NBA

Miami erlebt Blamage gegen die Knicks

Von Martin Gödderz
Point Guard Raymond Felton führte die New York Knicks zum Sieg über die Miami Heat
© Getty

Die New York Knicks (14-4) haben den Miami Heat (12-5) im Spitzenspiel der Eastern Conference die nächste empfindliche Niederlage nach der Pleite in Washington hinzugefügt. Während die Knicks den Ausfall von Carmelo Anthony vor allen Dingen dank Raymond Felton kompensieren konnten, wurde LeBron James von seinen Mitspielern im Stich gelassen.

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Bis zur Halbzeitpause erlebten die Fans in der American Airlines Arena noch ein sehr ausgeglichenes Spiel, in dem sich keines der Teams entscheidend absetzen konnte. Dann allerdings drehten die New York Knicks angeführt von einem überragenden Raymond Felton (27 Punkte, 6/10 Dreier, 7 Assists) mächtig auf. Insbesondere die Bank der Knicks half dabei, einen beruhigenden Vorsprung herauszuspielen. Steve Novak (18 Punkte, 7/13 FG, 4/9 Dreier) alleine sammelte nur einen Punkt weniger als die gesamte Bank Miamis zusammen.

Auch Rasheed Wallace (12 Punkte, 7 Rebounds) und J.R. Smith (13 Punkte, 6 Rebounds, 4 Assists) zeigten eine starke Leistung von der Bank kommend. Daneben wussten auch die Ex-Mavs Tyson Chandler (13 Punkte, 9 Rebounds) und Jason Kidd (11 Punkte, 4 Assists) zu überzeugen.

Das Spiel der Heat verkam zwangsläufig zu einer One-Man-Show. LeBron James (31 Punkte, 11/20 FG, 10 Rebounds, 9 Assists, 3 Steals) stemmte sich mit aller Macht gegen die Niederlage, erhielt allerdings fast gar keine Unterstützung von seinen Mitspielern. Dwyane Wade (13 Punkte, 3 Assists) und Chris Bosh (12 Punkte, 6 Rebounds) blieben weit hinter ihren Erwartungen zurück. Udonis Haslem (10 Punkte, 5/6 FG, 7 Rebounds) trat nach starkem ersten Viertel gar nicht mehr in Erscheinung.

Reaktionen:

Raymond Felton (New York Knicks): "Es hat Spaß gemacht. Es hat einfach das gesamte Spiel Spaß gemacht. Jeder hat heute seinen Teil geleistet. Jeder hat etwas Fantastisches getan. Wir haben ein tolles Spiel gezeigt ohne unseren Superstar."

Mike Woodson (Trainer New York Knicks): "Du hast einen Schlüsselspieler, der nicht dabei ist und andere Spieler kriegen eine Gelegenheit, zu spielen und hervorzutreten. Ich denke, es war eine totale Team-Leistung von jedem auf dem Feld. Unsere Verteidigung war solide und am Ende haben wir uns entscheidend abgesetzt."

LeBron James (Miami Heat): "Ich muss besser werden. Ich muss einfach besser werden. So einfach ist das. Ich bin hier. Und ich bin der Letzte, der geht."

Chris Bosh (Miami Heat): "Es ist ein bisschen früher als erwartet, aber wir wussten, dass es verschiedene Aufgaben für uns gibt in diesem Jahr. Kontroversen, Schwierigkeiten und so weiter. Wir sind klug. Wir machen uns selbst nichts vor."

Der Spielfilm:

Vor dem Tipoff: Die Knicks müssen auf Carmelo Anthony verzichten. Den Superstar plagen Probleme an einem der linken Finger. Für ihn rückt Brewer wieder in die erste Fünf, die wie folgt aussieht: Felton, Kidd, Brewer, Thomas, Chandler.

Heat-Coach Erik Spoelstra kann dagegen auf alle Stammkräfte bauen, auch Battier ist wieder dabei. Da ergibt sich fast zwangsläufig die Starting Five bestehend aus Chalmers, Wade, James, Haslem und Bosh.

6.: Beide Teams beginnen stark in der Offensive. Die Heat mit vier schnellen Haslem-Punkten. Bei den Knicks läuft der Ball schon sehr gut. Die Heat kriegen den Ball schnell zu ihren Dreierschützen in den Ecken, aber keiner der Distanzwürfe fällt. Das bringt einen 10:2-Lauf für New York. 12:9 Knicks.

12.: Mit einem 12:4-Lauf kämpft sich Miami ins Spiel zurück. Mike Miller versenkt eiskalt den Dreier mit dem Buzzer. Bei den Knicks fehlen in den letzten Minuten die klaren Aktionen in der Offensive. In der Defensive leistet sich J.R. Smith ein unnötiges technisches Foul, nachdem er sich zu sehr bei den Schiedsrichtern beschwert. Mit zwei Fouls und einem technischen Foul bei 0/3 aus dem Feld sitzt Smith wieder auf der Bank. 26:23 Heat.

17.: Prigioni zieht mit einem schönen Dribble-Move zum Korb und versenkt den einfachen Layup. Spoelstra gefällt das überhaupt nicht, wie man an der Seitenlinie erkennen kann. So richtig fokussiert wirken die Heat in der Defensive nicht. Folglich kommt direkt nach dieser Aktion die Auszeit. 32:32.

24.: Steve Novak macht innerhalb von 30 Sekunden aus einem 6-Punkte-Vorsprung der Heat ein Unentschieden. Doch James antwortet prompt per Dreier. Das lässt wiederum Felton nicht auf sich sitzen und verwandelt den nächsten Dreier. Mit 0,6 Sekunden auf der Uhr verwertet James dann nach einem Einwurf per Fade-Away über Kidd. Nach eingehendem Videostudium erklären die Referees den Wurf aber für ungültig. 53:53.

26.: Die Knicks kommen absolut heiß aus der Umkleide. Felton setzt seine bis hierhin beeindruckende Performance fort, lässt sich auch von James' Deckung nicht beirren und trifft zwei Dreier in Folge. Plötzlich führen die Knicks mit neun Punkten Vorsprung. 64:55 Knicks.

34.: Dieses dritte Viertel gehört den Knicks! Die Heat kriegen Felton einfach nicht gestoppt, die offenen Dreier der Knicks fallen jetzt fast alle. Smith nimmt den tiefen Dreier und macht natürlich auch den. Es ist der achte Knicks-Dreier bei elf Versuchen im dritten Viertel. Die Heat dagegen treffen offensiv nichts mehr. 11:0-Run für New York. 83:67 Knicks.

36.: Nach einem Statement-Dunk von James drehen die Heat noch einmal mächtig auf und kommen wieder heran. Auch wenn Prigioni eine Sekunde vor Ablauf der Uhr noch einen Layup reinsetzt, haben die Heat jetzt etwas Feuer gefangen und das Publikum wieder aufgeweckt. 90:80 Knicks.

42.: Und der nächste Dreier aus der Ecke von Steve Novak! Beeindruckend, wie routiniert die Knicks hier auftreten und die Führung sogar ausbauen. Allerdings auch kein Wunder mit Spielern wie Kidd und Wallace auf dem Feld. 100:84 Knicks.

45.: Dieser Novak hat sie doch nicht mehr alle. Da sitzt jetzt einfach alles. Dreier, langer Zweier - alles drin. Dann wird Tyson Chandler auch noch völlig frei in der Zone angespielt und stopft den Ball zum 109:88 für die Knicks. Da wird Miami nicht mehr rankommen. Die Halle ist schon halb leer.

Der Star des Spiels: Raymond Felton. Was für eine Performance des Point Guards! Felton machte fast vollständig vergessen, dass ein gewisser Carmelo Anthony fehlte. Seine 27 Punkte? Saisonbestwert. Die sechs verwandelten Dreier? Karrierebestwert. Vor allen Dingen im dritten Viertel übernahm er die Kontrolle und führte die Knicks zum entscheidenden Run des Spiels. Das Pick'n'Roll mit Tyson Chandler funktionierte vorzüglich. Aber auch ohne Chandlers Hilfe machte er mit seinen Gegenspielern, was er wollte. Chalmers hatte schnell mit Foulproblemen zu kämpfen, so dass James häufig die Deckung übernahm, aber auch der hatte Probleme mit Feltons Crossover, der einige Male sogar das Heat-Publikum zum Staunen brachte.

Der Flop des Spiels: Dwyane Wade und Chris Bosh. Big Three? Heute ganz sicher nicht. Ein starker LeBron James war völlig auf sich allein gestellt. Weder von der Bank noch von den Startern erhielt er in irgendeiner Form Hilfe. Insbesondere Wade und Bosh waren dabei Totalausfälle. James alleine hatte am Ende mehr Punkte, Rebounds, Assists, Dreier und Steals als Wade und Bosh zusammen. Weder Wade (3/13) noch Bosh (3/12) fanden je zu ihrem Wurf, nahmen allerdings auch viele schlechte, lange Zweier. Kaum erwähnenswert, dass beide auch in der Defense nahezu gar nicht stattfanden. Randnotiz: Der Plus-Minus-Wert von -33 ist Wades schlechtester Wert seiner Karriere.

Analyse: Das mit Spannung erwartete Spitzenspiel der Eastern Conference endete wie schon beim ersten Aufeinandertreffen beider Teams zu Beginn der Saison in einem Debakel für die Miami Heat, die sich in der zweiten Hälfte von ersatzgeschwächten Knicks, die ohne Carmelo Anthony und Amare Stoudemire antraten, teilweise vorführen ließen.

Dabei sah es zur Halbzeit nach einem offenen Schlagabtausch aus. LeBron James hatte bereits zur Pause 18 Punkte gesammelt und duellierte sich mit Raymond Felton, der zu diesem Zeitpunkt schon 16 Punkte auf dem Konto hatte. Kein Team konnte sich bis zur Halbzeit mit mehr als sechs Punkten absetzen. Die Heat standen bei 57 Prozent von der Dreier- sowie 91 Prozent von der Freiwurflinie.

Durch die Verletzungen von Anthony und Stoudemire fehlte den Knicks jegliche Lowpost-Präsenz in der Offensive, weswegen New York sehr viele Dreier nahm. Auch wenn die Trefferquote zur Halbzeit niedrig war (6/17), deutete sich schon an, dass die Heat ein echtes Problem bekämen, wenn die Knicks erst einmal ihren Rhythmus fänden, da nahezu keiner der Dreier erzwungen oder schwierig war und zumeist aus einem guten Spielzug resultierte. Da die Knicks saisonübergreifend bei einem Schnitt von 40,8 Prozent von Downtown stehen, war also mit einer Besserung zu rechnen.

Die trat dann auch ein - und wie. Im dritten Viertel trafen die Knicks acht ihrer 13 Dreierversuche, was den Heat letzlich das Genick brach. Erik Spoelstra hüpfte wütend an der Seitenlinie herum, was verständlich war angesichts der schwachen Perimeter-Verteidigung. Auf das hervorragende Ball-Movement der Knicks hatte Miami keine Antwort. Teilweise geisterten die Spieler noch verwirrt herum, wenn die Knicks in Person von Felton oder Novak schon wieder einen Dreier versenkten.

Der Rest war dann nur noch Formsache. Das älteste Team der Liga verwaltete den Sieg mit all seiner Routine. Die Knicks kamen zwar nur zu zwei einfachen Fastbreak-Punkten, leisteten sich aber auch nur sieben eigene Ballverluste und untermauerten damit ihren Status als ballsicherstes Team der Liga. Miami dagegen leistete sich gleich doppelt so viele Turnover, allen voran Dwyane Wade mit vier.

Ein weiterer ganz wichtiger Faktor der Knicks war die überragende Leistung der Bank. Novak, Wallace und Co. kamen am Ende zusammen auf 57 Punkte. Streicht man James' Punkte, machte das gesamte restliche Heat-Team gerade einmal 61 Punkte, die Bank zeichnete lediglich für 19 Zähler verantwortlich. Mario Chalmers, der mit Foul-Problemen zu kämpfen hatte, wurde gerade in der Defensive in keinster Weise adäquat ersetzt.

Obwohl die Knicks nur einen Tag zuvor in Charlotte gespielt hatten, wirkten sie weitaus frischer als die Heat, die nun ihr zweites Spiel in Folge verloren und abermals eklatante Schwächen in der Defensive offenbarten. Somit grüßen die Knicks vom Thron der Eastern Conference, Miami hat nun fünf weitere Heimspiele in Folge, um sich zu rehabilitieren.

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