SPOX: Mal Hand auf's Herz, Mr. Allen: Hätten Sie lieber gegen die Washington Wizards als die Pacers gespielt?
Ray Allen: Nein. Jeder - egal ob Spieler, Verantwortliche, Fans oder Medien - wollte doch letztlich genau dieses Aufeinandertreffen in den Conference Finals sehen. Und jetzt haben wir es bekommen. Ob eine Serie gegen Washington einfacher geworden wäre, wage ich zu bezweifeln. Die Wizards haben in der ersten Runde immerhin Chicago besiegt sowie jetzt Indiana sehr große Probleme bereitet. Fakt ist, dass wir es nun mit dem Erstplatzierten nach der Regular Season in der Eastern Conference zu tun bekommen. Das ist eine große Herausforderung, auf die wir uns jetzt konzentrieren und freuen.
SPOX: Welches sind Ihrer Meinung nach die Schlüssel in dieser Serie?
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Allen: Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man sich zunächst einmal auf sich selbst beziehungsweise sein eigenes Spiel konzentrieren sollte. Sehr wichtig wird es daher sein, dass gerade unsere großen Jungs einen entscheidenden Einfluss auf das Geschehen nehmen und viel Druck erzeugen - sowohl unter den Brettern als auch auf ihre Gegenspieler! Ansonsten gibt es vor allem eine Devise: Turnover vermeiden! Die Verteidigung der Pacers ist großartig und darauf ausgelegt, Ballverluste des Gegners zu forcieren. Wir müssen daher unglaublich gut auf unseren Ball aufpassen.
SPOX: Nachdem sich das Gesicht beider Teams im Vergleich zur vergangenen Saison nicht wirklich verändert hat und man zusätzlich in dieser Spielzeit schon viermal aufeinander getroffen ist: Gibt es zwischen den Pacers und Heat überhaupt noch Geheimnisse, mit denen man den jeweiligen Kontrahenten überraschen könnte?
Allen: Nein, absolut nicht! Wir haben - wie Sie ja bereits gesagt haben - in der Vergangenheit schon so oft gegeneinander gespielt. Bei einer Niederlage wissen wir genau, was die Pacers getan haben, um diese Partie zu gewinnen. Und auch bei einem Sieg ist es nicht anders. Ebenso gibt es beim Personal keine Überraschungen von beiden Seiten. Letztlich kommt es in jedem Match darauf an, wer die Schwächen des Gegners besser nutzen und seine Topleistung auf den Court bringen kann. Von dem her ist das erste Spiel sicherlich schon einmal ein sehr interessanter und wichtiger Gradmesser.
SPOX: Im Vergleich zum vergangenen Jahr haben die Indiana Pacers nun den Homecourt-Advantage auf ihrer Seite. Welche Bedeutung messen Sie dieser Tatsache bei?
Allen: Das ist im Vorfeld einer Serie immer schwer zu sagen. Klar, wir hatten in der letzten Saison sowohl gegen Indiana als auch San Antonio das jeweils siebte Match in der eigenen Arena und konnten beide zu unseren Gunsten entscheiden. Von daher war es zumindest kein Nachteil (lacht). Wie es jetzt aussieht, muss man einfach abwarten. Aber sollte es am Ende tatsächlich eine siebte und entscheidende Partie geben, werden wir uns dieser Herausforderung eben stellen.
SPOX: Herausforderung ist ein gutes Stichwort! Ihr Headcoach Erik Spoelstra hat unmittelbar nach der fünften und entscheidenden Begegnung im Conference-Halbfinale gegen die Brooklyn Nets (4:1) über Ihren erfolgreichen Dreier kurz vor Schluss, mit dem Sie Ihr Team mit 93:91 in Führung brachten, referiert, dass Sie eben diesen Wurf schon mehrere 1000 Mal im Training geübt und praktiziert hätten. Konkret gefragt: Kann man eine derartige Drucksituation im Training überhaupt kreieren und simulieren?
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Allen: Ja, das denke ich schon! Was du im Training machst, ist ja letztlich genau das, was du auch im Spiel machen willst. Und du hoffst natürlich, dass du dies auch entsprechend gut umsetzen kannst. Ich kann jetzt zwar nicht genau sagen, wie viele Würfe ich jede Woche im Training nehme. Aber es gibt wohl keine Position und keinen Zentimeter vor, auf oder hinter der Drei-Punkte-Linie, von der ich nicht meine Serien schieße. Abgesehen davon möchte ich immer jeden Wurf treffen - egal ob es mein erster oder letzter ist. Daher mache ich mir auch keine Gedanken, zu welchem Zeitpunkt oder bei welchem Spielstand ich werfe. Mir geht es nur darum, den Ball im Korb zu versenken. Nicht mehr und nicht weniger.
SPOX: Wenn der Ball dann in einer solch entscheidenden Phase wie in Spiel fünf gegen Brooklyn oder auch in den letztjährigen Finals gegen die San Antonio Spurs in der sechsten Partie fällt: Wie sieht in diesen Momenten die "Gefühlswelt" des Ray Allen aus? Haken Sie dies unter dem Thema "Business as usual" ab oder kommen dann auch beim erfolgreichsten Drei-Punkte-Schützen aller Zeiten in der NBA die Emotionen hoch?
Allen: Das hängt letztlich schon etwas von der Situation ab. Zunächst einmal bin ich niemand, der nach einem solchen Shot völlig überdreht oder gar die Fassung verliert, da ich von mir einfach erwarte, dass ich diesen einen Wurf treffe! Aber klar, wenn man jetzt einmal die von Ihnen bereits angesprochene Begegnung gegen Brooklyn betrachtet: Wir standen bereits mit dem Rücken gehörig zur Wand. Als uns der Dreier nach einer tollen Aufholjagd dann plötzlich wieder in eine Situation gebracht hat, das Match und damit die Serie zu gewinnen, war das schon ein sehr emotionaler Moment. Allerdings musst du diese Emotionen auch sehr schnell wieder kontrollieren, um einen klaren Kopf zu bewahren. Auf alle Fälle stärkt es aber dein Selbstvertrauen.
Seite 1: Allen über das Duell gegen Indiana, den Heimvorteil und seine Clutchness
Seite 2: Allen über Nachhilfe für Bosh, Routine vor dem Spiel und Zukunftspläne