (13 Yards), er fand ihn ein drittes Mal (40 Yards) und schon waren die Steelers an der 6-Yard-Linie der Cardinals.
Beim ersten Passversuch in die Endzone rutschte der Ball Holmes noch durch die Hände, aber dann kam sein Moment. Roethlisberger bediente Holmes in der rechten hinteren Ecke der Endzone und dieser machte einen brillanten Catch. Holmes verdiente sich dadurch auch die Wahl zum Super-Bowl-MVP.
Die Cardinals hatten noch eine letzte Chance, aber ein Sack von LaMarr Woodley beendete alle Träume. Warner verlor den Ball und Arizona das Spiel. Es sollte keinen sechsten Akt mehr geben. Es war auch so schon eine perfekte Inszenierung.