Spätestens seit der Verpflichtung von National League MVP Giancarlo Stanton spricht alle (Baseball-)Welt scheinbar nur noch über die New York Yankees. Was dabei vergessen wird, sind die Boston Red Sox. "Sie sind die AL East Champions", wie es Yankees-General-Manager Brian Cashman kürzlich treffend formulierte: "Sie hatten den Titel in der Division letztes Jahr. Ich weiß nicht, ob sie dafür eine Flagge hissen werden, aber sie sind die AL East Champions - wir sind es nicht."
Genau genommen sind die Red Sox sogar seit zwei Jahren AL East Champions, haben sie den Division-Titel doch auch schon 2016 errungen. Mehr Respekt ist also angebracht für das Team aus Massachusetts.
In dieser Offseason überraschten sie selten, brauchten sie aber auch nicht aufgrund des Fundaments, das ihr Kader ohnehin schon bot. Viele rechneten damit, dass Infielder Eduardo Nunez zurückgeholt werden würde. Ebenso war die Verpflichtung von J.D. Martinez eigentlich von Anfang an eine ausgemachte Sache, zumal Martinez außer Boston eigentlich keinen ernsthaften Interessenten gehabt zu haben schien.
Einzig die Weiterbeschäftigung von First Baseman Mitch Moreland sorgte für ein wenig Stirnrunzeln. 2017 gekommen spielte er in seiner ersten Saison in Boston offensiv leicht unter Durchschnitt (99 OPS+) in 149 Spielen. Nicht wenige hatten hier eine große Lösung a la Eric Hosmer erwartet. Der jedoch war nach dem frühen Abschluss mit Moreland noch vor Weihnachten schnell kein Thema mehr. Angesichts der Luxussteuer-Situation der Red Sox war das aber auch nicht verwunderlich, schließlich werden sie Stand jetzt die Grenze von 197 Millionen Dollar für die Saison mit einer hochgerechneten Payroll von 237 Millionen deutlich überschreiten.
Die Verpflichtung von Moreland, gepaart mit der Ankunft Martinez', kreiert darüber hinaus eine interessante Konstellation für die Red Sox. Das Lineup ist gespickt mit Stars, deren Plätze fast schon in Stein gemeißelt sind. Speziell an der ersten Base und dem Designated Hitter sorgt das für einen Stau. Denn neben Moreland und Martinez muss auch Hanley Ramirez berücksichtigt werden.
Boston Red Sox 2018: Hanley Ramirez verdient 22 Millionen Dollar
Ramirez, dessen Positions-Flexibilität äußerst überschaubar geworden ist im Laufe der Jahre, ist dieser Tage eigentlich nur noch als DH und notgedrungen First Baseman zu gebrauchen. Und er verdient 22 Millionen Dollar in diesem Jahr.
Doch reicht das, um einen Starting-Job für die Red Sox zu ergattern? Ja, schenkt man Manager Alex Cora Glauben, der die Frage nach seinem Nummer-3-Hitter im Lineup so beantwortete: "Stand jetzt? Hanley Ramirez." Zwangsläufig heißt das, dass er damit auch an der ersten Base spielt, denn es gibt keinen anderen Platz im Lineup.
Völlig klar ist, dass Mookie Betts Lead-Off und Andrew Benintendi an zwei schlägt. Cleanup übernimmt Martinez und das als DH, denn das Outfield ist mit den zwei Genannten und Center Fielder Jackie Bradley Jr. qualitativ hochwertig - vor allem auch, was die Defense betrifft - be- und gesetzt.
Also bleibt nur die erste Base für Ramirez. Und das wohl auch nur, weil man nicht unbedingt 22 Millionen Dollar an Gehalt auf der Bank sitzen haben will. Schaut man nämlich auf seine letzte Saison, so war seine Schlagleistung - gesundheitsbedingt hauptsächlich als DH -, auch eher überschaubar. Eine OPS+ von 95 suggeriert, dass er offensiv noch schlechter war als Moreland!
Boston Red Sox 2018: Das voraussichtliche Lineup
Batting Order | Spieler | Position |
1. | Mookie Betts | Right Fielder |
2. | Andrew Benintendi | Left Fielder |
3. | Hanley Ramirez | First Baseman |
4. | J.D. Martinez | Designated Hitter |
5. | Rafael Devers | Third Baseman |
6. | Xander Bogaerts | Shortstop |
7. | Jackie Bradley Jr. | Center Fielder |
8. | Christian Vazquez | Catcher |
9. | Eduardo Nunez | Second Baseman* |
*) Nunez startet die Saison anstelle von Stamm-Second-Baseman Dustin Pedroia, der infolge einer Knieoperation wohl den Opening Day verpassen wird.
Boston Red Sox 2016: Ramirez überzeugte als First Baseman
Hoffnung macht Boston jedoch die Tatsache, dass Ramirez 2016 als Vollzeit-First-Baseman eine richtig gute Saison spielte mit 30 Homeruns und 111 RBI sowie einer OPS+ von 126. Defensiv war er aber auch damals schon überschaubar unterwegs: Er kam auf einen Wert von -5 Defensive Runs Saved. Zum Vergleich: Moreland hatte 2017 10 Defensive Runs Saved - die zweitmeisten aller First Basemen hinter Joey Votto (Reds).
Nimmt man alles zusammen, dann kam Ramirez 2016 auf 2,7 Wins Above Replacement. Moreland 2017 jedoch nur auf 0,9. Das wiederum erklärt auch, warum die Präferenz besteht, Ramirez als First Baseman zu starten. Ob er allerdings zwei Jahre später immer noch dieses Niveau von 2016 erreichen wird, ist zumindest fraglich. Er hat den Winter damit verbracht, an seiner Fitness zu arbeiten und lebt seither nach der "TB12 Method", der rigorosen Diät, die Quarterback Tom Brady von den New England Patriots so erfolgreich vorlebt.
Erschwert wird das Szenario dadurch, dass Ramirez eine Option in seinem bis Ende 2018 laufenden Vertrag hat, die greift, sobald er in den Jahren 2017 und 2018 auf mindestens 1050 Plate Appearances kommt. Er benötigt nur noch 497, um im Jahr 2019 garantierte 22 Millionen Dollar einzustecken. Doch will man das?
2019 wird Ramirez 35 Jahre alt sein und in der heutigen Zeit ist dies kein Alter, das anhaltende Topleistungen garantiert. Das Gegenteil ist eher der Fall. Es ist daher nicht abwegig anzunehmen, dass die Red Sox kreative Wege finden werden, um seine Spielzeit einzuschränken.
Boston Red Sox: Platoon an der First Base?
Ein Platoon mit Rechtshänder Ramirez und Linkshänder Moreland wäre eine Möglichkeit, gerade wenn man Ramirez bei Laune halten will. Ein direktes Benching hingegen wäre wohl schwerer zu verkraften. Ramirez selbst sagte kürzlich: "Es ist gut, wenn ein Manager Vertrauen in einen hat. Das lässt dich härter arbeiten und an der Platte besser werden."
Gelingt es Boston jedoch, dieses heikle Thema einigermaßen elegant zu meistern, dann sind die Aussichten für 2018 durchaus positiv. Die bärenstarke Rotation um Chris Sale und David Price kehrt zurück und im Bullpen wartet erneut Closer Craig Kimbrel als ultimativer Endgegner auf die gegnerischen Hitter.
Ein weiterer Angriff und ein langer Oktober-Run sind also mehr als möglich - wenn es dem Team gelingt, fokussiert zu bleiben und die hausgemachten potenziellen Problemzonen zu umschiffen.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.