Er erfand die Laker-Girls und Luxus-Logen, sein Meisterteam um Magic Johnson synchronisierte das berühmte erste Basketball-Videospiel "Showtime": Dr. Jerry Buss hat die NBA, wie man sie heute kennt, enorm geprägt. 2010 wurde er in die Hall of Fame aufgenommen. Höchste Zeit, ihn näher vorzustellen.
Gerald Hatten Buss, genannt Jerry, liebt Frauen, Basketball und Poker. Und seine erste Leidenschaft galt den Naturwissenschaften. Aber das war im ersten Leben des 76-Jährigen, noch bevor er in den Immobilienboom Kaliforniens eintauchte. Und lange bevor Buss ein gewisses Basketballteam in Los Angeles kaufte.
Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen in Wyomings tiefster Provinz, steht der milliardenschwere US-Amerikaner seit nunmehr 31 Jahren an der Spitze der Lakers. In dieser Zeit erreichte das Team 16 Mal die NBA-Finals. Zehn Meisterschaften sprangen dabei für Buss' Lakers heraus.
Wie er diesen Weg geschafft hat? "Mit Selbstvertrauen, Wissen und harter Arbeit. Diese Dinge bekommst du während deiner Schulzeit beigebracht. Es hängt alles an Bildung, Bildung, Bildung", sagt der sechsfache Vater.
Buss ist stolz auf seine Herkunft, er gewinnt der Einöde seiner Kindheit Positives ab: "In Wyoming lebst du zehntausende Meilen von allem entfernt, da lernst du Eigenständigkeit. Und das ist überall eine Tugend." Und ein erstaunlich bodenständiger Wert für einen Lebemann in der Glamourwelt von Los Angeles.
Zwischen Stars und Sternchen
Als Buss 2006 mit einem Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood geehrt wurde, ließ er sich nicht nur von Sportgrößen wie Magic Johnson und Lakers-Coach Phil Jackson feiern. Zu Gast waren auch Paris Hilton, Snoop Dogg und Paula Abdul. Alle wollten den älteren Herren mit dem Schnäuzer im unscheinbaren blauen Pulli herzen.
Tatsächlich schmückt sich Buss gern mit Sternchen. Hübsch und vor allem jung müssen die Mädchen sein, die er in seine Loge im Staples Center einlädt, um sie auszuhalten und sich mit ihnen ablichten zu lassen.
Die Presse zerreißt sich das Maul darüber, dem Boss ist es herzlich egal. Sohn Jim bringt es auf den Punkt: Theoretisch wisse er, dass sein Vater älter werde, aber man könne das schon mal übersehen, schließlich bleiben die Mädels um ihn herum ewig jung.
Sein guter Freund Steve Springer, Urgestein des Sportjournalismus in Los Angeles ("L.A. Times", "ESPN"), schrieb einmal über Buss: "Mit ein oder zwei jungen Damen auf dem Schoß, einem Notizblock in der Hand und einer Vision vor Augen hat sich Jerry Buss seine Hingabe und den Ehrgeiz, an der Spitze stehen zu wollen, erhalten." Jerry habe sich seit den frühen 80ern nicht verändert, so Springer. Vielleicht seien die Haare ein bisschen weißer geworden, das sei aber wirklich alles.
Aufnahme in die Hall of Fame
Natürlich hat Buss auch Anfeindungen erlebt in dieser langen Zeit. Etwa 1981, als er Headcoach Paul Westhead nach "nur" sieben Siegen in elf Spielen durch dessen Assistenten Pat Riley (vier Meistertitel bis 1988) ersetzte. Oder 2004, als er Shaquille O'Neal nach Miami ziehen ließ. Und vor allem 1996, als er den etablierten Center Vlade Divac für einen 17-jährigen Querkopf namens Kobe Bryant (seit 1998 ununterbrochen im All Star Team) abgab, der gerade erst von den Charlotte Hornets gedraftet worden war.
Seine Errungenschaften für den Basketball brachten Buss im August 2010 die Aufnahme in die Hall of Fame ein.
"Endlich", meinten viele. Der Geehrte hielt sich auffallend zurück in diesen Tagen und lehnte Interviewanfragen ab - er ließ reden.
"Ich bin total überwältigt, er hat es so verdient", lobhudelte Magic Johnson, fünfmaliger Champion mit den Showtime-Lakers, "die Liga wäre nicht da, wo sie ist, wenn Dr. Buss nicht gewesen wäre."
Die Laker-Girls
Gerade was das Fan-Erlebnis angeht, so Johnson, sei der Lakers-Eigner seiner Zeit voraus gewesen. Buss brachte die Zuschauerränge bis an den Rand des Spielfelds, vermietete die ersten VIP-Logen und erfand die Laker-Girls.
Buss hatte sich in den 70ern vom Cheerleading an den Unis inspirieren lassen. Gemeinschaftslook und der Zusammenhalt mit den Fans beeindruckten Buss und inspirierten ihn dazu, diese Atmosphäre zu den Heimspielen der Lakers zu bringen.
Als Neu-Besitzer engagierte Buss 1979 ehemalige Cheerleader umliegender Colleges - die "Original Laker Girls" waren geboren. Und mit ihnen professionelles Cheerleading im Basketball.
Basketball als Unterhaltung
"Er hat uns gelehrt, welchen Unterhaltungswert Basketball hat", begrüßte NBA Commissioner David Stern Buss' Aufnahme in die Hall of Fame. "Er hat mit seinem innovativen Führungsstil das Gesicht der Liga verändert", schrieb Springer.
Buss' stolzeste Bewunderin dürfte jedoch - wie immer - Tochter Jeanie gewesen sein. Die Vizepräsidentin der Lakers twitterte fleißig Bilder von der Hall-Of-Fame-Zeremonie. Während Jerry von seiner "wundervollen Familie" sprach, "die mir geholfen und mich auf jedem Schritt meines Weges begleitet hat. Ich danke euch, Kinder."
Weiter zu Teil II: Buss' Weg aus der Provinz an die Spitze der NBA
Um Buss' Beliebtheit in der Branche zu verstehen, muss man einen Blick auf seinen Konterpart werfen: Donald Sterling ist Besitzer des Stadtrivalen L.A. Clippers. Auch er wurde in der Immobilienbranche reich, das ist aber auch schon alles, was ihn mit Buss verbindet.
Sterling wird Fremdenfeindlichkeit nachgesagt und er gilt als geizig. In der Vergangenheit machte er hauptsächlich mit kurzsichtigen Transfers Schlagzeilen. Sterling weigerte sich, teure Stars zu halten, nahm lieber das Geld mit. Zu Beginn des Jahrtausends liefen ihm folgerichtig - sobald ihre Verträge es zuließen - die Leistungsträger davon.
Buss hingegen hat sich nie gescheut, Geld für große Namen in die Hand zu nehmen. Oder in den Verbleib von Leistungsträgern zu investieren. Auch abseits des Sports erweckt der Veteran mit großzügigen Gesten Aufmerksamkeit: 2008 spendierte Buss seiner geliebten University of Southern California mal eben 7,5 Millionen US-Dollar - für zwei Lehrstühle und ein Stipendium.
Das erste Leben
Buss hat eben nicht vergessen, wie er den Aufstieg aus Provinz und Armut in die Welt der Privilegierten geschafft hat. Als Schüler versuchte er durch Nebenjobs seine allein erziehende Mutter zu entlasten. Seinen Abschluss schaffte er mit links.
In der Rekordzeit von weniger als drei Jahren absolvierte er ein naturwissenschaftliches Studium an der University of Wyoming. Schließlich fand er sich nach dem Mastersstudium an der University of Southern California mit einem Doktortitel in physikalischer Chemie wieder. Mit nur 24 Jahren.
Die Luftfahrtindustrie schnappte sich den Absolventen Buss noch auf der Abschlussfeier und machte ihm ein Angebot. Alles schien bereitet für eine Karriere in der Forschung - doch er lehnte dankend ab.
Zweite Karriere: Immobilienhai
Buss wollte weiter Chemie lehren, gleichzeitig aber seiner Frau und den Kindern ein gutes Leben bieten. Er entschied sich für ein zweites Standbein: Gemeinsam mit einem Freund erwarb er 1959 sein erstes Appartment-Gebäude in L.A.
Aus der bescheidenen 1000-Dollar-Investition wurde mit dem Rückenwind des Booms der Sixties ein Imperium. In kürzester Zeit eroberte Buss den südkalifornischen Immobilienmarkt, besaß Hochhäuser, wertvolle Grundstücke und häufte ein hübsches Vermögen an.
Die Lakers in der mySPOX-Analyse
Zwar scheiterte in dieser Zeit seine Ehe. Doch das machte Buss nur kurzzeitig zu schaffen. Inzwischen war er enorm wohlhabend und hatte so viele Kontakte in der Welt der Reichen und Schönen, dass er in null Komma nichts dazugehörte - als reicher Junggeselle.
Im Sommer 1979 fiel der Startschuss für Buss' drittes Leben, den Siegeszug in der NBA: Der Milliardär kaufte auf einen Schlag die Lakers und den NHL-Klub der Stadt, die Kings, für 67,5 Millionen US-Dollar. Bis heute gilt der Deal als größte Transaktion im Profisport. Das Eishockey-Team stieß Buss acht Jahre später wieder ab.
Leben Nr. 4: Poker statt Rente
Im Winter dieses Jahres schockte Buss die Fans mit der Ankündigung, in Sachen Basketball künftig kürzer treten zu wollen. Rente mit 76? Nicht verwerflich, sollte man meinen. Aber die Lakers ohne Jerry? No way! Dabei hat der Patriarch seine Nachfolge gut geregelt, längst haben Sohn Jim und Tochter Jeanie übernommen.
Jim trifft Aussagen des Vaters zufolge als Vize-Manager bereits "80 Prozent aller Entscheidungen, die den Basketball betreffen". Jeanie ist seit 1999 Vizepräsidentin und hat die Finanzen fest im Griff. Nebenbei ist sie seit Jahren mit dem zweifachen Headcoach Phil Jackson liiert und steht mindestens ebenso gern im glamourösen Rampenlicht wie ihr Vater.
Und obwohl Jerry die Finger noch nicht gänzlich vom Basketball lassen kann, konzentriert er sich seit einem halben Jahr mehr auf Poker, seine alte Leidenschaft. "Pro", nennt sich der 76-Jährige seit Februar. "Ob ich davon leben kann, ist fraglich", sagte Buss in einem Interview mit "ESPN" schmunzelnd.
Er wolle dennoch so oft wie möglich an der "World Series of Poker" teilnehmen. Grund sei natürlich nicht das Geld. Sondern: "Der Wettkampf. Ich kann mir nicht viele Gelegenheiten vorstellen, bei denen ich in meinem Alter noch aktiv an einem Wettkampf teilnehmen kann."
NBA: Ergebnisse und Tabellen