Magics Glück und Jordans Heldentaten

Max Marbeiter
16. Februar 201417:07
Nach dem Gewinn der MVP-Trophäe setzte Magic Johnson 1992 sein breitestes Grinsen aufgetty
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Eine große Show liefert das All-Star Game jedes Jahr aufs Neue. Hin und wieder hält es sogar Momente für die Ewigkeit bereit. Ob nun Magic Johnsons Kurzcomeback, Jordans Abschied oder das Spiel im Cowboys Stadium. SPOX zeigt die fünf größten Momente der All-Star-Game-Geschichte.

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5. Allen Iverson und das Comeback des Ostens

Häufig heißt es, das All-Star Game sei eine reine Spaßveranstaltung. Keine Defense. Kaum Ehrgeiz. Dafür jede Menge gegenwehrfreie Dunks. Showeinlagen statt sportlichem Wettkampf. Doch es gibt sie, diese Momente, in denen der Ehrgeiz doch aus den Athleten herausbricht, in denen sie sich auf großer Bühne nicht einfach so bloßstellen lassen wollen.

Ein solcher durfte 2001 in Washington bewundert werden. Drei Viertel lang lief auf dem Court das klassische No-Defense-, High-Scoring-Tape - mit einem feinen Unterschied zwischen Osten und Westen. Irgendwie hatten die All-Stars der Western Conference ihre Pendants von der anderen Seite des Kontinents nämlich deutlich besser unter Kontrolle als umgekehrt.

Das vierte Viertel war bereits angebrochen, und immer noch führte der Westen mit 21 Punkten. Ob nun Regular Season, Playoffs oder eben All-Star Game - einen solchen Vorsprung holt man nicht binnen knapp 12 Minuten auf. Jedenfalls nicht so leicht. Allerdings besaß der Osten ein gut 1,80 Meter großes Herz, das sich noch nie von scheinbar ausweglosen Situationen hatte aus der Fassung bringen lassen. Richtig, die Rede ist von Allen Iverson.

"I'm not thinking about the MVP, I'm thinking about the win", hatte er bereits während des Spiels beim Field Interview zum Besten gegeben - und hielt Wort. Plötzlich, ohne Vorwarnung zündete "The Answer" den Turbo und ließ ratlose Western All-Stars rund um Kobe und Shaq zurück. Iverson war schlicht nicht zu stoppen. 15 Punkte legte der damalige Sixer im Schlussviertel auf und führte den Osten gemeinsam mit Stephon Marbury, der seine Clutch-Tauglichkeit unter Beweis stellte, zu einem der größten Comebacks der All-Star-Geschichte. Am Ende gewann die Eastern Conference tatsächlich mit 111:110 und hatte Kobe und Co. den Spaß damit gehörig verdorben.

4. Dwyane Wade dreht vor 108.713 Zuschauern auf

Volle Hallen sind für den gewöhnlichen NBA-Profi nichts Neues. Aber volle Stadien? Auch das haben einige bereits erlebt. 2010 hatte sich die Liga nämlich entschlossen, das All-Star Game ins Cowboys Stadium zu Dallas zu verlegen - inklusive stolzem Gastgeber Mark Cuban. Das Ergebnis: Zum Spiel am Sonntag strömten 108.713 Zuschauer in jenes Stadion, das sonst eher fliegende Eier als fliegende Athleten kennt.

Beinahe 109.000 Menschen sahen ein Basketballspiel. Eigentlich unfassbar. Eine größere Bühne hatte die NBA, hatten vor allem die Spieler noch nie gesehen. Wer nun Berührungsängste oder gar Lampenfieber erwartet hatte, sah sich allerdings schnell eines Besseren belehrt. Ost- und West-All-Stars lieferten eine Show, die der ganz großen Bühne definitiv würdig war - dramatisches Ende inklusive.

17 Sekunden waren beim Stand von 137:137 noch zu spielen, da klaute Dwyane Wade Deron Williams den Ball. Zwei verwandelte Freiwürfe von Flash später lag der Osten knapp in Führung. Bühne frei für Dirk Nowitzki: Der Hometown-Hero marschierte ebenfalls an die Linie. Zwei sichere Punkte? Zwei sichere Punkte!

Das Drehbuch hätte kaum schöner sein können. Vor 108.000 Texanern ebnet ausgerechnet der Mav Nowitzki des Westens Weg zum Sieg. Nun hegt die NBA zwar einen nicht wegzudiskutierenden Hang zu dramatischen Inszenierungen, diesmal fanden Hollywoods Drehbuchautoren allerdings keine zusätzliche Inspiration.

Das Problem: Chris Bosh marschierte ebenfalls an die Linie, traf ebenfalls zwei Freiwürfe. Entschieden war das Spiel damit noch nicht, allerdings lief der letzte Angriff nicht über Nowitzki, nein, Carmelo Anthony bekam den Spalding, nahm den wilden Dreier am Mann - vorbei! Vielleicht musste es aber auch so laufen, um Dwyane Wades 28 Punkte, 11 Assists und 5 Steals gebührend mit der MVP-Trophäe - angesichts der Zuschauermassen im Cowboys-Stadium inoffiziell gleichzeitig Auszeichnung zur Rampensau des Abends - gebührend zu krönen.

3. Michael Jordans emotionaler Abschied und Fast-Game-Winner 2003

In allzu guter Erinnerung ist Michael Jordans zweites Comeback wohl den wenigsten. Einerseits natürlich, da er statt Bulls-Rot Wizards-Blau überstreifte, andererseits, da der GOAT während seines zweijährigen Intermezzos erstmals verwundbar erschien. Mit am Ende 40 Jahren auch kaum verwunderlich. Dennoch kannte das All-Star Game 2003 in Atlanta nur ein Thema. Michael Jeffrey Jordan. His Airness. Den besten Basketballer, den die Welt je gesehen hat.

Nun war die Nummer 23 jedoch nicht in die erste Fünf gewählt worden. Eine Premiere. Während der Woche wurde deshalb diskutiert, ob einer der Starter des Ostens Jordan seinen Platz anbieten würde. Der sträubte sich zwar lange, nahm Vince Carters Angebot kurz vor Tip-Off schlussendlich aber dennoch an. Ehre, wem Ehre gebührt.

Lange zeigte Jordan allerdings, weshalb sein 14. All-Star Game auch sein letztes sein sollte. Er vergab 18 von 26 Würfen und verstopfte sich während eines "Seht her, auch ich bin alt geworden"-Moments zu allem Überfluss auch noch. Und dennoch war es der Abend des sechsfachen Champs.

Zunächst einmal verabschiedete er sich während einer emotionalen Halbzeitrede von All-Star-Zuschauen und -Mitspielern. "Das Spiel ist in guten Händen", sagte MJ mit Blick auf seine Nachfolger.

Die wären dann auch um ein Haar Zeuge des letzten ganz großen Jordan-Moments geworden. Das Spiel war bereits in die Verlängerung gegangen, die Uhr tickte gnadenlos runter, als die Nummer 23 wie in besten Zeiten Richtung Baseline zog. Shawn Marion, seines Zeichens durchaus fähiger Verteidiger, unternahm alles, um dem großen alten Mann nicht den roten Teppich auszurollen. Jordans patentierten Fadeaway konnte jedoch auch der damalige Phoenix Sun nicht verteidigen. Swish!

Die Philipps Arena stand Kopf. "He did it again!" Es wäre der perfekte Abschied gewesen. Hätte, ja hätte Jermaine O'Neal Kobe Bryant nicht bei dessen Dreier-Versuch kurz vor dem Buzzer gefoult. Sichtlich unangenehm berührt schlich die Black Mamba Richtung Freiwurflinie, traf zwei Foulshots und schickte das All-Star Game erstmals in der Geschichte in die zweite Verlängerung, die der Westen schlussendlich für sich entschied.

MVP wurde so nicht Jordan, sondern der überragende Kevin Garnett (37 Punkte). In Erinnerung bleibt dennoch Michael Jordans letzter großer Auftritt beim All-Star Game, ein Auftritt, dem lediglich vier Sekunden fehlten, um MJs Karriere ein weiteres Heldenkapitel hinzuzufügen.

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2. Michael Jordans Triple-Double und Glen Rice' Scoringshow 1997

5 Mal MVP. 6 Mal Finals MVP. 6 NBA Championships. 3 Mal All-Star Game MVP. Michael Jordan gewann während seiner insgesamt 15 Jahre in der NBA alles. Auch beim All-Star Game ließ die Nummer 23 nie Zweifel aufkommen, wer denn nun der dominanteste Spieler des Planeten sei.

Mit 21,3 Punkten hält er den höchsten Punkteschnitt. 1988 legte His Airness im Chicago Stadium sogar 40 Zähler auf.

Nur ein Dreier, ein Dreipunktspiel mehr, und er hätte auch noch Wilt Chamberlains seit 1962 bestehenden Rekord (42 Punkte) übertroffen.

Dafür sicherte sich Jordan 1997 ein Alleinstellungsmerkmal, das 14 Jahre Bestand haben sollte. Mit 14 Punkten, 11 Rebounds und 11 Assists gelang MJ in Cleveland das erste Triple-Double der All-Star-Geschichte. Ein weiterer Meilenstein seiner einzigartigen Karriere. Natürlich räumte er damit auch die MVP-Trophäe ab, richtig? Falsch!

Denn Glenn Rice setzte noch einen drauf und brach am Ende gleich zwei Rekorde. 20 Punkte legte der Scharfschütze im dritten Viertel auf, insgesamt 24 in der zweiten Hälfte. Derartige Scoringexplosionen hatte die All-Star-Geschichte zuvor auch noch nicht gesehen.

So hieß der MVP nach dem 132:120 des Ostens über den Westen am Ende Rice und nicht Jordan. Dass letzterer mittlerweile nicht mehr allein genannt wird, wenn die Rede von Triple-Doubles und All-Star Games ist, liegt im Übrigen an einem gewissen LeBron James. Der legte 2011 in Los Angeles nämlich 28 Punkte, 12 Rebounds und 10 Assists auf.

1. Magic Johnson wird 1992 trotz HIV-Erkrankung ins Team gewählt und MVP

Es gibt sie, diese Momente, die weit über das rein Sportliche hinausgehen, deren Wert nackte Zahlen und Leistungen auf dem Parkett bei weitem übersteigen. Einen solchen hielt das All-Star Game 1992 bereit. Drei Monate zuvor hatte Magic Johnson die Basketballwelt geschockt, als er seine HIV-Infektion und das gleichzeitige Karriereende bekannt gab.

Die Fans wollten ihren Magic allerdings nicht einfach so abtreten sehen, ihm noch einen letzten großen Moment auf dem Court bescheren. Also wählten sie den Point Guard in die Starting Five und bedachten ihn beim Einlauf in die Orlando Arena mit schier nicht enden wollenden Standing Ovations. Als Isiah Thomas vor dem Tip-Off auch noch auf Johnson zukam, ihn innig umarmte, war endgültig klar, dass es sich diesmal nicht um ein All-Star Game klassischer Prägung handeln würde.

Viel fehlte nicht zum perfekten Abend. Und so war es an Magic selbst, dem Spiel die Krone aufzusetzen. 25 Punkte und 9 Rebounds zauberte er aufs Parkett. Es machte den Anschein, als sei er nie weg gewesen.

Johnson verteilte den Ball mit der ihm eigenen Grazie, verteidigte, traf Dreier - alles natürlich garniert mit jenem breiten Grinsen, das ihn einst zum Gesicht einer ganzen Generation gemacht hatte. Am Ende erhielt Magic völlig zu Recht die MVP-Trophäe und machte damit deutlich, dass es an jenem Abend in Orlando um weit mehr ging als das sportliche Kräftemessen der besten Spieler der NBA.

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