"Ich brauche das Abenteuer, um glücklich zu sein", sagt der Jungstar, der bei seiner Vertragsunterschrift 2011 in Toronto bereits einen Zwei-Millionen-Dollar-Bonus kassierte - es folgte ein Megadeal mit Nike. Aber wohin mit dem Geld? Es interessiert ihn nicht. Monatlich lässt er sich gerade einmal 800 Dollar auszahlen - der Rest kommt auf die hohe Kante. Seine Kollegen aus der MLB kaufen teure Uhren, er aus der Mode gekommene T-Shirts im Sale.
"Wieso verdiene ich so etwas? Was habe ich schon für all das getan?", fragt Norris, den seine Bekannten vom Parkplatz nur "Van-Man" nennen, bei ESPN: "Ich fühle mich wohler, wenn ich das Gefühl habe, kein Geld zu haben." Gerade in der Saisonpause kultiviert er seinen minimalistischen Lebensstil und sucht die Abgeschiedenheit.
40-Stunden-Jobber in der Offseason
Wenn die Leute den Mann mit dem verwachsenen Vollbart in seinem Wohnmobil (Baujahr 1978) sehen, denken sie, er sei ein Surfer im Exil oder ein weggelaufener Teenie. Manche haben Mitleid mit dem in Wirklichkeit reichen Riesentalent, das im Herbst des vergangenen Jahres sein Profidebüt in der besten Liga der Welt feierte. "Mein Bruder war auch mal obdachlos", meinte jüngst ein Mann zu Norris und warf ihm ein paar Cents vor die Füße.
"Er war schon immer bodenständig", sagt ein Prediger aus seiner Heimatstadt Johnson City in Tennessee. Während der spielfreien Zeit jobbt Norris dort 40 Stunden die Woche in einem Outdoor-Geschäft. Der Jungstar lebt gegen die "Regeln" des Profigeschäft. Manch ein Mannschaftskollege hält ihn deshalb für verrückt: "Werd' endlich ein Profi", soll ein Mitspieler gesagt haben.
Sabathia als Gegenmodell
Doch Norris will sich nicht verstellen. "Ich kann nur eine gute Saison spielen, wenn ich glücklich bin", sagt er und bekommt Rückendeckung vom Trainerstab. "Er achtet sehr auf seinen Körper. Wenn das nicht der Fall wäre, dann müssten wir uns sorgen", meint Tony LaCava, einer der Coaches. Der Klub akzeptiert das außergewöhnliche Lebensmodell des Pitchers, der in der kommenden Saison so richtig durchstarten will - und sich dafür sogar ein Zimmer bei einem Kumpel nimmt. "Er ist einer unserer Schlüsselspieler", sagt Klub-Manager John Gibbons vor dem Saisonstart am 6. April gegen New York.
Dabei kommt es zum Duell der größtmöglichen Gegensätze: Während Norris für seinen Seelenfrieden nur seinen Bulli und die Freiheit braucht, liebt es Yankees-Star C.C. Sabathia ein wenig exquisiter: Der Mann mit dem höchstdotierten Vertrag für einen Pitcher in der Baseball-Geschichte lebt auf 1700 Quadratmetern in New Jersey. Mit eigenem Friseursalon und Trophäenzimmer.
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