Sind die New York Knicks dank der Verpflichtung von Tyson Chandler jetzt der Topfavorit im Osten? Haben die Clippers in Los Angeles die großen Lakers überholt? Haben Dirk Nowitzkis Dallas Mavericks in der Offseason alles richtig gemacht? Stehen die Portland Trail Blazers vor dem Nichts? Und ist die NBA dank Commissioner David Stern zu einer Witzliga verkommen? Mit Tim Legler, "ESPN"-Experte und Ex-NBA-Profi, diskutieren die SPOX-Redakteure Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann die wichtigsten Thesen vor dem Saisonstart.
These: Die Clippers haben die Lakers überholt.
Tim Legler: Ich halte es absolut für möglich, dass die Clippers nicht nur mehr Regular-Season-Siege als die Lakers einfahren werden, sondern dass sie auch in den Playoffs für Furore sorgen könnten. Diese Chance haben sie. Die Lakers haben dagegen einen Schritt zurück gemacht. Seien wir ehrlich: Sie haben Lamar Odom verloren und sie haben keine einzige große Verstärkung holen können. Sie haben sich nicht verbessert, weder durch einen bedeutenden Free Agent noch durch einen Trade. Außerdem muss sich das Team auf Mike Brown als neuen Head Coach einstellen, da bin ich auch mal gespannt, wie die Mannschaft auf ihn reagiert. Die Clippers haben einige Veteranen ins Team geholt, sie haben große Führungsqualitäten auf der Point-Guard-Position - und sie haben neben Blake Griffin noch einige gute Talente. Sie können gewinnen, und zwar sofort. Das ganze Gerede von der Teamchemie und dergleichen, ich glaube nicht, dass sie auf irgendetwas warten müssen. Sie werden sofort auf einem hohen Niveau sein und Spiele gewinnen. Getty
Florian Regelmann: Ich sehe das ein bisschen anders, Tim. In Sachen Highlight-Reel-Plays im ESPN SportsCenter werden die Clippers vorne liegen, klar, aber sonst auf gar keinen Fall. Es gibt wenig, was mich im Sport generell so auf die Palme bringt, wie wenn Teams unfassbar gehyped werden, die noch gar nichts gewonnen haben. Kann sich jetzt jeder denken, wen ich da noch meinen könnte. Das wollen wir also doch dann erst mal sehen, was die Clippers machen, wenn es in den Playoffs in die Crunchtime geht. Ich finde es schon sehr befremdlich, wie die Lakers von vielen abgeschrieben oder für tot erklärt werden. Da kann ich nur den Kopf schütteln. David Stern hat ihnen übel mitgespielt, dazu kommen wir ja später noch, aber dennoch haben die Lakers nach wie vor ein Team von Championship-Kaliber zusammen. Kobe, Pau und Bynum sind ein besseres Trio als CP3, Blake und DeAndre Jordan. Punkt. Die Lakers haben auch viel mehr Leadership und Erfahrung. Und die Lakers sind heiß nach dem Playoff-Desaster. Sobald Dwight Howard bei den Lakers ist, können wir die ganze Diskussion sowieso beenden. Und Dwight Howard wird bei den Lakers landen, davon bin ich überzeugt.
Haruka Gruber: Aufgeholt: ja. Auf gleicher Höhe: vielleicht. Aber überholt: nein. Ich verstehe, dass die Lakers in der Wahrnehmung sehr viel eingebüßt haben, aber wie Kollege Regelmann schon sagt: So schlecht sind sie auch wieder nicht. Sie haben immer noch Kobe, Bynum, Gasol und Metta World Peace, dazu wurde mit Murphy ein langsamer, dafür wurfstarker Big Man mit überragendem Rebounding geholt. Und die Clippers? Paul und Griffin zusammen sind der Wahnsinn - und dann? Butler für 9 Millionen Dollar pro Jahr zu verpflichten und mit DeAndre Jordan für 11 Millionen Dollar pro Jahr zu verlängern ist genauso Wahnsinn - aber im negativen Sinne. Man könnte argumentieren, dass die Clippers wenn nicht in diesem, dann spätestens im nächsten Jahr die Lakers überholen, aber auch das sehe ich nicht. Zum einen haben die Lakers bewiesen, dass sie aus jeder Enttäuschung gestärkt hervorgehen und extrem gut darin sind, sich neu aufzustellen. Zum anderen sind die Clippers, unabhängig von aktuellem Kader und aktuellem Trainer, einfach eine Loser-Franchise. Das ist etwas, das tief in deren Kultur verwurzelt ist und nicht mit einem Trade einfach so verändert werden kann. Dieser Prozess wird länger als ein, zwei Jahre dauern.
Philipp Dornhegge: Ich bin im Gegensatz zu meinen beiden Kollegen hier ganz bei Dir, Tim. Keine Frage: Kobe, Gasol, Bynum, Fisher, Artest sind Playoff- und Championship-erprobte Spieler. Aber vier von ihnen sind auch nicht mehr die Jüngsten. Und trotzdem werden sie in diesem Jahr, in dem der Kalender unheimlich komprimiert ist, extrem viele Minuten spielen müssen. 66 Spiele in rund 120 Tagen sind für kein Team ein Pappenstiel, und gerade für eine dünne Rotation wie die der Lakers könnte es im Laufe der Saison knüppeldick kommen. Im letzten Jahr hat man klar gesehen, dass vor allem Schnelligkeit und Athletik fehlen, um die alternden Stars zu entlasten. Beides fehlt immer noch. Die Clippers sind für mich das genaue Gegenteil: Sie haben mit dem Trade für Paul nicht nur ihr Image auf einen Schlag aufpoliert und sind plötzlich DAS Must-See-Team. Ich gehe davon aus, dass so ziemlich alle Auswärtsspiele ausverkauft sein werden. Die Clippers sind jung, athletisch hoch zehn und haben jetzt auch noch einen Floor General, der alle Spieler noch ein bisschen besser machen wird. Klar, das Verletzungsrisiko ist angesichts der Vorgeschichten von Paul, Griffin und Butler nicht von der Hand zu weisen. Aber das gilt für Kobe und vor allem Bynum genauso. Wenn wir davon ausgehen, dass beide Teams unbeschadet durch die Saison gehen, sind die Clippers für mich schlicht und ergreifend das bessere Team.
These 2: Die Knicks sind mit Chandler der Ost-Topfavorit.
These 3: Blazers stehen nach dem Roy-Rücktritt vor dem Nichts.
These 4: Mark Cuban und die Mavs haben alles richtig gemacht.
These 5: Die NBA ist dank David Stern zur Witzliga verkommen.
These: Die Knicks sind mit Chandler der Ost-Topfavorit.
Philipp Dornhegge: Nie und nimmer! So gut Chandler ist und so sehr er im letzten Jahr die Defensive der Mavs verbessert hat: Dallas hatte auch vorher schon die grundsätzliche Mentalität und den Willen, ordentlich zu verteidigen. In New York sehe ich nichts davon. Die Superstars Carmelo Anthony und Amare Stoudemire haben aufgrund ihrer Athletik natürlich die grundsätzlichen Anlagen, um an beiden Enden des Courts zu dominieren. Aber beide tun es einfach nicht. Ein Trainer wie Mike D'Antoni hilft dabei aber auch nicht. Er hatte schon in Phoenix den Ruf, ein reiner Offensiv-Coach zu sein und vor allem einer, dessen Taktik auf Run and Gun beruht. Dass das aber nicht der Weg ist, der zum Erfolg führt, haben die Suns jahrelang bewiesen. Diesen Stil kann er mit seinen Knicks in dem Maße aber sowieso nicht spielen, weil D'Antoni eine der schlechtesten Backcourt-Rotationen der Liga hat. Wie er mit dieser Truppe auch nur den Hauch einer Chance gegen Miami oder Chicago haben will, ist mir völlig schleierhaft. Die Heat haben mit Battier ihre Rotation verbessert und ein Jahr mehr Erfahrung im Zusammenspiel auf der Haben-Seite, die Bulls mit Rip Hamilton endlich den Shooting Guard, der Derrick Rose als Scorer entlasten kann. Selbst Indiana, Orlando und ein paar andere Teams sehe ich aber auf Augenhöhe mit den Knicks. Und Chandlers Mammut-Vertrag bedeutet vor allem, dass sich an der Situation mittelfristig nichts ändern wird.
Haruka Gruber: Das sehe ich überhaupt nicht so wie Philipp. Einfaches Ausschlussprinzip: Boston ist zu alt und vermisst Jeff Green und Rajon Rondos Wurf. Orlando gehört auch mit Dwight Howard nur zur Gruppe der Verfolger mit Atlanta und Indiana. Bleiben Miami und Chicago. Wobei mir bei Miami noch immer die Balance im Kader abgeht: Wenn zwei der fünf Starter-Positionen mit Joel Anthony und Mario Chalmers Spielern gehören, die bei allen anderen Titelkandidaten wohl nur Backups wären, stimmt etwas nicht. Chicago halte ich für wesentlich stärker, weil Rip Hamilton die letzte Lücke schließt. Eine Starting Five aus Derrick Rose, Hamilton, Luol Deng, Carlos Boozer und Joakim Noah ist bockstark - aber nur, wenn Boozer endlich aus dem Quark kommt. Denn mit einem soften Boozer wird es für die Bulls schwer gegen die Knicks. So ausgeglichen und gut besetzt ist kein anderer Frontcourt wie der von New York. Tyson Chandler kann jeden Center-Typ verteidigen und hilft clever aus. Davon hat Dirk Nowitzki profitiert, davon werden Amare Stoudemire und Carmelo Anthony profitieren. Offensiv fordert Chandler keine Würfe, so dass sich Stoudemire und Anthony den Ball teilen können. Perfekte Ausgangslage also. Und auf den Guard-Positionen sind die Knicks lange nicht so mies besetzt, wie es Philipp behauptet: Landry Fields ist unglaublich vielseitig und kampfstark, die schwachen Playoffs sollte man nicht überbewerten. Und Toney Douglas mag ein Shooter und kein klassischer Floor General sein, dennoch hat er enorm viel Potenzial. Zumal zur Not auch Mike Bibby und Baron Davis zur Verfügung stehen: Selbst wenn nur einer von den beiden fit bleibt und ordentlich spielt, wäre für New York viel gewonnen.
spoxFlorian Regelmann: Die Knicks sind wegen des Chandler-Moves zwar für mich der große Gewinner der Free Agency und sie werden mit ihm auch ein gewichtiges Wörtchen mitreden im Osten, aber der Topfavorit sind sie für mich nicht. Der Topfavorit ist für mich Chicago. Warum? Weil sie sich Rip Hamilton und damit das letzte Puzzleteil geholt haben, das ihnen zur Championship gefehlt hat. Ein typischer Move, der etwas untergegangen ist, aber der sich als Coup erweisen wird. Hamilton brauchte nach seinen Problemen zuletzt in Detroit einen Neustart, und Chicago brauchte ihn, einen Scorer, es ist der perfekte Deal. Dass die Bulls dringend, und ich meine DRINGEND, einen Shooting Guard gebraucht haben, um Derrick Rose zu entlasten, weiß jeder. Und jetzt haben sie statt Keith Bogans und seinen 4,4 Punkten einen Mann, der in seiner Karriere in den Playoffs 20 Punkte im Schnitt gemacht und unter Druck unzählige Big-Time-Shots reingehauen hat. Der Championship-Erfahrung hat. Der auch erst 33 ist. Der ideal zu Rose passt, weil er den Ball als Catch-and-Shoot-Typ, der die ganze Zeit um Screens herumläuft, nicht dominieren muss. Der zudem auch noch Defense spielt. Hätten die Bulls in der Miami-Serie Hamilton gehabt, hätten die Heat das schon letzte Saison nicht gewonnen. Mit Hamilton hat Chicago jetzt eine brutal starke 10-Mann-Rotation. Da kann überhaupt niemand mithalten. Was denkst Du, Tim?
Tim Legler: Ich sehe die Knicks auch nicht ganz vorne. Für mich sind die Miami Heat ohne Wenn und Aber der Topfavorit in der Eastern Conference. Wie wir alle wissen, standen die Heat in der letzten Saison schon in den Finals und jetzt gehen sie in der fast gleichen Zusammensetzung in das zweite Jahr. Ich glaube, dass sie sich in dieser Saison viel leichter tun und viel besser sein werden. Die Verpflichtung von Shane Battier macht Miami außerdem auch noch stärker. Was New York angeht: Die Knicks werden dank Tyson Chandler in der Defense viel, viel besser sein. Das ist klar. Aber für mich bleiben Fragezeichen. Sind Carmelo Anthony und Amare Stoudemire bereit, sich dem Defense-Konzept unterzuordnen? Ich habe meine Zweifel. Die Knicks sind kein Championship-Team. Und zwar sind sie das solange nicht, bis Anthony und Stoudemire bereit sind, einen Teil ihres Spiels zu opfern, um bessere Defender zu werden.
These 1: Die Clippers haben die Lakers überholt.
These 3: Blazers stehen nach dem Roy-Rücktritt vor dem Nichts.
These 4: Mark Cuban und die Mavs haben alles richtig gemacht.
These 5: Die NBA ist dank David Stern zur Witzliga verkommen.
These: Blazers stehen nach dem Roy-Rücktritt vor dem Nichts.
Haruka Gruber: Brandon Roy war auf dem Weg, zum besten oder zweitbesten Shooting Guard der Liga zu werden, vielleicht hätte er ihn in die Hall of Fame geführt. Umso bitterer der Rücktritt - dennoch sehe ich die Lage nicht negativ. So seltsam es klingt, aber der Kern ist weiter vorhanden, auch wenn Roy die Seele und das Hirn der Mannschaft war. LaMarcus Aldridge als Go-to-Guy ist schon mal ein Anfang: In den Playoffs sah man zwar, dass er noch nicht auf dem Niveau eines Dirk Nowitzki ist. Aber wenn Nowitzki in zwei, drei Jahren aufhört, wird Aldridge derjenige sein, der ihm am nächsten kommt. Gerald Wallace und Raymond Felton können All-Star-Zahlen auflegen, Marcus Camby erledigt wie immer seinen Job, Wes Matthews und Nicolas Batum sind hochtalentiert und mit Jamal Crawford konnte man den Sixth Man von 2010 an sich binden. Bleibt die offene Frage nach Greg Oden, wobei: Zu verlieren hat Portland vom 9-Millionen-Jahresgehalt abgesehen so gut wie nichts. Oden wird niemals 30 Minuten pro Spiel durchhalten und 20 Punkte sowie 10 Rebounds abliefern, aber selbst bei 20 Minuten und 15/8 wäre den Blazers sehr geholfen. Und je nachdem, wie es Oden geht, kann man im Sommer neu evaluieren und überlegen, die eingesparten Millionen von Roy und Oden zu nehmen und sie einem Top-Free-Agent anzubieten.
Philipp Dornhegge: So hart es klingen mag: Für die Blazers war das Karriereende von Roy wahrscheinlich ein Segen. Ich bin ja sehr für Menschlichkeit und rechne es Portland hoch an, dass es seinen Star nicht hat fallen lassen, obwohl es nur eine Frage der Zeit gewesen wäre, ehe Roys Beine komplett versagt hätten. Wirtschaftlich aber hat Roy seinem Team zuletzt nur geschadet. Ein teurer Spieler, der nicht auf dem Platz steht, ist das schlimmste für eine Franchise. Jetzt hat Portland einen Kaderplatz frei, Geld zur Verfügung und trotzdem eine richtig starke Mannschaft. Aldridge, Wallace, Matthews, Batum, Felton: Das sind alles richtig gute NBA-Spieler, die Portland trotz allem zu einem Playoff-Team machen. Und nachdem Smith - in meinen Augen ein total unterschätzter Spieler - und Routinier Thomas für Minimalgehalt kamen, sind auch die großen Positionen nicht mehr so schlecht besetzt. Ganz zu schweigen davon, dass die Blazers mit Crawford einen Scorer für relativ wenig Geld bekommen haben. Oden neun Mio. Dollar zu zahlen mag gewagt klingen, aber warum sollte man es nicht noch ein Jahr mit ihm versuchen? Und wenn das Experiment nicht funktioniert, dann ist Oden im nächsten Jahr eben weg, genau wie vermutlich eine Reihe anderer Spieler, deren Verträge auslaufen bzw. die aussteigen können. Wallace und/oder Felton kommen in Frage. Die Folge wäre ein Rebuild um Aldridge, Matthews und vermutlich Batum, der aber dank günstiger Vertrags- und Kadersituation eine gute Basis hätte. Ich sehe weder kurz- noch mittel- oder langfristig schwarz für Portland.
Tim Legler: Ich muss euch Recht geben. Portland sieht auf den ersten Blick aus wie ein Team, das dabei ist, komplett auseinander zu fallen, aber das stimmt nicht. Ein großer Faktor, warum ich nicht schwarz sehe, ist Nate McMillan. Er ist einer dieser Head Coaches, die die besondere Gabe haben, immer das Beste aus dem Spielermaterial herauszuholen, das er eben gerade zur Verfügung hat. Wir müssen uns nur mal überlegen, was denn Portland immer ausgezeichnet hat?
Florian Regelmann: In erster Linie mal Team-Basketball.
Tim Legler: Genau. Die Blazers hatten immer eine großartige Chemie in der Mannschaft, sie haben den Ball laufen lassen und gut als Mannschaft harmoniert und zusammengespielt. Das hat sie stark gemacht. Und das ist Nate McMillans Verdienst. Das ist vor allem eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit, die McMillan immer hat, egal mit welcher Gruppe er zusammenarbeitet. Wenn du es schaffst, dass deine Jungs auf diese Art und Weise auf NBA-Niveau Basketball spielen, dann wirst du nie große Probleme bekommen. Ich glaube, dass die Portland Trail Blazers in dieser Saison einige Leute überraschen werden. Sie werden einen Weg finden, um ihren Kopf über Wasser zu halten. Ich sehe sie in den Playoffs.
Florian Regelmann: Dann bin ich anscheinend der Einzige, der die Blazers-Zukunft nicht so rosig sieht. Ich sehe schon auch, dass Portland in dieser Saison eine richtig gute Starting Five hat. Darum geht es mir aber nicht. Dass ich ein bisschen schwarz sehe, hat in erster Linie auch gar nichts damit zu tun, dass Brandon Roy und Greg Oden leider, leider nicht (mehr) die Körper haben, um NBA Basketball zu spielen. Das ist zwar ungemein tragisch und bitter, aber das Problem liegt meiner Meinung nach tiefer in Portland. Das Problem Nummer eins ist, dass die Blazers im letzten Jahr am Draft-Tag aus unerklärlichen Gründen einen der besten General Manager gefeuert haben, den es in der NBA so gab. Kevin Pritchard. Ja, ich weiß, dass er es war, der Oden vor Kevin Durant gepickt hat. Aber das ändert nichts an seinen Fähigkeiten. Pritchard war es zum Beispiel, der Brandon Roy und LaMarcus Aldridge, oder auch Nicolas Batum, nach Portland gebracht und die Blazers damit überhaupt erst wieder relevant gemacht hat. Jetzt haben die Blazers, nachdem auch Rich Cho gehen musste, aktuell nicht mal einen echten GM, und sie haben einen extrem reichen Owner in Paul Allen, der irgendwie die Lust an den Blazers verloren hat. Jamal Crawford ist ganz nett, aber Portland wird so in den nächsten Jahren keine Big Free Agents an Land ziehen können. Ich sehe nicht, dass sie mit diesem Front Office mittelfristig eine große Rolle spielen können.
These 1: Die Clippers haben die Lakers überholt.
These 2: Die Knicks sind mit Chandler der Ost-Topfavorit.
These 4: Mark Cuban und die Mavs haben alles richtig gemacht.
These 5: Die NBA ist dank David Stern zur Witzliga verkommen.
These: Mark Cuban und die Mavs haben alles richtig gemacht.
Florian Regelmann: Nein, haben sie nicht! Wenn sie alles richtig gemacht hätten, dann wäre Tyson Chandler nämlich jetzt noch in Dallas. Es war ganz interessant zu hören, was die Knicks gesagt haben, als sie Chandler vorgestellt haben. Chandler bringe ihnen all das, was sie vorher nicht hatten. Defense, Physis, Toughness. Und genau so verhält es sich auch bei den Mavs. Chandler hat ihnen letzte Saison all das gebracht, was sie vorher nicht hatten und warum sie vorher auch keinen Titel gewonnen haben. Und ohne Chandler haben die Mavs jetzt genau diese Attribute auch schon wieder verloren. Ich finde es schon kurios, dass man in Dallas überhaupt nicht begriffen hat, warum man den Titel gewinnen konnte. Und wer daran einen so großen Anteil hatte. Dirk hat es selbst immer betont, wie Chandler die gesamte Identität des Teams verändert hat. Sie hätten ihn unbedingt halten müssen. Und wenn sie sich damit die eventuelle Chance auf einen Deron Williams verbaut hätten? Na und! Dass ihnen Odom aus dem Nichts in den Schoß gefallen ist, macht die Offseason natürlich jetzt besser, als sie sonst gewesen wäre. Aber ich bleibe dabei: Chandler gehen zu lassen, ist ein riesiger Fehler. Sie werden in der Defense wieder einen brutalen Schritt zurück machen. Ein Repeat ohne Chandler halte ich für absolut ausgeschlossen.
Tim Legler: Ich bin da ganz bei Dir, Florian. Ich muss ehrlich zugeben, dass mich die Mavs doch sehr verwirren. Den "Plan", mit dem Dallas versucht, seine Championship zu verteidigen, verstehe ich nicht. Es ist ja anscheinend von ihnen gewollt und so entschieden worden, dass sie so viel Platz unter dem Salary Cap wie möglich freischaufeln wollten, damit sie im Sommer 2012 alle Möglichkeiten haben. Das ist ja schön und gut, aber indem sie das geschafft haben, haben sie durch die Abgänge von Tyson Chandler, J.J. Barea und Caron Butler mal eben einen Großteil ihrer Toughness und einen Großteil ihrer Teamchemie verloren. Diese drei Jungs waren auch in der Kabine drei ganz wichtige Figuren. Jetzt müssen die Mavericks erst mal herausfinden, wo sie die Toughness und diese Killer-Mentalität herbekommen wollen. Es wird sehr schwer für sie, den Titel zu verteidigen. Falsch: Es wird nicht nur schwer, den Titel zu verteidigen. Es wird verdammt schwer für sie, überhaupt im Westen als Sieger hervorzugehen.
Philipp Dornhegge: Da haben sich ja zwei Mavs-Kritiker gefunden. Ich muss sagen, dass mich die Mail, die Mark Cuban an Tim McMahon geschickt und die der dann veröffentlicht hat, schon beeindruckt hat. Da hatte man mal die Chance, im Detail zu sehen, wie Cuban und die Mavs ticken - und dass sie vor allem einen klaren Plan haben. Hätten sie dieses Jahr ihren Titel auf Teufel komm raus verteidigen wollen, hätten sie sich wirtschaftlich in eine schwierige Situation begeben müssen, die vor allem mittelfristig kaum zu korrigieren gewesen wäre. Deshalb mussten sie fast schon die auf den ersten Blick unpopuläre Entscheidung treffen, Chandler, Barea und Butler gehen zu lassen, die allesamt längerfristige und hoch dotierte Verträge hätten bekommen müssen. Stattdessen legten sie sich darauf fest, sich Einjahres- und auslaufende Verträge aufzuladen, die Dallas im kommenden Sommer die Möglichkeit geben, richtig zuzuschlagen und sich, mit viel Glück, sogar Dwight Howard oder Deron Williams zu schnappen. Vince Carter, Delonte West und Brandan Wright waren aus meiner Sicht kluge Deals, und der Lamar-Odom-Trade war natürlich ein Geschenk der Lakers, das man unmöglich ausschlagen konnte. Aber auch wenn die Mavs ohne Chandler kleiner sind als letztes Jahr, gehören sie für mich wieder zu den Titelkandidaten. Und das Beste: Dallas ist trotzdem gerüstet für die Zukunft.
Haruka Gruber: Die Aussichten der Mavs sind wirklich glänzend: Odom nimmt nichts von der Flexibilität für 2012, so dass nach dieser Saison nur Nowitzki, Marion und Haywood als Besserverdiener im Kader stehen und mindestens ein vertragsloser Superstar geholt werden kann. Aber auch für dieses Jahr hat Cuban alles richtig gemacht - aber nur fast. Auch wenn es Romantiker nicht gerne hören: Barea, Chandler und selbst Butler bekommen dank Titel-Bonus bei anderen Teams mehr, als sie sportlich verdienen. Nicht mitzubieten war die klügste Entscheidung - genauso wie davon Abstand zu nehmen, auf Teufel komm raus einen Ersatz-Chandler zu verpflichten. Sam Dalembert für 7 Millionen im Jahr? DeAndre Jordan für 11 Millionen? Völlig überzogen. Dann lieber mit Odom jemanden holen, der weiß, wie man Championships gewinnt und dazu die Mavs zwar nicht größer, dafür aber unberechenbarer macht. Nur eine Sache gibt es zu bemäkeln - es hätte Sinn gemacht, weiter auf DeShawn Stevenson zu setzen. Mit 2,5 Millionen Dollar verdient er bei New Jersey sogar weniger als der neu verpflichtete Carter. Dass Carter besser punkten kann: klar. Aber Stevenson kann jeden gegnerischen Swingman verteidigen - etwas, womit Carter und der im Vergleich zu Stevenson 17 Kilogramm leichtere Delonte West überfordert sind. Nicht umsonst sind Nowitzki, Kidd und Terry riesige Stevenson-Fans.
These 1: Die Clippers haben die Lakers überholt.
These 2: Die Knicks sind mit Chandler der Ost-Topfavorit.
These 3: Blazers stehen nach dem Roy-Rücktritt vor dem Nichts.
These 5: Die NBA ist dank David Stern zur Witzliga verkommen.
These: Die NBA ist dank David Stern zur Witzliga verkommen.
Tim Legler: David Stern stand in letzter Zeit ganz schön unter Beschuss. Und ich finde, dass es unfair ist, wie viel Kritik Stern hinsichtlich der Chris-Paul-Situation und des NBA-Lockouts eingesteckt hat. Für mich war es ein Wunder, die NBA doch noch in die Richtung zu lenken, dass wir jetzt alle an Weihnachten Basketball und den Start einer 66-Spiele-Saison zu sehen bekommen. Für seine Anstrengungen in dieser Hinsicht gebührt ihm Lob. Hinzu kommt, dass die Chris-Paul-Situation etwas war, das es vorher noch nie gegeben hat. Das war nicht leicht für ihn. Es ist sehr schwer, vor allem, wenn man sich auch noch gegenüber den anderen Besitzern und deren Forderungen und Wünschen rechtfertigen muss. Ich bin der Meinung, dass das Veto des ersten Paul-Trades, auch wenn es sicherlich für einen riesigen Streit gesorgt hat, am Ende für beide Seiten fair war. Jetzt haben wir mit Chris Paul einen aufregenden Spieler in einem großen Markt wie Los Angeles - und hoffentlich kann er die Clippers dahin führen, wo sie noch nie waren. Und die New Orleans Hornets haben auch eine Zukunft, weil sie einen Jungstar (Eric Gordon), First-Round-Picks und insgesamt jüngeres Talent bekommen haben, als das im ersten Deal mit den Lakers und Rockets der Fall gewesen wäre. Unter dem Strich ist aber einfach entscheidend, dass an Weihnachten Basketball gespielt wird. Und das, nachdem wir alle eine Weile Sorge hatten, dass wir überhaupt keine Saison erleben würden.
Haruka Gruber: Nein, eine Witzliga ist die NBA definitiv nicht. Das Veto zum Paul-Trade zu den Lakers wirkte total seltsam, andererseits hat Stern seine beiden Ziele erreicht: Auch wenn er es nicht zugeben will, wollte er einerseits nicht, dass ausgerechnet der erste Blockbuster-Deal des neuen CBA zu einer Schwächung einer kleinen Franchise und zur Stärkung einer großen Franchise führt. Andererseits durfte er sich als Quasi-Interims-Besitzer der Hornets nicht dem Verdacht aussetzen lassen, dass er New Orleans mit schlechten Trades weiter schwächt. Sonst findet die NBA nie einen Käufer für die Franchise. Mit dem Paul-Wechsel zu den Clippers hat er beide Ziele erreicht: Es wurde kein Topteam verstärkt - und die Hornets bekamen das bestmögliche Geschäft. Zudem sollte man eine wichtige Sache nicht vergessen: Als im November alles nach einer Saison-Absage aussah, ging die Gegenseite aufeinander los. Die Profis machten sich oder Gewerkschaftsboss Billy Hunter Vorwürfe, dazu die Einflussnahme der Agenten: Die Spieler waren nur bedingt handlungsfähig. In dieser Phase hinterließ Stern einen wesentlich besseren und überlegteren Eindruck. Auch weil er sich nicht zu schade war, seinen Stellvertreter Adam Silver in den Vordergrund treten zu lassen. Es war kein Zufall, dass nach dem Durchbruch der Verhandlungen Silver und nicht Stern das erste wichtige Statement äußern durfte. Er ist und bleibt streitbar, aber Stern hat seinen Nachfolger längst im Blick - und damit auch die Zukunft der NBA.
Florian Regelmann: Das ist ja bemerkenswert, wie hier David Stern in Schutz genommen wird. Ich fass es ja nicht. Der Herr Hornets-General-Manager ist schon ein ganz Großer, das kann auch ich nicht anders sagen. Im Ernst: Man muss sich das mal vorstellen. Stern hat nicht irgendeinem Team geschadet, er hat ausgerechnet den Lakers geschadet, einer seiner zwei bedeutendsten Franchises neben den Celtics. Glückwunsch! Dank Stern dürfen die Lakers jetzt jeden Tag live zuschauen, wie Chris Paul ihnen im Trikot ihres "Untermieters" vor der Nase herumläuft. Es ist das Ergebnis davon, dass die NBA von einem Diktator regiert wird. Und Lügner. Wir erinnern uns, wie Stern sagte, dass die Hornets ihre Entscheidungen eigenständig treffen könnten. Es hat in der Geschichte der NBA sicher noch keinen größeren Interessenskonflikt gegeben als in diesem Fall. Und dank Stern hat die NBA mehr Schaden genommen als ein noch längerer Lockout je hätte anrichten können. Hinzu kommt, dass Cavs-Owner Dan Gilbert, der anscheinend der heimliche Commish ist, die noch größere Witzfigur ist als Stern. Seit er LeBron verloren hat, ist Gilbert an einer Tour am Rumheulen, es ist absolut unerträglich. Dabei war Cleveland zu James-Zeiten Trillionen über dem Salary Cap. Und jetzt spielt er den Vertreter der armen Small-Market-Teams? Heuchlerischer geht es auch da nicht mehr.
Philipp Dornhegge: Die Qualität an Spielern ist natürlich weiter gigantisch, zumindest in Deutschland scheinen mir die Euphorie und die Vorfreude auf die neue Saison zudem ungebrochen. Aber ganz klar: Die Ligaführung hat sich in den letzten Wochen und Monaten vollkommen lächerlich gemacht. David Sterns Art und Weise, wie er den Lockout gemanagt hat, war schon fragwürdig, sein Veto gegen den Paul-Trade dagegen ein schlechter Witz. Mit seinem Veto hat Stern Hornets-GM Dell Demps der Lächerlichkeit preisgegeben und den Rockets, dem dritten Team im Deal, nachhaltig geschadet. So hat die Situation zwei Gewinner (Clippers und Hornets, die einen erstaunlich tiefen, talentierten und homogenen Kader haben), aber auch viele Verlierer. Neben den Rockets ist das vor allem Stern, der seinen Job als Ligaboss missbraucht hat, um nicht nur New Orleans gut zu positionieren. Der aktuelle Kader könnte die Franchise durchaus für einen potenziellen Käufer interessant machen und damit der NBA helfen. Stern hat zwar verhindert, dass die Reichen noch reicher und die Armen ärmer werden. Durch das neue CBA sollten kleinere Teams ja in Zukunft bessere Karten haben. Aber um diese Aussichten zu untermauern, hat sich Stern die Hände schmutzig gemacht. Richtig schmutzig. Der Makel, den die NBA jetzt mit sich herumträgt, lässt sich erst loswerden, wenn Stern abdankt. So langsam wird es Zeit dafür.
These 1: Die Clippers haben die Lakers überholt.
These 2: Die Knicks sind mit Chandler der Ost-Topfavorit.
These 3: Blazers stehen nach dem Roy-Rücktritt vor dem Nichts.
These 4: Mark Cuban und die Mavs haben alles richtig gemacht.