Der Weg der Astros in die World Series
Immerhin 55 Jahre spielen die Astros nun schon in Houston, die ersten drei Jahre noch als die Houston Colt 45's. In dieser Zeit haben die Fans einiges miterlebt: Den Umzug in den Astrodome 1965, das erste vollständig überdachte Stadion überhaupt. Spiele auf AstroTurf, dem speziell für das Stadion entworfenen künstlichen Untergrund. Der Umzug aus der National in die American League 2013, nach über 50 Jahren im "Senior Circuit".
Sportlich dagegen herrschten Fehlzündungen vor. Zehn Jahre dauerte es bis zur ersten Saison mit positiver Bilanz, 1980 erreichte man zum ersten Mal die Playoffs. Ende der 90er schoss man dann mit mehreren Playoff-Teilnahmen in Serie sportlich in ungeahnte Höhen hinauf, aber erst 2004 konnte man hinter Cy-Young-Gewinner Roger Clemens die erste Postseason-Serie der Franchise-Geschichte gewinnen. 2005 erreichte man die World Series, aber Clemens verletzte sich früh, es setzte einen bitteren Sweep durch die Chicago White Sox.
Es folgten erneut magere Jahre, von 2011 bis 2013 hatte die Öffentlichkeit angesichts von drei Spielzeiten mit über 100 Niederlagen eigentlich nur noch Mitleid für die Astros übrig. 45 Spiele hinter dem Division-Winner? Uff! Doch im stillen Kämmerlein wurde fleißig an einem neuen, jungen, dynamischen Team gestrickt. George Springer, Carlos Correa, Alex Bregman? Allesamt First-Round-Picks der letzten Jahre. Lance McCullers Jr.: zweite Runde. Dallas Keuchel: siebte Runde. Jose Altuve: ungedraftet.
Houston Astros: Mit hohen Draft-Picks zum Erfolg
Die hohen Draft-Picks machten sich bezahlt: Stück für Stück baute das Front Office ein gutes, aber gleichzeitig bezahlbares Team auf. Erst 2016 übersprang man die Gehaltsgrenze von 100 Millionen Dollar, selbst als man 2017 Veteranen wie Carlos Beltran und Brian McCann holte, lag man noch unter MLB-Durchschnitt.
Das Team jedoch war weit über Durchschnitt: Angeführt von einer der besten Offensiven überhaupt, darunter MVP-Kandidat Altuve an der Second Base, setzte sich das Team in einer dümpelnden AL West früh ab und baute seinen Vorsprung über die ersten vier Monate der Saison konsequent aus. Zum All-Star Break im Juli wurde unter Experten diskutiert: Wer ist stärker, die Astros oder die Dodgers?
Doch nachdem man gleich sechs Spieler zum All-Star Game nach Miami geschickt hatte, wurden die Astros zur zweiten Saisonhälfte von einer Krise erfasst: Im August gewann man nur elf Spiele, die Cleveland Indians zogen mit einem irren Schlussspurt in der American League noch vorbei.
Viel schlimmer war aber das, was sich abseits des Diamonds ereignete.
Hurrikan Harvey schweißt Houston und die Astros zusammen
Baseball spielte nur noch eine Nebenrolle, als Houston durch Hurrikan Harvey erschüttert wurde. Große Teile der Stadt waren dramatischen Überschwemmungen ausgesetzt, statt an den Sport dachten die Spieler plötzlich an Angehörige und Freunde, die alles verloren hatten. Für drei Heimspiele mussten die Astros sogar nach St. Petersburg/Florida ausweichen.
Doch die Katastrophe schweißte die Stadt gleichzeitig mit dem Team zusammen. Mit "Houston Strong"-Aufnähern auf ihren Jerseys erinnern die Astros seitdem an das Motto der Metropole. "Wo ich auch hingehe, kommen die vom Sturm betroffenen Menschen auf mich zu und bedanken sich bei mir", erklärte Reid Ryan aus dem Front Office im Rolling Stone. "Sie begreifen sich als Teil dieses Teams. Es wäre großartig, wenn wir das Ding irgendwie für sie gewinnen könnten."
Dafür wich die Franchise auch vom bisherigen Modus Operandi ab und holte nur Minuten vor Ende der Trade Deadline Pitcher Justin Verlander von den Detroit Tigers. Ein teurer, alternder Star, der seine besten Zeiten vermeintlich schon hinter sich hatte. Doch Verlander ließ sich vom Playoff-Push der Astros noch einmal inspirieren und pitchte das Team gerade in der Championship Series gegen die Yankees zweimal praktisch im Alleingang zum Sieg. Gegen die Bronx Bombers zeigten diese Astros, dass sie bereit sind für die ganz grellen Lichter.
Die World Series kann kommen.