Ohne jetzt andere Kandidaten abzuwerten sollte von vornherein klar sein, dass nur Trout und Betts ernsthaft in Erwägung gezogen werden können. Sicherlich liefern auch weitere Spieler ansprechende Argumente. Francisco Lindor etwa führt die Liga in Runs (119) an, während J.D. Martinez bei den Homeruns (40) und RBI (121) führend in den Top 2 liegt. Und auch Jose Ramirez und Alex Bregman spielen insgesamt großartige Saisons.
Ein weiteres Killer-Argument lassen wir auch gleich mal außen vor: den Teamerfolg! Nein, beim MVP im Baseball sollte es nicht relevant sein, ob sein Team insgesamt alles überragend ist (Red Sox) oder abermals in Gänze versagte (Angels). Der wertvollste Spieler ist bekanntlich der, der seinem Team am meisten hilft, erfolgreich zu sein.
Entsprechend blenden wir die Tabellen der AL West und East einfach mal aus und schauen nur auf die Leistungen der beiden Spieler. Und die sind erstaunlich nah beieinander in vielen Belangen. Die herkömmlichen Massestatistiken lassen wir dabei auch draußen und nehmen uns die Zahlen für Fortgeschrittene vor.
Die Top-Offensiv-Statistik von FanGraphs, "Weighted Runs Created Plus" (wRC+), gibt an, wie effektiv ein Spieler an der Run-Produktion mitgewirkt hat. Das "Plus" steht in diesem Fall für das Herausrechnen etwaiger Umeltfaktoren wie Ballpark und so weiter.
Mike Trout hat offensiv die Nase vorn
In dieser Kategorie führt Trout mit 192 gegenüber Betts' 180. Beide Zahlen besagen, dass beide Spieler 92 bis 80 Prozent besser in der Run-Produktion sind als der Ligadurchschnitt. Der nächstbeste in dieser Liste wäre im Übrigen Martinez mit 171, gefolgt von Bregman (165). Wir reden hier also von gravierenden Unterschieden gegenüber der weiteren Konkurrenz, was am besten erklärt, warum nur die beiden infrage kommen.
Dinge, da mit reinspielen, sind etwa die Fähigkeit eines Spielers, auf Base zu kommen und in welcher Weise er dies tut. Sprich: Ein Homerun erhält einen höheren Wert als etwa ein Walk oder Single. Der Wert, der hier am besten passt, ist der "Weighted On-Base Average" (wOBA) und auch hier sind beide deutlich vor der Konkurrenz. Trout führt mit .447 vor Betts (.442).
Selbst in Sachen "Base Running" (BsR) sind beide sehr nah beieinander. Trout liegt mit 5,9 knapp vor Betts (5,6). Hier spielt nicht nur das Stehlen von Bases eine Rolle, sondern auch das Erlaufen einer zusätzlichen Base in bestimmten Situationen.
Betts wiederum setzt sich bemerkenswerter Weise bei der Strikeout-Quote etwas ab. Er kassiert nur in 13,9 Prozent seiner Plate Appearances ein "K", bei Trout sind es 20,1 Prozent. Bei Trout ist dafür die Walk-Rate bei 20,3 Prozent, Betts weist hier nur einen Walk in 13,1 Prozent der PAs auf. Dafür ist aber auch sein Schlagdurchschnitt entsprechend höher.
MLB: Mookie Betts sorgt für mehr Siege als jeder andere
Knapp vorne liegt Betts auch mit 9,1 Wins above Replacement gegenüber den 8,8 von Trout, der durch eine längere Verletzungspause von seiner historischen Pace von mehr als zwölf abgekommen ist. Was den direkten Vergleich betrifft, sind die Zahlen jedoch gut zu vergleichen, denn beide kommen auf je 125 Spiele bis jetzt.
Den vielleicht krassesten Unterschied, der wohl letztlich auch zum höheren WAR von Betts geführt hat, sehen wir in der Defense! Hier nämlich kommt Betts als Right Fielder auf ein UZR/150 von 21,2 - Trout liegt als Center Fielder bei 2,1. Damit erreichte Trout bisher 4 "Defensive Runs Saved", Betts hingegen 18!
Zur Erklärung: UZR steht für "Ultimate Zone Rating" und beinhaltet Metriken für die Wurf-Fähigkeiten eines Outfielders, die generelle Reichweite eines Spielers und wie viele Runs er durch eigene Fehler verursacht. Und die 150 besagt lediglich, dass der Wert auf eine durchschnittliche Anzahl von Defensiv-Chancen skaliert wurde.
Mike Trout & Mookie Betts - der Statistik-Vergleich
Statistik (Fangraphs) | Mike Trout | Mookie Betts |
Spiele | 125 | 125 |
WAR | 8,8 | 9,1 |
wRC+ | 192 | 180 |
wOBA | .447 | .442 |
K-Quote | 20,1 | 13,9 |
BB-Quote | 20,3 | 13,1 |
BsR | 5,9 | 5,6 |
UZR/150 | 2,1 | 21,2 |
DRS | 4 | 18 |
WPA | 3,68 | 4,92 |
WPA/LI | 6,30 | 5,24 |
Wir haben also bislang gesehen, dass in den meisten Offensiv-Kategorien Trout knapp vor Betts liegt, während Betts für knapp mehr Siege verantwortlich ist und deutlich bessere Defense spielt.
Ohne jetzt in die Situation zu kommen, Offense und Defense gegeneinander aufzuwiegen, blicken wir nun also auf eine weitere Kategorie aus dem FanGraphs-Katalog, der WPA - Win Probability Added. Dieser Wert zeigt an, wie sich die Sieg-Wahrscheinlichkeit einer Mannschaft ändert, wenn der jeweilige Spieler an die Platte tritt.
Win Probability Added als Tiebreaker zwischen Trout und Betts?
Vorweg: Die Topleute in dieser Betrachtung sind weder Trout noch Betts, sondern Bregman (5,45) und Martinez (5,11). Betts ist Dritter mit 4,92, Trout gar nur Sechster mit 3,68. Der Wert ist kumulativ, das heißt, wer mehr spielt, kann auch leichter einen höheren Wert erreichen. Und Betts hatte immerhin knapp 20 Plate Appearances mehr.
Geht man nun noch einen Schritt weiter und betrachtet die sogenannten "Context Neutral Wins" - WPA/LI - dann liegt Trout mit 6,3 wiederum vor Betts' 5,24. Doch was heißt das überhaupt? Zunächst steht "LI" für "Leverage Index" und beschreibt trivial formuliert, wie hoch der Druck für einen Spieler in einer bestimmten Situation ist, wenn er an die Platte tritt.
Bei Betts war dieser Wert meist etwas höher als bei Trout, was dann wiederum auch die höhere WPA erklärt. Rechnet man das aber raus, dann steigerte Trout die Sieg-Erwartung seines Teams eben doch in höherem Maße als Betts.
Trout oder Betts: Wer wird AL MVP?
Müsste ich rund einen halben Monat vor Saisonende tippen, würde ich Betts sagen, denn letztlich wird sich der geneigte Wähler von der Diskrepanz zwischen den Angels und Red Sox eben doch blenden lassen.
Im Gegensatz zu anderen problematischen Jahren jedoch wäre es keine ganz falsche Entscheidung. Vielmehr wäre es ein Statement der Wahlberechtigkeiten, dass Defense eben auch einen gewissen Wert hat, während Betts offensiv ja nicht entscheidend schlechter ist, sondern nahezu gleich gut.
Insofern wäre ein American League MVP Mookie Betts mehr als vertretbar, auch wenn der beste Spieler unserer Zeit - und vieler anderer Zeiten - dann wieder nur Zweiter würde. Zum vierten Mal im Übrigen schon.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.