Derrick Rose im Stile eines Michael Jordan

Haruka GruberFlorian Regelmann
26. Dezember 201118:06
Kobe Bryant und die Lakers kassierten eine ganz bittere AuftaktpleiteGetty
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NBA - where amazing happens! Die Chicago Bulls sorgen bei den Los Angeles Lakers für eine höchst peinliche Szene, waren auf der Verliererstraße - und gewinnen doch bei den Lakers. Auch zwischen den New York Knicks und den Boston Celtics gab es einen echten Thriller - und einen Helden namens Carmelo Anthony.

Los Angeles Lakers - Chicago Bulls 87:88

Vor dem Tipoff: Die Lakers müssen wegen der Sperre für Center Bynum die Starting Five anpassen: Gasol geht auf die Fünf, dafür beginnt Neuzugang McRoberts als Power Forward. [Metta World Peace beginnt wie erwartet als Sixth Man von der Bank aus, sein Nachfolger als Starting-Small-Forward heißt überraschend Ebanks und nicht Barnes. Bei den Bulls hingegen nichts Besonderes: Top-Verpflichtung Hamilton ist der neue Shooting Guard, ansonsten steht die gleiche erste Fünf auf derm Court wie im Vorjahr.

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Analyse: Ein seltsamer Beginn: Ausgerechnet Chicagos Backcourt, das neue Prunkstück der Bulls mit MVP Rose und dem Titel-erfahrenen Hamilton, wurde mühelos von den Lakers aus dem Spiel genommen. Hamilton musste nach 2 Fouls in den ersten 3 Minuten auf die Bank, Rose blieb bis Mitte des zweiten Viertels komplett punktlos.

Dass sich die Partie dennoch ausgeglichen gestaltete, lag angesichts des Ausfalls von Lakers-Center Bynum an den gut aufgelegten Bulls-Big-Men mit Noah (6 schnelle Punkte), Boozer (15 Punkte) und Ömer Asik (8 Rebounds). Mit zunehmender Spieldauer aber entwickelte sich der erwartete Shootout zwischen den Superstars Bryant und Rose.

Plötzlich gelang Rose fast alles, selbst sein früher noch wackeliger Wurf verwandelte sich zu einer Waffe, so dass er seine ersten 3 Dreier versenkte (am Ende 4/6). Fast schon die Aura eines Michael Jordan versprühte eine Szene: Der noch punktlose Rose bekommt Mitte des zweiten Viertels den Ball, setzt sich elegant an der Baseline durch und trifft trotz engster Bewachung mit einem Wurf, der halb Korleger und halb Floater war.

Es blieb aber durchgängig spannend, weil Bryant ihm in nichts nachstand. Genervt von den Gerüchten über die Schwere seiner Handgelenksverletzung und des Frusts ob des Odom-Weggangs, belehrte er alle Nörgler eines Besseren und schenkte Chicago, immerhin eines der besten Defensiv-Teams der NBA, 28 Punkte, 7 Rebounds, 6 Assists ein. Sein Slam-Dunk in der 27. Minute, als er krachend einen Fastbreak abschloss, war eine von ihm gewollte Demonstration dessen, wie fit er ist. Atemberauend, wie er kurz vor dem Ende den folgenden Wurf verwandelte: Spin-Move gegen Deng, Noah hilft aus und steigt zum Block, auch Deng ist an ihm dran, aber Bryant geht zum Jumper hoch und trifft.

Basketball in Perfektion - nur die 8 Turnover wollten nicht ins Bild passen, einer davon war folgenschwer und führte zur Heldentat des Derrick Rose.

Kein Team hatte lange mit mehr als 8 Punkten in Führung gelegen und selbst als die Lakers im vierten Viertel auf 76:68 und auf 80:70 (4:13 Minuten vor Schluss) erhöhten, blieb es offen. Sogar 12 verworfene Würfe in Serie brachten Chicago nicht auf die Verliererstraße. Dabei war es extrem kurios, wie Chicago in einer Szene nach dem zweiten verworfenen Freiwurf von Boozer im Stande war, 5 Offensiv-Rebounds (!) hintereinander zu holen und dennoch keinen einzigen Korb zu erzielen.

Doch urplötzlich explodierte der zuvor blasse Luol Deng (21 Punkte), streute in den letzten 3:09 Minuten 9 Zähler ein und klaute Bryant den Ball und blockte dessen letzten Wurf. Sein Ausbruch war dringend nötig, denn je näher das Spielende rückte, desto besser stellte sich L.A. auf Chicagos anfangs starke Second Unit aus Watson, Brewer und Asik ein. Neben Bryant und Gasol (14 Punkte, 8 Rebounds, 3 Blocks) überzeugten bei L.A. die namenlosen Rollenspieler: Ebanks (8 Punkte, 4/5), McRoberts (3 Offensiv-Rebounds, 2 Blocks) und Goudelock (2/3 Dreier), auch die Veteranen Blake (12 Punkte) und Murphy (8 Rebounds, 5 offensiv) gefielen. Enttäuschend hingegen verlief das Sixth-Man-Debüt von Metta World Peace (2/6 Würfe).

Der Star des Spiels: Derrick Rose. Seine 22 Punkte und 5 Assists klingen wenig aufregend und sind angesichts der wirkungslosen ersten eineinhalb Viertel nicht verwunderlich. Doch dann durchging er innerhalb weniger Minuten einer Metamorphose: vom MVP ohne Wurf zu jemandem, der - vorsichtig formuiliert - Erinnerungen an Jordan weckte. Seine neue Gefährlichkeit von der Dreierlinie - höchst respektabel. Die Selbstsicherheit, wie er im letzten Bulls-Angriff den Ball wollte und den Wurf versenkte - beängstigend. Bryant wird unter Druck gesetzt, Deng schnappt sich den Fehlpass, über Noah kommt der Ball zu Rose und dann ging alles in Zeitlupe, obwohl nur wenige Sekunden auf der Uhr waren. Rose geht an Fisher vorbei, sieht Gasol entgegenfliegen, setzt den Floater an - und es macht nur swish! 88:87 Chicago! Dass Bryants Antwort dank Dengs Block ausblieb, passte zur Story des Spiels.

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New York Knicks - Boston Celtics 106:104

Vor dem Tipoff: Keine Überraschung bei den Knicks. New York beginnt mit Douglas und Fields im Backcourt, den neuen Super-Frontcourt bilden Anthony, Stoudemire und Chandler. Backup-Point-Guard Bibby (Rücken) muss passen. Bitter für die Celtics: All Star Paul Pierce (Fersenprellung) fällt wie befürchtet aus, für ihn steht Pavlovic neben Rondo, Allen, Garnett und O'Neal in der Starting Five. Pietrus, erst am Samstag verpflichtet, steht noch nicht im Kader.

Analyse: Boston hat die Atlantic Division viermal in Folge gewonnen, Boston entschied alle vier Regular-Season-Duelle gegen New York in der letzten Saison für sich. Und Boston fegte New York dann auch per Sweep aus den Playoffs. Angesichts der aufstrebenden Knicks und der Probleme der alternden Celtics (u.a. Saisonausfall von Jeff Green) deutete sich für diese Saison ein Machtwechsel an. Und der Saisonauftakt sollte ein erstes Indiz sein. Ob er es war, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass gleich das erste Spiel der neuen NBA-Saison an Dramatik nicht zu überbieten war.

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Die Knicks dominierten zu Beginn und zeigten sofort im ersten Saisonspiel ihre neue Aggressivität. Die Celtics-Defense, die in der letzten Saison nur 91 Punkte pro Partie abgab, ließ viel zu viel zu.

Schon nach sechs Minuten hatten die Knicks 19 Punkte auf dem Konto (19:12).

Boston präsentierte sich erschreckend soft und ohne seinen Go-to-Guy Pierce sahen die Celtics in der Offense anfangs absolut verloren aus. Die Celtics spielten teilweise mit einer Lineup bestehend Leuten wie Chris Wilcox, Avery Bradley und Keyon Dooling. Qualität sieht einfach anders aus.

Ganz anders die Knicks, die ihre Führung schon im ersten Viertel auf zwölf Zähler ausbauten (30:18) und nach einem 9:0-Lauf im zweiten Viertel schnell auf 16 Punkte (45:29) weg waren. Besonders positiv: Das Scoring verteilte sich bei New York. Es waren nicht nur Amare Stoudemire (u.a. 2/2 Dreier) und Carmelo Anthony, die Akzente setzten, besonders beeindruckend spielte vor allem auch der mit einer grandiosen Athletik ausgestattete Rookie-Guard Iman Shumpert auf.

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Allerdings übertrieb es Shumpert in der Folge auch, nahm sich einige Würfe zu viel (3/13 FG) und schied später auch noch mit einer Knieverletzung aus (2-4 Wochen Pause). Die Celtics verkürzten nach einem zwischenzeitlichen 17-Punkte-Rückstand (32:49) dank eines plötzlich aufdrehenden Brandon Bass und vor allem dank eines überragenden Rajon Rondo bis zur Pause auf 10 Zähler (52:62) und hatten aus dem Nichts sogar die bessere Quote aus dem Feld.

Gefühlt war die Dominanz der Knicks größer, Boston blieb aber auch aufgrund von Unkonzentriertheiten der Knicks im Spiel. Und es wurde noch besser für die Celtics. Die One-Man-Show namens Rondo sorgte mit Hilfe des aufwachenden Ray Allen dafür, dass sich das Spiel im dritten Viertel komplett drehte. Nach einem wahnsinnigen 22:2-Lauf innerhalb von sechs Minuten führten die Celtics plötzlich mit acht Punkten (77:69).

Bei den Knicks - Anthony war auch noch in Foulprobleme geraten und saß auf der Bank - wurden jetzt doch ihre Schwachstellen bemerkbar. Mangelnde Defense und vor allem ein fehlender klassischer Point Guard, der das Spiel kontrolliert. Boston ging nach einem brutal starken Viertel (35:17) mit einer 7-Punkte-Führung ins Schlussviertel, wo sich ein dramatischer Krimi entwickeln sollte.

Anthony drehte noch einmal auf und brachte die Knicks wieder zurück, die Achterbahnfahrt ging munter weiter. Für die Celtics hielt jetzt vor allem Kevin Garnett dagegen - es herrschte eine elektrisierende Atmosphäre im Garden. Fast hatte man das Gefühl, man sieht eine sehr verfrühte Playoff-Schlacht, so viel Intensität war am Ende im Spiel.

In der Crunchtime hatten die Knicks letztlich die besseren Nerven. Ein Garnett-Jumper von der Baseline hätte das Spiel mit dem Buzzer noch in die Overtime bringen können, fand aber nicht den Weg in den Korb. Nach Garnetts Fehlwurf kochten die Emotionen noch einmal hoch und es gab noch ein bisschen Trash Talk, Garnett und Knicks-Bankspieler Bill Walker gerieten aneinander. Knicks vs. Celtics - das werden noch heiße Duelle in dieser Saison. Ex-Maverick Tyson Chandler verbuchte bei seinem Knicks-Debüt übrigens sechs (!) Blocks, aber nur 3 Rebounds.

Der Star des Spiels: Carmelo Anthony. Als Melo im dritten Viertel mit Foulproblemen auf die Bank musste, verloren die Knicks das Momentum. Boston startete sein furioses Comeback und lag auf Siegkurs. Doch dann rettete Anthony die Knicks mit einem phänomenalen Schlussviertel, in dem er 17 seiner 37 Punkte (10/17 FG, 4/7 Dreier, 13/15 FT) erzielte, 16 Sekunden vor Ende die entscheidenden Freiwürfe verwandelte und New York quasi im Alleingang zum Sieg trug. Bei den Celtics außerirdisch gut: Rajon Rondo. Es gab ja zuletzt Trade-Gerüchte um Rondo, aber wer seine Show gegen die Knicks gesehen hat, der kann ihn niemals abgeben wollen. Rondo scorte (31 Punkte, 11/19 FG), er verteilte teils sagenhafte Assists (15), er klaute Bälle (5) - und er traf sogar plötzlich Freiwürfe (9/12). Auch stark bei Boston: Neuzugang Brandon Bass (20 Punkte, 9/13 FG, 11 Rebounds).

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