SPOX-Redakteur Marcus Blumberg beleuchtet die wichtigsten Entwicklungen der Trade Deadline und wagt eine wohl nicht ganz so kühne Prognose.
Die Premiere der "Single Trade Deadline"
2019 kam es zu einer Premiere: Erstmals überhaupt hatte die MLB nur eine Trade Deadline. Früher wurde unterschieden zwischen der "Non-Waiver Trade Deadline" und der "Waiver Trade Deadline". Erstere war immer der 31. Juli, Letztere der 31. August. Und die zweite wurde nun der Einfachheit halber abgeschafft.
Bis kurz vor Ende der Frist hätte man vermuten können, dass diese Änderung sehr viel vom Reiz dieser genommen hätte. Schließlich gab es scheinbar keinerlei große Deals, wenn man mal von den Stroman- und Bauer-Trades absieht, die bereits Tage zuvor eingetütet wurden. Doch dann knallte es doch noch richtig Minuten vor Ablauf der Frist am Mittwoch um 22 Uhr (MESZ).
Zack Greinke ging nach Houston, Nicholas Castellanos zu den Chicago Cubs und Tigers-Closer Shane Greene landete in Atlanta. Darüber hinaus motzten auch die Nationals ihren Bullpen massiv auf.
New York Mets und Cincinnati Reds blicken voraus
Die New York Mets haben elf Spiele Rückstand auf die Braves in der National League East, die Cincinnati Reds deren sechseinhalb in der NL Central. Beide sind damit noch theoretisch im Playoff-Rennen, auch in Sachen Wildcards. Doch beide haben realistisch betrachtet keine großen Chancen, da die Konkurrenz einfach zu groß scheint.
Dennoch landeten beide begehrte Top-Starting-Pitcher in Trades, die ihnen wohl in der Gegenwart nicht wahnsinnig viel bringen werden. Doch: Beide tradeten mit Stroman respektive Bauer für Spieler, die noch ein beziehungsweise zwei Jahre unter Teamkontrolle stehen. Während die aktuellen Contender eher auf den Moment schauen, bewiesen diese Teams Weitsicht.
Beide könnten jetzt noch einen Boost erfahren und vielleicht doch noch die Postseason erreichen. Doch selbst wenn das nicht gelingt, ist ein Run 2020 schon jetzt eher möglich als noch vor ein paar Wochen.
National League East stärkt die Bullpens
Die Atlanta Braves haben sich mit Chris Martin (Rangers), Shane Greene (Detroit Tigers) und Mark Melancon (Giants) gleich drei hochklassige Relief Pitcher gesichert, die eine klare Schwäche des Teams wohl sofort ausmerzt. Ein klarer Fingerzeig Richtung Playoffs, denn offensiv stellt die Truppe eh schon die zweitbeste Offense der NL und führt die eigene Division mit sechseinhalb Spielen Vorsprung an.
Die Washington Nationals wiederum legten auch in diesem Bereich noch mal nach: Sie holten von den Seattle Mariners Roenis Elias und Hunter Strickland sowie Daniel Hudson aus Toronto. Ziel des Ganzen ist, die notorische Schwachstelle Bullpen zu verstärken. Seit einigen Jahren nun schon stellt sich hier immer die Frage, wie die Nationals das neunte Inning und ihren Closer (Sean Doolittle) erreichen. Jetzt könnten die Nats eine Antwort gefunden haben.
Der zweifelsohne große Gewinner dieser Deadline sind die Houston Astros. Sie sicherten sich die Dienste von Pitcher Zack Greinke, der aus Arizona für vier (Top-)Talente losgeeist wurde. Günstig ist er keineswegs, aber ein grandioses Upgrade dürfte er allemal sein. Greinke könnte die Art Verpflichtung für die Astros sein, die Justin Verlander vor zwei Jahren bereits war. Das fehlende Puzzleteil einer nun absolut dominanten Pitching Rotation.
Houston Astros: Pitching Rotation nach der Deadline
Rotation-Spot | Name | ERA+ | WAR* |
1 | Justin Verlander | 164 | 4,9 |
2 | Gerrit Cole | 152 | 3,7 |
3 | Zack Greinke | 155 | 4,7 |
4 | Wade Miley | 146 | 3,2 |
5 | Jose Urquidy | 106 | 0,2 |
Die Rotation besteht nun aus vier Pitchern, die allesamt einen ERA+ von wenigstens 140 haben - zur simplen Erklärung: Alle pitchten mindestens 40 Prozent besser als der Ligaschnitt. Justin Verlander führt die Gruppe wie üblich an, während Greinke und Gerrit Cole vom Niveau her auf Augenhöhe stehen. Zudem sollte man auch Wade Miley nicht vergessen, der ein wenig unter dem Radar fliegt, sich aber dennoch äußerst effektiv präsentiert.
Abgesehen davon tradeten die Astros auch noch für Aaron Sanchez und Joe Biagini - ein Starter, ein Reliever. Beide kommen von den Toronto Blue Jays und wirken auf den ersten Blick nicht unbedingt spektakulär. Gerade Biagini erinnert ein wenig an Ryan Pressly, der im Vorjahr noch ein Durchschnitts-Pitcher war und mittlerweile ein Star ist.
Ähnlich wie bei Pressly lässt sich auch bei Biagini eine sehr hohe Spin Rate (wie oft dreht sich ein geworfener Ball pro Minute?) bei seinem Curveball feststellen. Und ähnlich wie Pressly damals wirft Biagini diesen Pitch in dieser Saison recht selten. Nur 7,4 Prozent seiner Pitches 2019 waren Curveballs. Stattdessen vertraute Biagini bislang auf seinen Sinkerball (44,5 Prozent) und seinen Cutter (32,8 Prozent). Seine Spin Rate auf diesen Pitches zusammengenommen ist hingegen eher unterdurchschnittlich, was zu relativ viel Kontakt und wenigen Strikeouts führt, obgleich er auf eins pro Inning kommt.
Im Prinzip ist davon auszugehen, dass die Astros, die es wie keine andere Organisation versteht, über analytische Daten ihre Pitcher besser zu machen, Biagini dazu bringen werden, seinen Curveball häufiger und zwar für Strikes (in die Strikezone) zu werfen. Biagini sollte also in naher Zukunft deutlich effektiver werden, denn Curveballs mit hoher Spin Rate sind extrem schwer zu schlagen.
Aaron Sanchez wirft 50 Prozent Fastballs
Sanchez wiederum wirft bislang fast 50 Prozent Fastballs (Sinker: 29,5 Prozent, 4-Seam: 28,7 Prozent). Curveballs machen 22,3 Prozent seiner geworfenen Pitches aus. Und auch für ihn gilt: Er hat eine extrem hohe Spin Rate auf dem Curveball, er wirft ihn aber hauptsächlich unterhalb der Strikeout-Zone. Wenn Schlagleute das wissen, schwingen sie nicht danach.
Würde er diesen Pitch stattdessen für Strikes werfen, wäre er deutlich effizienter. Auch ihm werden die Astros ziemlich sicher diesen Rat geben. Schon deshalb könnte seine Leistungssteigerung in Texas noch extremer ausfallen als bei Biagini, denn dieser hatte wenigstens eine recht gute Strikeout-Quote, während Sanchez bislang hauptsächlich von Kontakt und seiner Defense lebt.
Das gepaart mit ihrer potenten Offensive, die durch Rookie Yordan Alvarez nochmal besser wurde, macht die Astros zu einer äußerst gefährlichen Mannschaft. Stand jetzt haben sie bereits die zweitbeste Run-Differenz (+122) der American League, nun scheinen sie auch im Pitching kaum noch aufzuhalten zu sein. Speziell in einer kurzen Playoff-Serie, in der vielleicht schon drei bis vier Starter reichen.
MLB Trade Deadline: New York Yankees machen gar nichts
Auf der anderen Seite des Spektrums stehen die New York Yankees, die seit Wochen immer wieder gehandelt wurden, wenn es darum ging, den Kader und speziell das Pitching, zu verbessern. Die Yankees erlebten zuletzt eine Horror-Woche, in der jeder Starter für sieben Tage am Stück jeweils mindestens sieben Runs abgab - eine absolute Katastrophe!
Dennoch kam keine Verstärkung. Marcus Stroman? Ging zum Nachbarn New York Mets. Trevor Bauer? Da schlugen die Cincinnati Reds zu. Noah Syndergaard, Zack Wheeler (beide Mets) und Madison Bumgarner (San Francisco Giants) blieben bei ihren Teams, ebenso der ebenfalls begehrte Mike Minor (Texas Rangers).
Dass die Yankees darüber hinaus auch auf dem Relief-Pitchter-Markt nicht aktiv wurden, ist gar nicht mal so tragisch, passt aber auch ins Bild.
Dass General Manager Brian Cashman sicherlich keine Chance auf Greinke hatte, ist nicht mal ihm anzulasten, schließlich hatte der die Yankees auf seiner No-Trade-Liste. Aber warum man speziell bei Stroman nicht aggressiver agierte, bleibt wohl "Cashs" Geheimnis. Die Mets gaben für ihn nicht direkt Top-Talente ab.
Yankees: "Deja-vu all over again"
Mit den weisen Worten von Hall-of-Famer und Yankee-Legende Yogi Berra kann man sagen: "It's deja-vu all over again" in New York. Wie 2010, als die Yankees letztlich auf einen Trade für Superstar-Pitcher Cliff Lee verzichteten, so dass dieser sie dann mit den Rangers aus den Playoffs warf. Gleiches passierte auch 2017, als man nicht aggressiv genug versuchte, Verlander zu bekommen, der dann mithalf, sie aus den Playoffs zu werfen.
Diese Passivität von Cashman, der mit seinem Funktionärsteam immer ein gutes Händchen in Sachen Positionsspieler beweist, könnte die Yankees abermals eine große Chance auf den 28. World-Series-Titel gekostet haben.
Auf der anderen Seite sitzt in Houston ein General Manager Jeff Luhnow, der mit seiner erneut aggressiven Deadline-Strategie womöglich schon Ende Juli seinen zweiten Titel mit den Astros eingetütet hat.