These: Die NBA ist dank David Stern zur Witzliga verkommen.
Tim Legler: David Stern stand in letzter Zeit ganz schön unter Beschuss. Und ich finde, dass es unfair ist, wie viel Kritik Stern hinsichtlich der Chris-Paul-Situation und des NBA-Lockouts eingesteckt hat. Für mich war es ein Wunder, die NBA doch noch in die Richtung zu lenken, dass wir jetzt alle an Weihnachten Basketball und den Start einer 66-Spiele-Saison zu sehen bekommen. Für seine Anstrengungen in dieser Hinsicht gebührt ihm Lob. Hinzu kommt, dass die Chris-Paul-Situation etwas war, das es vorher noch nie gegeben hat. Das war nicht leicht für ihn. Es ist sehr schwer, vor allem, wenn man sich auch noch gegenüber den anderen Besitzern und deren Forderungen und Wünschen rechtfertigen muss. Ich bin der Meinung, dass das Veto des ersten Paul-Trades, auch wenn es sicherlich für einen riesigen Streit gesorgt hat, am Ende für beide Seiten fair war. Jetzt haben wir mit Chris Paul einen aufregenden Spieler in einem großen Markt wie Los Angeles - und hoffentlich kann er die Clippers dahin führen, wo sie noch nie waren. Und die New Orleans Hornets haben auch eine Zukunft, weil sie einen Jungstar (Eric Gordon), First-Round-Picks und insgesamt jüngeres Talent bekommen haben, als das im ersten Deal mit den Lakers und Rockets der Fall gewesen wäre. Unter dem Strich ist aber einfach entscheidend, dass an Weihnachten Basketball gespielt wird. Und das, nachdem wir alle eine Weile Sorge hatten, dass wir überhaupt keine Saison erleben würden.
Haruka Gruber: Nein, eine Witzliga ist die NBA definitiv nicht. Das Veto zum Paul-Trade zu den Lakers wirkte total seltsam, andererseits hat Stern seine beiden Ziele erreicht: Auch wenn er es nicht zugeben will, wollte er einerseits nicht, dass ausgerechnet der erste Blockbuster-Deal des neuen CBA zu einer Schwächung einer kleinen Franchise und zur Stärkung einer großen Franchise führt. Andererseits durfte er sich als Quasi-Interims-Besitzer der Hornets nicht dem Verdacht aussetzen lassen, dass er New Orleans mit schlechten Trades weiter schwächt. Sonst findet die NBA nie einen Käufer für die Franchise. Mit dem Paul-Wechsel zu den Clippers hat er beide Ziele erreicht: Es wurde kein Topteam verstärkt - und die Hornets bekamen das bestmögliche Geschäft. Zudem sollte man eine wichtige Sache nicht vergessen: Als im November alles nach einer Saison-Absage aussah, ging die Gegenseite aufeinander los. Die Profis machten sich oder Gewerkschaftsboss Billy Hunter Vorwürfe, dazu die Einflussnahme der Agenten: Die Spieler waren nur bedingt handlungsfähig. In dieser Phase hinterließ Stern einen wesentlich besseren und überlegteren Eindruck. Auch weil er sich nicht zu schade war, seinen Stellvertreter Adam Silver in den Vordergrund treten zu lassen. Es war kein Zufall, dass nach dem Durchbruch der Verhandlungen Silver und nicht Stern das erste wichtige Statement äußern durfte. Er ist und bleibt streitbar, aber Stern hat seinen Nachfolger längst im Blick - und damit auch die Zukunft der NBA.
Florian Regelmann: Das ist ja bemerkenswert, wie hier David Stern in Schutz genommen wird. Ich fass es ja nicht. Der Herr Hornets-General-Manager ist schon ein ganz Großer, das kann auch ich nicht anders sagen. Im Ernst: Man muss sich das mal vorstellen. Stern hat nicht irgendeinem Team geschadet, er hat ausgerechnet den Lakers geschadet, einer seiner zwei bedeutendsten Franchises neben den Celtics. Glückwunsch! Dank Stern dürfen die Lakers jetzt jeden Tag live zuschauen, wie Chris Paul ihnen im Trikot ihres "Untermieters" vor der Nase herumläuft. Es ist das Ergebnis davon, dass die NBA von einem Diktator regiert wird. Und Lügner. Wir erinnern uns, wie Stern sagte, dass die Hornets ihre Entscheidungen eigenständig treffen könnten. Es hat in der Geschichte der NBA sicher noch keinen größeren Interessenskonflikt gegeben als in diesem Fall. Und dank Stern hat die NBA mehr Schaden genommen als ein noch längerer Lockout je hätte anrichten können. Hinzu kommt, dass Cavs-Owner Dan Gilbert, der anscheinend der heimliche Commish ist, die noch größere Witzfigur ist als Stern. Seit er LeBron verloren hat, ist Gilbert an einer Tour am Rumheulen, es ist absolut unerträglich. Dabei war Cleveland zu James-Zeiten Trillionen über dem Salary Cap. Und jetzt spielt er den Vertreter der armen Small-Market-Teams? Heuchlerischer geht es auch da nicht mehr.
Philipp Dornhegge: Die Qualität an Spielern ist natürlich weiter gigantisch, zumindest in Deutschland scheinen mir die Euphorie und die Vorfreude auf die neue Saison zudem ungebrochen. Aber ganz klar: Die Ligaführung hat sich in den letzten Wochen und Monaten vollkommen lächerlich gemacht. David Sterns Art und Weise, wie er den Lockout gemanagt hat, war schon fragwürdig, sein Veto gegen den Paul-Trade dagegen ein schlechter Witz. Mit seinem Veto hat Stern Hornets-GM Dell Demps der Lächerlichkeit preisgegeben und den Rockets, dem dritten Team im Deal, nachhaltig geschadet. So hat die Situation zwei Gewinner (Clippers und Hornets, die einen erstaunlich tiefen, talentierten und homogenen Kader haben), aber auch viele Verlierer. Neben den Rockets ist das vor allem Stern, der seinen Job als Ligaboss missbraucht hat, um nicht nur New Orleans gut zu positionieren. Der aktuelle Kader könnte die Franchise durchaus für einen potenziellen Käufer interessant machen und damit der NBA helfen. Stern hat zwar verhindert, dass die Reichen noch reicher und die Armen ärmer werden. Durch das neue CBA sollten kleinere Teams ja in Zukunft bessere Karten haben. Aber um diese Aussichten zu untermauern, hat sich Stern die Hände schmutzig gemacht. Richtig schmutzig. Der Makel, den die NBA jetzt mit sich herumträgt, lässt sich erst loswerden, wenn Stern abdankt. So langsam wird es Zeit dafür.
These 1: Die Clippers haben die Lakers überholt.
These 2: Die Knicks sind mit Chandler der Ost-Topfavorit.
These 3: Blazers stehen nach dem Roy-Rücktritt vor dem Nichts.
These 4: Mark Cuban und die Mavs haben alles richtig gemacht.