"Tibor ist einer der besten Center"

Philipp Jakob
13. April 201422:46
Tibor Pleiss (M.) wurde 2010 an 31. Stelle von den Thunder gedraftetgetty
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Zwar wird Tibor Pleiß beim Spiel der Oklahoma City Thunder am Sonntag gegen die Indiana Pacers (ab 19.00 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE) noch nicht dabei sein, doch eventuell könnte der Center bereits nächste Saison im Kader der Thunder stehen. Sein Coach bei Laboral Kutxa, Sergio Scariolo, der spanische Journalist Carlos Perez und Spielerberater Gerrit Kersten-Thiele sprechen exklusiv bei SPOX über die Entwicklung und Zukunftsaussichten des DBB-Nationalspielers.

Der 13. März 2014 wird Tibor Pleiß wahrscheinlich noch lange im Gedächtnis bleiben. Zwar setzte es an diesem Abend eine deftige 65:83-Niederlage gegen Emporio Armani Milan in der Euroleague, dennoch konnte der Center des DBB-Teams sehr stolz auf sich sein.

Mit 30 Punkten und 13 Rebounds stellte er nicht nur persönliche Bestwerte in der Euroleague auf, sondern hielt sein Team auch quasi im Alleingang in der Partie. Doch nicht nur im europäischen Wettbewerb spielt Pleiß eine starke Saison, auch in der spanischen Liga konnte der 24-Jährige bereits für Furore sorgen.

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Schon vier Mal wurde der Center von Laboral Kutxa zum Spieler der Woche in der ACB gewählt. Er erzielt 13,2 Punkte, holt sich 6,4 Rebounds und trifft 62,2 Prozent seiner Feldwürfe in durchschnittlich 22 Minuten Einsatzzeit.

Mit seiner starken Entwicklung in seinem zweiten Jahr in Spanien hat Pleiß unter anderem auch seinen Coach überrascht. "Er hat unsere Erwartungen in vielen Spielen übertroffen", so Sergio Scariolo, der viel Positives über den Deutschen zu berichten hat.

Nicht alles Gold, was glänzt

"Tibors Wissen um das Spiel und seine Entscheidungsfindung verbessern sich stetig. Er liest die Defense mittlerweile viel besser und sieht, ob er offen ist oder besser den Pass spielt. Er ist groß, hat aber gleichzeitig einen exzellenten Touch - bis drei Meter. Auch im Pick-and-Roll ist er mittlerweile sehr gut."

Sergio Scariolo gewann mit Spanien 2009 die Europameisterschaftgetty

Dabei hat Pleiß allerdings auch von vielen Umstellungen in der Offense der Spanier profitiert, die sich laut Scariolo komplett von der aus der letzten Saison unterscheidet: "Wir haben weniger Waffen, weshalb Tibor eine unserer wichtigsten Offensivoptionen werden musste und geworden ist."

Logischerweise ist aber noch nicht alles Gold, was glänzt. Besonders mit der Foulproblematik steht sich Pleiß manchmal selbst im Weg. Mit mehreren frühen Pfiffen gegen ihn, musste der 2,18-Meter-Mann schon oft nach nur wenigen Minuten Einsatzzeit wieder auf der Bank Platz nehmen.

"Beim Pick-and-Roll ist er manchmal zu spät am Ballhandler und produziert dabei häufig ein Foul", erklärt sein Coach, der auch noch in anderen Bereichen Verbesserungspotenzial sieht: "Er entwickelt sich physisch, muss seine Balance aber noch verbessern, auch das Ballhandling. So kann er nicht nur direkt unter dem Korb, sondern auch im Lowpost spielen und dort seinen eigenen Wurf kreieren."

Seite 1: Sergio Scariolo: "Tibor ist eine unserer wichtigsten Offensivoptionen"

Seite 2: Carlos Perez: "Tibor ist einer der besten Center in Europa"

Seite 3: Gerrit Kersten-Thiele: "Gas geben, Gas geben, Gas geben!"

Pleiß' Stärken liegen also eindeutig in der Offensive. Damit hat er einen Vorteil gegenüber seinem wahrscheinlich ärgsten Konkurrenten bei den Oklahoma City Thunder, dem Team, von dem er 2010 an 31. Stelle gedraftet wurde: Steven Adams. Der Neuseeländer hat sich bisher nicht unbedingt einen Namen als Offensiv-Monster in der NBA gemacht.

Braucht er aber auch nicht. Mit Kevin Durant und Russell Westbrook auf dem Parkett sind logischerweise andere für den reibungslosen Ablauf der Offense zuständig. Adams kann dagegen in der Verteidigung auftrumpfen, einem Bereich, in dem Tibor Pleiß noch Probleme hat.

"In der Defense muss er Nutzen aus seinem Einsatz ziehen. Er kann ein sehr guter Verteidiger sein, wenn er versteht, wann er sich bewegen kann oder besser seine Position halten sollte, um das Offensivfoul anzunehmen", so Scariolo.

Der italienische Coach weiß, wovon er spricht. Immerhin hat er die spanische Nationalmannschaft 2009 zum Europameistertitel geführt und dabei mit Spielern wie Marc Gasol zusammengearbeitet - mittlerweile einer der besten Defensiv-Center der NBA.

Schlüsselspieler bei Laboral

Neben der Defense muss Tibor Pleiß aber auch dringend an seinen physischen Attributen arbeiten. Sein Körper gilt immer noch nicht als NBA-tauglich - trotz seiner 2,18 Meter und 121 Kilogramm. Ein Problem, dass auch Carlos Perez, baskischer Journalist und Laboral-Experte der spanischen Tageszeitung "El Correo", sieht.

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"Ein Problem in den USA könnte das physische Spiel werden. Da muss er sich verbessern", meint Perez. Gleichzeitig zweifelt er aber nicht daran, dass Pleiß dazu in der Lage ist. "Er bringt alles mit, um in der NBA zu spielen. Ganz entscheidend ist seine Einstellung. Bei Laboral sagen alle, dass er immer bereit ist, zu arbeiten, zu trainieren und sich zu verbessern. Sowohl individuell als auch gemeinsam mit dem Team."

Perez hält viel von dem Big Man, sieht ihn als Schlüsselspieler im Team, lobt die Mentalität des Deutschen und traut ihm auch den Sprung in die NBA zu: "Er hat alles, um in der NBA zu bestehen. Er ist groß, gleichzeitig aber sehr beweglich. Dazu kommen seine Offensiv-Skills. In diesem Jahr spielt er viel näher am Korb, hat gleichzeitig aber einen guten Wurf aus der Mitteldistanz."

Noch mehr Erfahrung notwendig?

"Tibor ist für mich einer der besten Center in Europa. Vielleicht fehlt ihm noch ein wenig Erfahrung, aber er beweist sich gegen jeden anderen Center in der Euroleague. Er ist extrem wichtig für Laboral."

Aber: "Ich bin mir nicht sicher, ob er zum Stil der Thunder passt. Er ist nicht der kräftigste Spieler. Brächte er diese physische Stärke mit, wäre er sicherlich bei einem größeren europäischen Team oder sogar bereits in der NBA." Das ist auch einer der Gründe, warum er dem spanischen Talent Nikola Mirotic von Real Madrid mehr Erfolg in der NBA zutraut.

"Ich habe mehr Zweifel an Tibor als an Mirotic. Das liegt allerdings am Timing. Tibor braucht vielleicht noch ein wenig mehr Erfahrung, ehe er in die NBA geht", so Perez. "Mirotic ist bereit. Damit will ich aber nicht sagen, dass Tibor kein NBA-Spieler ist. Ich bin mir sicher, dass er dort hingehen und eine gute Rolle spielen wird. Wenn er so weiterarbeitet und sich verbessert, habe ich absolut keine Zweifel an ihm."

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Dem spanischen Experten zufolge steht einer NBA-Karriere für Pleiß also eigentlich nichts im Weg. "Ich denke, dass er im Sommer den Schritt wagen wird, vielleicht braucht er aber auch noch ein Jahr in Europa, um endgültig bereit zu sein. Wenn du als Spieler in die NBA willst und diese Chance bekommst, musst du sie am Ende nutzen", sagt Perez.

Dass Tibor Pleiß eben genau diese Chance im Sommer bekommen könnte, wurde zuletzt immer wahrscheinlicher. Der General Manager der Thunder, Sam Presti, stattete der spanischen Liga vor einigen Wochen zusammen mit dem Europa-Scout Johnny Rogers einen Besuch ab - hauptsächlich, um seinen Zweitrundenpick von 2010 zu beobachten.

Vor den Augen seines zukünftigen Bosses wusste Pleiß mit 13 Punkten und 14 Rebounds zu überzeugen und laut Informationen der "El Correo" planen die Thunder, den 24-Jährigen nach der Saison in die NBA zu holen.

Mehr Athletik in der NBA

Dorthin hat es Tim Ohlbrecht schon geschafft - zumindest zwischenzeitlich. Der 25-Jährige stand bereits in den Kadern der Philadelphia 76ers und der Houston Rockets, wo er auch Spielzeit sammeln konnte.

"Tim hat sich was überlegt und hat das durchgezogen und ich denke, dass ihn das dazu geführt hat, dass es im letzten Jahr so gut geklappt hat", sagt sein Berater Gerrit Kersten-Thiele. Mittlerweile ist Ohlbrecht wieder in der D-League bei den Fort Wayne Mad Ants gelandet und kämpft um den Sprung in die NBA.

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Worauf muss sich Pleiß also vor einem Engagement in der NBA einstellen? "Das Spiel ist noch viel athletischer, noch viel schneller als in Europa", so Kersten-Thiele. Und: "Die Anforderungen an einen werden gleich sehr, sehr hoch sein. Wenn man spielen will, dann muss man auch sofort abliefern können."

"Gas geben, Gas geben, Gas geben!"

Eine der größten Umstellungen für Ohlbrecht war demnach der straffe Zeitplan: "Es geht Schlag auf Schlag. Während der Saison ist dann weniger Training, dafür gibt es viel mehr Spiele. Das kann auch Spaß machen!"

Spaß macht es aber nur, wenn man auch auf dem Parkett steht und nicht die komplette Partie auf der Bank sitzt. Wenn Pleiß den Schritt in die NBA wagt, dann wird ihn diese Gefahr wahrscheinlich begleiten. Außer natürlich, er kann Thunder-Coach Scott Brooks sofort von seinen Qualitäten überzeugen und sich gegen die Konkurrenz im Frontcourt der Thunder durchsetzen.

Zunächst einmal steht aber eine wichtige Entscheidung für Pleiß an: Weiter in Europa spielen oder jetzt schon in die NBA? Egal wie es kurzfristig weitergeht, langfristig bleibt für Tibor Pleiß die NBA das große Ziel. Wenn es dann soweit ist, hat Kersten-Thiele auch einen Rat für den Center: "Gas geben, Gas geben Gas geben! Arbeiten und sich nicht von dem beirren lassen, was die anderen sagen."

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Tibor Pleiß im Steckbrief