NBA

Nur ein bisschen besser werden

Die Golden State Warriors sind die erste Trainerstation von Steve Kerr
© getty

Steve Kerr ist der neue starke Mann bei den Golden State Warriors. Der Trainer-Rookie verzichtet auf große Veränderungen und steht sofort unter Druck. Gleich mehrere Spieler stehen vor einer richtungsweisenden Saison.

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"Man kann es nicht anders ausdrücken, es war eine merkwürdige Situation, die keiner von uns erwartet hatte. Man muss sich irgendwie damit abfinden", sagte Golden States Star Stephen Curry nur kurz nach der Entlassung von Coach Mark Jackson.

Die Aussage zeigt, dass der Trainerwechsel in der Bay Area durchaus nicht von jedem Mitglied der Dub Nation verstanden wurde. Neben dem Erstrundenaus dürften vielmehr die atmosphärischen Störungen mit dem Front Office den Ausschlag für die Kündigung gegeben haben.

Der nächste Trainer-Novize

Abgehakt! Auch bei Curry. "In dieser Organisation geht es ums Gewinnen. Ich hatte meine Meinung zu Coach Jackson und sie haben anders entschieden, aber ich will nicht nachtragend sein. Ich habe deswegen nicht das Vertrauen verloren."

Die Warriors probieren es nun erneut mit einem Trainer-Novizen. In letzter Sekunde stachen die Kalifornier die New York Knicks im Werben um Steve Kerr aus. Die Nähe zur Familie und der bessere Kader gaben letztlich den Ausschlag für Oakland.

Ansonsten blieb es ungewohnt und ungewollt ruhig bei den Warriors. Schließlich bekundete man über Monate starkes Interesse an Kevin Love, konnte aber kein Paket schnüren, das die Minnesota Timberwolves zufrieden stellen konnte.

Die Wolves beharrten auf ihrer Forderung, Klay Thompson in einen Trade zu involvieren. Die Personalie entwickelte sich zum Politikum innerhalb der Warriors. Nicht alle waren der Meinung, dass man den Splash Brother auf jeden Fall halten sollte. Love steht nun vor einem Trade zu den Cleveland Cavaliers.

Kerr spricht sich für Thompson aus

Letztlich soll Kerrs Wort den Ausschlag gegeben haben. Der Trainer ist auf dem Papier zwar "nur" Head Coach, soll aber dennoch großen Einfluss bei allen Entscheidungen haben. Seine Zeit als General Manager der Phoenix Suns gibt ihm einen gewissen Vertrauensvorschuss im Front Office der Warriors. Und auch die Teamkollegen plädierten klar für einen Verbleib.

Dieses Vertrauen muss Thompson nun rechtfertigen. Bislang hat sich der Shooting Guard in jedem Jahr seiner Karriere gesteigert. Als Shooter ist er ohnehin über jeden Zweifel erhaben und seine Penetration zum Korb ist längst nicht mehr so holprig wie vor zwei Jahren. Defensiv gehört er zu den besseren auf seiner Position.

Dazu geht Thompson ins letzte Vertragsjahr. Nachdem Chandler Parsons (Dallas Mavericks) und Gordon Hayward (Utah Jazz) im Sommer Max-Contracts unterzeichneten, schielt auch der Guard auf einen solchen Vertrag. Es liegt an ihm, dies mit Leistung zu untermauern.

Auch David Lee kann den Winterparka im Schrank lassen. Der häufig kritisierte Power Forward wäre ebenso einem Love-Trade zum Opfer gefallen. Jetzt bildet er weiterhin zusammen mit Center Andrew Bogut den Frontcourt. Dazu kommen die Small Forwards Andre Iguodala und Harrison Barnes.

Besitzer erwartet Siege

Es ist im Kern immer noch die Mannschaft, die vor zwei Jahren für mächtig Furore in den Playoffs sorgte und den späteren Finalisten San Antonio Spurs vor durchaus ernste Probleme stellte. Mit vier Siegen mehr ging es in die letztjährige Postseason. Dennoch war bereits in Runde 1 gegen die Clippers Endstation.

Die Warriors blieben die Antwort auf die Frage schuldig, ob sie zu Höherem befähigt sind. Mit Kerr soll dieser Schritt nun gelingen. Und auch das Team bekommt die wohl finale Chance, es besser zu machen.

An Besitzer Joe Lacob soll es nicht scheitern. "Ich will keine Luxussteuer zahlen, niemand will das. Deswegen ist es ja die Luxussteuer. Sie tut richtig weh. Aber wenn es darum geht, zu gewinnen oder nicht zu gewinnen, wähle ich 'Gewinnen'. Das ist also kein Problem. [...] Wenn ich nicht hier wäre, um zu gewinnen, sollte ich nicht hier sein. Wir müssen gewinnen", sagte Lacob gegenüber "Sporting News" und erhöhte gleichzeitig noch einmal den Druck.

Triangle Offense?

Es wird interessant zu sehen sein, inwieweit der Kerr das Team weiter wie die Wahnsinnigen auf den Korb ballern lassen wird. Der ehemalige Jackson-Schützling ist bekanntlich ein Verfechter der Triangle Offense. Wenigstens zu Teilen wird er das komplexe System auch in Oakland implizieren.

"Unser System wird von der Triangle beeinflusst werden, aber es wird nicht wie bei den Bulls in den 90ern aussehen. Das kann ich schon jetzt sagen. Das Spiel hat sich verändert und ich glaube, meine Philosophie wird dem Rechnung tragen. Ich wäre ja verrückt, die Screen-and-Roll-Situationen mit Steph einzustampfen. Er verwüstet damit alles. Wir werden davon jede Menge sehen", erklärte Kerr bereits der "San Jose Mercury News".

Curry behält also seine Freiheiten und doch wird das Offensivspiel der Warriors facettenreicher werden. Eine funktionierende Triangle dürfte auch die Flügelspieler Iguodala und Barnes besser involvieren. Gerade Barnes erlebte nach den Coming-Out-Playoffs 2013 eine verheerende letzte Saison.

Barnes unter Druck

Es soll sogar Überlegungen geben, den Flügelspieler starten zu lassen, um Druck von seinen Schultern zu nehmen. Die Last, die Second Unit anführen zu müssen, bekam dem 7. Pick des 2012er Jahrgangs nicht gut. Anstatt Plays kreiert zu bekommen, musste er sich eigene kreieren und scheiterte. Es wird Kerrs erste Herausforderung sein, die Karriere des talentierten Small Forwards wieder ins Rollen zu bringen.

Das gilt auch für Draymond Green. Das Kraftpaket erhofft sich unter Kerr eine größere Rolle. Dabei schielt der Forward auf den Starting Spot von Lee. Green gilt als ausgewiesener Defensivspezialist, der in der Lage ist, jede Position zu verteidigen. Auch seine Fähigkeit, von Downtown zu treffen, prädestiniert ihn für die Warriors-Offense.

Aufwärtstrend fortsetzen

Allerdings ist er mit seinen 2,01 Meter eigentlich zu klein für die Vier und seine Energie von der Bank stand Golden State bereits in der Vorsaison gut zu Gesicht. Auch Kerr sieht Lee am Anfang auf dem Platz: "Ich liebe David Lee und ich glaube, dass er unser Starter sein wird. Er wird eine Menge scoren und unser Slasher sein, aber wir müssen das mit etwas Gefahr vom Perimeter ergänzen."

Da kommt Green ins Spiel - zumal es für ihn auch um einen neuen Vertrag geht. Nach der Saison wird der Forward Free Agent. Ob er restricted oder unrestricted sein wird, liegt in der Hand der Warriors. Mit Shaun Livingston hat man zudem einen Backup-Spielmacher, der auch defensiv ein Upgrade zum Vorjahr darstellt.

Das Fundament ist stabil, große Änderungen sind nicht geplant. "Es geht mehr um Optimierungen, versuchen, etwas besser zu sein und den Aufwärtstrend der vergangenen zwei Jahre fortzusetzen", verrät Kerr. Im starken Westen ist dies ohnehin schwer genug.

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