2430 Spiele werden in der Major League Baseball absolviert, bis die sechs Division-Titel und die vier Wild Cards vergeben sind. Hat der Champion aus Boston Chancen auf die Titelverteidigung? Bringt der Kaufrausch der Dodgers endlich den Titel - oder macht sich die gute Arbeit der Cardinals auch diesmal bezahlt? Welche Rolle spielt Miggys Rekordvertrag? Und wo landen die Yankees? SPOX macht den Favoritencheck.
AMERICAN LEAGUE
Boston Red Sox
Eiserne Regel: Jeder Favoritencheck muss mit dem Titelverteidiger beginnen! Nachdem man die Playoffs 2012 verpasst hatte, starteten die roten Socken unter dem neuen Coach John Farrell im Jahr darauf so richtig durch. Neuzugänge wie Johnny Gomes oder Mike Napoli erwiesen sich als Volltreffer, zudem legte Koji Uehara in der zweiten Saisonhälfte einen Run als Closer hin, wie man ihn bisher nur von Mo Rivera kannte. Boston gewann die AL East und fing in den Playoffs Feuer: David Ortiz war in der World Series gegen die Cardinals einfach bärenstark (.688 AVG, 2 HR, 6 RBI), sodass Big Papi seinen dritten Titel als MVP feiern durfte. Geht es 2014 wieder ganz nach oben?
Stärken: Mit Ortiz, der kürzlich trotz seiner 38 Lenzen durch einen hochdotierten Vertrag ruhiggestellt wurde, und Napoli hat man in der Batting Order eine gefürchtete Mitte. Mit Catcher A.J. Pierzynski und Grady Sizemore wurden erfahrene Spieler dazugeholt, zudem warten aus dem eigenen Farmteam Supertalente wie Xander Bogaerts, Jackie Bradley oder Will Middlebrooks auf ihren Durchbruch. Die Rotation besticht zwar nicht durch einen Superstar an der Spitze, ist mit Lester, Lackey und Buchholz aber solide und breit aufgestellt. Der Bullpen sollte mit Uehara und den Setup-Pitchern Junichi Tazawa, Craig Breslow und Neuzugang Burke Badenhop ebenfalls erneut glänzen.
Schwächen: Mit Jacoby Ellbury hat man einen starken Outfielder, der zudem für jede Menge Steals auf den Bases sorgte, an die Bronx Bombers verloren. Auch die Lücken, die Stephen Drew oder Jarrod Saltalamacchia hinterlassen, müssen erst einmal gefüllt werden. Die Sox verlassen sich einerseits auf Silberrücken wie Ortiz oder Uehara (38), bei denen man einen Formabfall oder eine Verletzung nicht ausschließen sollte. Andererseits wird von den Nachwuchskräften viel verlangt, im Baseball ist der Durchbruch in den Majors jedoch sehr schwer vorherzusagen. Dazu fehlt vielleicht das absolute Ass, an dem man sich aufrichten kann. Kommen ein paar Dinge zusammen, dann kann es eng werden mit den Playoffs.
Detroit Tigers
Die Tigers aus Motor City galten schon 2013 als heißer Kandidat auf die World Series: Miguel Cabrera sicherte sich seinen zweiten MVP-Award in Folge, die Rotation war exzellent besetzt, und so spazierte Detroit in die Playoffs, wo zuerst standesgemäß die Oakland A's ausgeschaltet wurden. Aber ein angeschlagener Miggy war gegen die Red Sox nicht in Topform, und so zogen die Tigers nach sechs Spielen den Kürzeren. In der Offseason stand dann ein Umbruch auf dem Programm: Slugger Prince Fielder wurde für Ian Kinsler zu den Rangers getradet und Skipper Jim Leyland beendete seine Karriere. Kann Rookie-Manager Brad Ausmus den nächsten Schritt machen?
Stärken: Cabrera geht auf die 31 zu, aber die letzten zwei Jahre waren vom Allerfeinsten - ein MVP-Threepeat ist nicht auszuschließen. Die Tigers sind so überzeugt von ihrem Superstar, dass sie ihm noch vor der Saison effektiv einen Zehnjahresvertrag über 292 Millionen Dollar gegeben haben. Der größte Deal in der Geschichte! Ob das langfristig klug ist (ganz sicher nicht!), ist in dieser Saison noch nicht von Belang: Jedes Lineup mit Cabrera ist brandgefährlich - und Kinsler, Tori Hunter, Steal-Spezialist Rajaj Davis und Victor Martinez sind ja auch noch da. Dazu kommt eine Rotation, die an der Spitze vielleicht die beste in beiden Ligen ist: Flamethrower Justin Verlander, dazu ERA-Leader Annibal Sanchez, und nicht zu vergessen Cy-Young-Titelträger Max Scherzer. Da muss sich die Konkurrenz warm anziehen.
Schwächen: Durch den Abgang von Doug Fister fallen die letzten Rotation-Spots möglicherweise etwas ab. Zudem hat Scherzer nach seinem Cy-Young-Jahr abgeblich einen Vertrag über sechs Jahre und 144 Millionen Dollar eiskalt abgelehnt. Das sorgte für böses Blut im Front Office und könnte etwas Unruhe in den Klub bringen. Hinter dem Bullpen steht außerdem ein Fragezeichen: Der zuverlässige Joaquin Benoit wurde abgegeben, der neue Closer Joe Nathan ist bereits 39. Zudem muss man bei Ausmus abwarten, wie er sich akklimatisiert und mit seinen Superstars klarkommt.Trotzdem sind die Tigers, sollten sie gesund bleiben, ein ganz heißer Kandidat auf das Pennant.
Oakland Athletics
Die Texas Rangers und die Los Angeles Angels of Anaheim (der schlimmste Name im ganzen Profisport!) werfen in der AL West mit den Dollarscheinen nur so um sich. Aber wer hat sich in den letzten zwei Jahren jeweils die Division Crown gesichert? Richtig: Die A's! 2013 schnappte man sich am letzten Tag der Regular Season noch den sicheren Playoff-Platz, die Rangers guckten in die Röhre. Moneyball-Ikone Billy Beane ist eben ein Fuchs. Leider verließ ihn in der Postseason dann sein Fortune und die Tigers machten mit seinem Team kurzen Prozess. Spektakulär wurde an der Westküste in dieser Offseason nicht agiert, aber eine sehr gute Saison ist dennoch zu erwarten.
Stärken: Im Lineup ist kein Superstar zu finden, aber das heißt gar nichts. Vier Spieler schlugen im letzten Jahr mindestens 22 Bälle über den Outfield-Zaun, die Offense war die drittbeste in der American League. Coco Crisp kann seinen Alterungsprozess - aus welchem Grund auch immer - offenbar unbegrenzt lang aussetzen, mit Josh Donaldson hat man einen zukünftigen MVP-Kandidaten an der dritten Base, und Yoenis Cespedes entwickelt sich immer mehr zum gefüchteten Slugger. Das Starting Pitching hat bis auf Scott Kazmir keine großen Namen zu bieten, aber wenn sich das Quintett auf ein ERA zwischen drei und vier einpendelt, dann ist alles drin. Nicht zu vergessen die Infield Defense, die viel ausbügeln kann. Plus: Beane ist einfach ein Guru! Niemand reagiert so gut auf die gegnerischen Herausforderungen wie er.
Schwächen: Niemand fällt ab, aber wenige stechen heraus. Das lässt sich in der Regular Season durch ein tiefes, gut gecoachtes Team auffangen, aber spätestens in der Offseason trennt sich die Spreu vom Weizen. Und die Athletics haben - Stand jetzt - einfach kein Ass im Team, das eine Partie einfach mal im Alleingang gewinnt. Dazu ist die AL West in diesem Jahr wieder sehr breit aufgestellt, sogar die Mariners haben Schritte in die richtige Richtung gemacht. Und man kann ja nicht immer auf einen Einbruch der Rangers spekulieren.
Es kann also sein, dass trotz 90 Siegen der Division Title schon vergeben ist. Und: Das Oakland Coliseum ist mittlerweile ganz einfach ein Drecksloch. Der alte Kasten ist so morsch, dass im letzten Jahr eine Kabine von ungeklärtem Abwasser geflutet wurde. Ohne Worte.
Außenseiter
Die Zahl an Teams, die bei optimalem Saisonverlauf in der American League für Aufsehen sorgen könnten, ist groß: Da wären natürlich die Yankees, die das letzte Jahr von Derek Jeter in den Playoffs beschließen wollen. Die Steinbrenners haben richtig Geld in die Hand genommen, um das alternde Roster aufzupolieren (Ellsbury, McCann, Tanaka). Durch die Sperre von A-Rod ist zumindest an dieser Front Ruhe. Aber: Das Infield ist steinalt und wird defensiv wohl katastrophal.
Dann gibt es natürlich noch die Rangers (Fielder, Adrian Beltre, dazu Cy-Young-Favorit Yu Darvish), die Angels (Albert Pujols, Josh Hamilton, Phänomen Mike Trout auf dem Feld, aber keine gute Rotation) und die Rays (Evan Longoria und Wil Myers als Heart of the Order, David Price als Ass) im Osten. Die American League ist einfach ganz weit offen.
NATIONAL LEAGUE
Saint Louis Cardinals
Die Cards sind die Muster-Franchise schlechthin im Baseball. Der World-Series-Sieger von 2006 und 2011 strotzt nur so vor Supertalenten im Farm System, hat einen fantastischen Bullpen und war im vergangenen Jahr wohl nur eine Ortiz-Superserie vom dritten Ring in sieben Jahren entfernt. Und was macht ein solches Team in der Offseason? Es wird einfach noch besser. Jhonny Peralta schloss das Loch auf der Shortstop-Position, Reliever Carlos Martinez rückt als Fireballer wohl in die ohnehin schon starke Rotation auf. Viel besser vorbereitet kann man nicht in die Saison gehen.
Stärken: Da wäre zunächst einmal die Rotation: Mit Adam Wainwright steht dort ein einwandfreies Ass an der Spitze, die jungen Wilden hinter ihm (Shelby Miller, Michael Wacha, oder auch Martinez) haben das Potenzial dafür, mindestens genauso gut zu werden. Der Bullpen mit Trevor Rosenthal und seinen Setup-Men Seth Maness und Kevin Siegrist sollte die übrig gebliebenen Innings eigentlich locker abräumen.
Das Lineup beginnt mit Matt Carpenter, dann folgen Bourjos, die Slugger Matt Holliday, Allen Craig und Catcher Yadier Molina... Sagen wir es so: Die Cardinals könnten ohne Probleme zwei oder drei MVP-Kandidaten stellen. 2013 war die Bank etwas schwach auf der Brust, aber auch dieses Problem wurde mit Mark Ellis und jede Menge Talent aus den Minors angegangen.
Schwächen: Tja. Auf dem Papier nicht viele. Verletzungen kann man nicht ausschließen, genauso wenig wie die Möglichkeit, in den Playoffs auf ein Team zu treffen, das Feuer gefangen hat. Aber sonst? Die Rotation ist noch recht jung, Pitcher wie Wainwright, Miller oder Lancy Lynn haben im vergangenen Jahr richtig Innings geklotzt - vielleicht kommt jetzt die Rechnung. Wenn der Middle Relief gebraucht werden sollte - sollte! - könnte er etwas breiter besetzt sein. Aber das war es dann auch.
Los Angeles Dodgers
Ladies and Gentlemen, wir präsentieren: Die Yankees der Westküste! Seit der Übernahme durch die Eignergruppe um Magic Johnson verbrennen die Dodgers Dollarscheine, ohne mit der Wimper zu zucken. 2013 startete man schwach in die Saison, aber mit dem Kubaner Yasiel Puig fand das Team im Juni plötzlich sein Mojo, beendete die Saison mit einem 62-28-Run und stürmte in die Playoffs, wo die Cardinals im NLCS am Ende etwas abgezockter waren. Trotzdem: Money buys Championships - irgendwann. Jedes Jahr wird der Titel für die Dodgers wahrscheinlicher. Mit einer Payroll von 235 Millionen Dollar hat man die Yankees (204 Millionen) in dieser Statistik erstmals nach 15 Jahren vom Thron verdrängt. Und prompt die ersten zwei Spiele in Australien gewonnen.
Stärken: Puig eroberte die Liga im letzten Sommer im Sturm und ist trotz des einen oder anderen dummen Fehlers ein elektrisierender Mann auf dem Leadoff-Spot. Danach folgen eigentlich nur noch Superstars: Hanley Ramirez. Adrian Gonzalez. Matt Kemp. Für Andre Ethier bleibt im Outfield wohl nur die Bank - und der verdient bis 2017 fast 69 Millionen Dollar.
Auch in die Rotation hat man, ähem, investiert: Clayton Kershaw wird bis 2019 180 Millionen Dollar verdienen. Wobei das fast Sinn macht. Schließlich ist der Lefty der beste Pitcher auf diesem Planeten. Ihm folgt Cy-Young-Kandidat Zach Greinke, dann der letztjährige Rookie-Star Hyun-Jin-Ryu, und Dan Haren und Josh Beckett sind ja auch nicht gerade unbeschriebene Blätter. Auch der Bullpen ist mit Brian "Beard" Wilson (der gegen die Padres zugegebenermaßen versagte) und Closer Kenley Jansen bestechend gut. Wohl dem, der einen hochdotierten TV-Vertrag hat!
Schwächen: Eigentlich muss das Team 100 oder mehr Spiele gewinnen, soviel Talent wurde hier angehäuft. Das einzige Fragezeichen steht hinter Spielern wie Carl Crawford oder Adrian Gonzalez, die schon in der Vergangenheit nicht immer gesund blieben. Man bedenke: Nur zwei Hitter schafften im letzten Jahr mehr als 135 Spiele, und auch die Pitcher waren nicht alle "Workhorses": Kershaw musste nach einem Sieg Down Under erst einmal wegen hartnäckiger Rückenprobleme auf die DL. Wobei: Wenn sich jemand verletzt, wird wahrscheinlich einfach das Scheckbuch gezückt. Baseball kann ja so einfach sein.
Washington Nationals
Wiederholt sich die letzte Saison? Damals starteten die Nationals mit einer Menge Vorschusslorbeeren in ihre 162 Partien. Wie sagte Skipper Matt Williams noch: "World Series or bust!" Diese Träume zerplatzten dann in Windeseile. Verletzungen, Formschwäche, Unruhe in der Kabine - es lief einfach nichts zusammen für das Team, das die Playoffs dann auch sang- und klaglos verpasste. Allerdings wurden von den letzten 48 Spielen 32 gewonnen und in der Offseason noch einmal aufgerüstet. Es ist bezeichnend, wenn trotz der Cardinals und Dodgers nicht wenige Experten auf die Nationals als neuen Champion tippen.
Stärken: Die Rotation macht einiges her! Stephen Strasburg ist einer der talentiertesten jungen Pitcher, dahinter komplettieren Gio Gonzalez und Jordan Zimmermann ein formidables Trio. Besonders wichtig könnte jedoch Doug Fister werden, der für den sprichwörtlichen "Appel und 'n Ei" von den Tigers losgeeist wurde und auf der Vier für eine Überraschung sorgen könnte. Im Lineup konzentriert sich alles auf Bryce Harper. Der sollte eigentlich eine ähnliche Karriere wie Mike Trout hinlegen, hat das in seinen ersten zwei Jahren aber noch nicht ganz geschafft. Kommt nun der Durchbruch? Immerhin ist der Junge erst 21! Dazu kommen noch Ryan Zimmermann auf der dritten Base und Slugger Jayson Werth im Outfield. Auch Rookie Anthony Rendon (2B) gilt als heißer Breakout-Kandidat. Der Bullpen fällt etwas ab, aber Reliever sind vor der Trade Deadline im Sommer eigentlich immer zu haben.
Schwächen: Strasburg hat sich in der Vergangenheit als verletzungsanfällig erwiesen, Doug Fister war eigentlich zu billig um wahr zu sein (ist da etwas im Busch? Die Saison beginnt er wegen einer Muskelzerrung auf der DL). Harper ist immer mal wieder für einen Spruch und damit für unerwünschtes Medieninteresse gut. Und der Bullpen wie gesagt noch nicht championship-reif. Natürlich kann auch in diesem Jahr wieder alles schief gehen, so wie 2013. Aber warum sollte es diesmal nicht in die andere Richtung laufen? Dann ist ein Auftritt in der World Series allemal drin!
Außenseiter
Die Favoriten in der National League scheinen etwas klarer als im Pendant mit dem DH. Am ehesten kommen vielleicht noch die Atlanta Braves in Frage, die mit den Upton-Brüdern, Jason Heyward und Andrelton Simmons jede Menge Power am Schlagmal aufbieten. Problem: Mit Kris Medlen und Brandon Beachy fallen gleich zwei Pitcher wegen Tommy-John-OPs aus. Die Pirates haben immerhin MVP Andrew McCutchen, aber dahinter erst einmal lange nichts. Die Giants vielleicht? Der Champion von 2012 setzt mittlerweile mehr auf Offense (Buster Posey, Pablo Sandoval) als auf Pitching und müssen vor allem gesund bleiben, um im Kampf um die Postseason mitreden zu können.